Luca Cereda: „Jeder Punkt ist wichtig. Das ist unsere Identität“Das Hockeyweb-Interview mit dem Trainer des HC Ambri-Piotta
Luca Cereda, Trainer des HC Ambri-Piotta. (Foto: HCAP)
Wie lautet Ihr Resümee bezüglich der vergangenen Spielzeit?
Wir starteten in die letzte Saison mit fast komplett neuen Voraussetzungen. Am Ende stand der Klassenerhalt, über den wir sehr glücklich sind. In dieser Saison hatten wir gute und negative Zeiten, aber was wichtig ist: Wir sind unseren Ideen und Prinzipien treu geblieben und hatten damit Erfolg. Das war uns wichtig.
Hatte das stellenweise arg auftretende Verletzungspech auch mit dem Abschneiden zu tun?
Eishockey ist nun mal eine physische Sportart und da gehören Verletzungen dazu. Es bringt daher nichts, darüber zu lamentieren. Auch wenn es nach außen so aussah, wir hatten nicht so viele verletzten Spieler, so dass wir unsere Arbeit in dieser Hinsicht bestätigt sahen.
Die von Ihnen bis jetzt zusammengestellte Mannschaft hat die geringste internationale Erfahrung aller NL-Clubs. Vorteil oder Nachteil?
Wir werden sehen. Die Zeit wird uns das sagen. Das ist aber das Schicksal von Ambri. Wir werden und wollen jungen Spielern die Möglichkeit geben, früh Verantwortung zu übernehmen. Wir wissen, dass diese Spieler nach ein paar Jahren des Lernens und Reifens in Ambri zu einem anderen Club wechseln werden.
Im Sommer gab es in Ambri viel zu tun. Als erstes verließ Defensivstar Michael Fora Ambri und ging in die AHL zu Cleveland. Wie stark war der Verlust von Fora für Sie?
Kurzfristig sicher ein nicht ersetzbar Spieler für uns, aber wir sind sehr stolz auf Michael. Wir konnten ihm helfen, in seinem Karriereplan den nächsten Schritt zu machen, damit er seinen Traum verwirklichen kann.
Überhaupt, die Verteidigung wurde ziemlich durchgemischt. Bis jetzt stehen sieben Abgängen drei Neuzugänge gegenüber. Vor allem auch der Abgang von Jesse Zgraggen dürfte schmerzhaft gewesen sein. In wieweit können die Neuen Jannik Fischer, Samuel Guerra und Lorenz Kienzle diese Verluste ausgleichen?
Wir wollten die Verteidigung verjüngen und das haben wir geschafft. Jetzt müssen sich die neue Spieler an den neuen Club sich gewöhnen und vor allem an eine neue Spielphilosophie. Dazu gehört auch, dass sie ihre neue Rolle in die Mannschaft annehmen. Wir sind in Moment sehr zufrieden, vor allem mit der Einstellung der Jungs.
Komplett umgestaltet wurde von Ihnen die Torhüterposition. Von sechs eingesetzten Keepern gingen fünf. Lediglich Benjamin Conz blieb. Dafür kamen Daniel Manzato und Silas Matthys. Besonders die Personalie Manzato, 2004/05 schon einmal bei Ambri unter Vertrag, ist interessant. Wer ist die Nr. 1 oder legen Sie sich nicht fest?
Im Sport gibt es nie eine Garantie. Wir haben momentan mit Benjamin Conz und Daniel Manzato zwei sehr gute Goalies unter Vertrag, die beide auf dem gleichen Niveau spielen. Diese Voraussetzung ist wichtig für unseren Saisonstart. Wer spielen wird, werden wir dann sehen.
Welche Rolle spielt der aus der BCIHL (British Columbia International Hockey League) geholte Silas Matthys in Ihren Überlegungen?
Sylas hat einen Vertrag bis Mitte September. Dann werden wir, unser Sportchef Paolo Duca und ich, uns unsere Gedanken machen und eine Entscheidung über Silas treffen.
Gleich 13 Stürmer verließen den HCAP. Warum kam es zu dieser krassen Abwanderungswelle?
Der Hauptgrund war, dass wir unser Saisonbudget kürzen mussten. Dazu haben wir unsere sportliche Philosophie geändert, d.h. der HC Ambri-Piotta soll ein Ausbildungsclub auf hohem Niveau werden. Es ist bis dahin allerdings ein langer Weg, denn Ambri soll sich in der National League weiter etablieren und stabilisieren. In eine solche Situation gehören dann auch Zugänge und Abgänge, die vielleicht quantitätsmäßig außergewöhnlich sind.
Ähnlich wie bei Fora in der Defensive gab es auch einige Stammspieler, die Ambri verließen. Dazu gehörten sicherlich Chiriaev, Emmerton, Guggisberg, Monnet und Lhotak. Welche Gründe gab es dafür?
Das Wechselspiel der Spieler hat viele verschiedene Gründe und jede davon ist einzigartig. Das darf man nicht pauschalisieren. Wir bedanken uns bei diesen Spielern für das Vereinsengagement und wünschen ihnen viel Glück für die Zukunft.
Sind die drei Neuen im Sturm, Hofer, Kneubuehler und Lerg wirklich ausreichend Ersatz, zumal ja Taffe schließlich auch noch in Richtung KHL (Bratislava) wegzog?
Auch hier wird uns die Zeit die Antworten geben. In unserem Club müssen wir den jungen Spielern Chancen und Verantwortung geben. Das ist die einzige Chance für den Verein und im Moment sind wir sehr zufrieden.
Welche Rolle soll in der kommenden Saison Kubalik übernehmen? Schließlich war auch er ein Wackelkandidat, der letztendlich aber bis 2020 unterschrieben hat.
Eine ähnliche Rolle wie in der letzten Saison. Er ist ein sehr junger Spieler, vielleicht sogar der jüngste Spieler auf einer Ausländerposition, so genau weiß ich das nicht einmal. Er ist sehr hungrig, hat große Ziele und Träume und arbeitet dafür sehr hart. Dafür passt er perfekt zu unserer Mannschaft.
Nach der Quantität zu urteilen könnte noch Bedarf bestehen. Schlägt der HCAP auf dem Transfermarkt noch einmal zu?
In Moment nicht. Wie bereits gesagt, mussten wir das Budget kürzen. Allerdings arbeitet unser Sportchef Paolo Duca sehr gut und sollte eine Verpflichtung notwendig werden, steht er sofort bereit.
Das Eröffnungsspiel gegen den DEL-Club Adler Mannheim ging 1:5 verloren, dafür gab es ein überraschendes 3:1 gegen den aktuellen Schweizer Meister ZSC Lions. Wie hoch bewerten Sie diesen Sieg?
Wir haben vorher schon gegen die Ticino Rockets und Witjas Podolsk gespielt. Wir schauen nicht so viel auf die Resultate sondern mehr auf unsere tägliche Arbeit, die Fortschritte und auf den Weg, den wir noch absolvieren müssen.
Wie wichtig in der Vereinsplanung ist die Zusammenarbeit mit dem Zweitligisten Ticino Rockets aus Biasca?
Sehr wichtig. Es ist ein sehr intelligentes und sinnvolles Projekt, dass unserem Club sehr viel helfen kann und wird. Hier können junge Spieler ihre ersten wichtigen Erfahrungen machen.
Wie lauten die Erwartungen für die kommende Saison bzw. welche Ziele haben Sie?
Wir befinden uns noch in der Mitte in der Realisierung unserer langjährig ausgerichteten neuen Philosophie. Daher kann das erste Ziel nur der Klassenerhalt sein. Natürlich möchten wir einen Schritt nach vorne machen, aber im Augenblick können wir nur von Spiel zu Spiel planen.
Ist der HCAP mal wieder reif für die Teilnahme an den Play-offs?
Die Play-offs sind noch weit weg. Wir müssen in jedem Spiel kämpfen und alles versuchen, um zu gewinnen. Jeder Punkt ist wichtig. Das ist unsere Identität. Wir müssen jeden Tag um unser Überleben kämpfen und deswegen müssen wir diese Identität regelmäßig auf das Spielfeld bringen.