Ein Kurztrip in die Schweiz Ein Reisereport aus Zürich und Zug

Zuschauer beim Spiel zwischen dem EV Zug und den Zürcher SC Lions. (Foto: dpa/picture alliance/KEYSTONE)Zuschauer beim Spiel zwischen dem EV Zug und den Zürcher SC Lions. (Foto: dpa/picture alliance/KEYSTONE)
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Bei bestem Wetter ab in den Süden, vorbei am wunderschönen Bodensee, bei dem eine kleine Mittagspause natürlich nicht fehlen darf. Gut gestärkt geht es weiter über den Zürich-See in die größte Stadt der Schweiz. Kurz ins Hotel einchecken und dann noch die Stadt besichtigen. So der Plan, der aber sehr schnell verworfen werden musste, dem Berufsverkehr sei Dank.  Die eigentlich kurze Strecke zog sich enorm in die Länge, aber nachher ist man immer schlauer. Also noch kurz das Zimmer besetzt und ab Richtung Stadion. Durch die Presseakkreditierung war die Verpflegung sehr angenehm: Sandwiches und Getränke werden gestellt und auch beste Plätze auf Höhe der Mittellinie versprachen ein gutes Spiel. Unterhaltung boten ein paar Fans direkt eine Reihe vor mir: nur wenig Ahnung vom Spiel, umso weniger Regelkenntnisse oder ähnliches, dafür aber umso trinkfester und ähnlich viel Meinung. Geld spielt anscheinend keine große Rolle, wenn man die Bierpreise betrachtet und den Bierkonsum beobachtet. Lustig waren sie dennoch, haben niemanden belästigt, sondern sie hatten einfach ihren Spaß und alle Zuschauer im Umkreis auch – und mein Spieltag startete.

ZSC – Ambri-Piotta (9160 Zuschauer/3:1 Endstand)

Vor dem Spiel standen die Vorzeichen auf einen klaren Sieg der Zürcher. Der Tabellenzweite empfingen den Tabellenelften aus Ambri. Während die Lions schon sicher in den Playoffs stehen und mit einem Sieg heute auch das Heimrecht klarmachen können, geht es für die Tessiner aus dem Süden der Schweiz noch um das Abwenden der Playdowns.

Die bisherigen Aufeinandertreffen in der Saison konnten allesamt die Zürcher für sich entscheiden. Die Vorfreude auf das Spiel war groß, da die Stimmung von beiden Seiten immer sehr gut zu bewerten ist. Zum Glück gab es keine Enttäuschung diesbezüglich: Die unglaublichen Melodien der Fans der Tessiner, die auch nach dem Spiel immer noch in den Ohren sind. Auch auf der Zürcher Seite waren laute Gesänge zu hören, diese protestierten aber gegen das Spielsystem der National League, da sie eine einfache Doppelrunde mit 44 und nicht wie seit Jahren üblich 50 Spiele absolvieren müssen, ehe die fünfte Jahrezeit beginnen kann. Wie in der Schweiz durchaus üblich, wurden die Durchsagen in zwei Sprachen gemacht, da in Ambri hauptsächlich Italienisch gesprochen wird. Auffällig war, dass die Zuschauer nur wenig mit Trikots oder Schals im Stadion ausgestatten sind. Die Stimmung auf den Sitzplätzen erinnert mehr an das typische Event-Publikum. Lediglich bei den Toren stieg die Stimmung im ganzen Stadion an. Sonst war eher das leidige Smartphone wichtiger. Auch der Spielfluss macht unglaublichen Spaß – kaum Unterbrechungen beim dennoch harten Spiel, keine Powerbreaks, die das Drittel unnötig in die Länge ziehen, die Schiedsrichterentscheidungen wurden nicht lange diskutiert. Auch die Spieler hatten kein großes Interesse Strafen zu ziehen, sondern kämpften mit allen, aber meist fairen Mitteln um jeden Zentimeter auf dem Eis.

Das erwartet eindeutige Spiel war dennoch nicht zu sehen. Die Tessiner gingen mit 1:0 in Führung und konnte die Verteidiger durch schnelle Konter mehrmals vor große Probleme stellen. Aber das Glück stand auch enorm auf ihrer Seite. Zwei Pfostentreffer verhinderten den Ausgleich im ersten Drittel. Im zweiten Drittel bekamen die Zürcher mehr und mehr die Kontrolle und schossen dann auch den verdienten Ausgleichstreffer.

Ambri hatte zwar noch einige gute Chancen, konnte aber nicht mehr erfolgreich den am heutigen Tag überragenden Goalie Lukas Flüeler überwinden. Die Erlösung gab es dann im letzten Spielabschnitt. Der ZSC drehte die Partie, ehe dann kurz vor Ende auch noch ein Empty-net Treffer die endgültige Entscheidung zum 3:1-Endstand brachte.

EV Zug – ZSC Lions (Zuschauer 7117 /Endstand 1:4)

Das Spitzenspiel in der National League stand einen Tag später an – Erster gegen Zweiter, Zug gegen Zürich. Etwa 45 Minuten dauert es von Zürich nach Zug –  also nicht wirklich eine weite Entfernung. Was aber in der Schweiz üblich ist, sind zwei Spiele in zwei Tagen. Freitag- und Samstagabend geht es heiß her in der Schweizer National League. Bei bestem Wetter darf aber auch das Sightseeing auf einem solchen Trip nicht fehlen. Auf halber Strecke liegt der Ütliberg. Mit einer knappen Stunde zu Fuß oder für die gemütlichen Genossen unter uns auch mit der Bahn zu erreichen, geht es auf den Gipfel. Ein Wahnsinns-Ausblick über die gesamte Stadt Zürich und auch der Zürcher-See ist fast komplett zu bewundern. Es lohnt sich auf jeden Fall, den kleinen Abstecher einzugehen. Danach geht es mit einer halben Stunde Fahrt in die schöne Stadt Zug. Ebenfalls am See gelegen auf jeden Fall, unabhängig vom Eishockey, eine Reise wert. An der Promenade noch ein kühles Blondes genießen, denn die Getränkekultur darf schließlich nicht zu kurz kommen und muss begutachtet werden. Das Klischee der Reichen aus der Schweiz wurde hier ebenfalls gezeigt: Viele Luxuskarossen parken entlang des Sees und irgendwie kommt man sich als „normaler“ Mensch fast fehl am Platz vor. Aber das zweite Highlight des Wochenendes steht noch bevor: Erneut ein toller Platz im Stadion lässt wieder auf ein gutes Spiel hoffen. Die Fankultur zeigt hier in Zug ein ganz anderes Bild, eher vergleichbar mit Deutschland, viele Trikotträger und eine Stehplatzkurve hinterm  Tor. Die Gesänge hallten schon weit vor Spielbeginn durchs Stadion. Man merkt die Motivation und die Vorfreude sowohl auf dem Eis bei den Spielern als auch bei den Fans auf den Rängen. Auch viele junge Fans finden den Weg ins Stadion. Das Intro zum Spiel ist lange nicht so aufwendig wie am Vortag in Zürich, aber trotzdem sehr gut anzuschauen. Ebenfalls unterhaltsam sind jede Menge Zuschauer, die von den vorherigen Faschingsumzügen in voller Montur zum Spiel erscheinen. Sicherheitskontrollen scheint es in der Schweiz anscheinend nicht zu geben. Rucksäcke, Taschen und jede Menge Zubehör der Kostüme kommen unkontrolliert ins Stadion. Bei uns unvorstellbar, wenn man bedenkt, was alles passieren kann, die Schweizer eher entspannt in der Hinsicht.

Zum Spiel:

Es geht los wie die Feuerwehr. Bereits in der zweiten Spielminute trifft ZSC im Powerplay zur Führung. Das gesamte erste Drittel gab es fast durchgehend diskussionswürdige Strafen, was die Fans mit entsprechenden Unmutsäußerungen quittierten. Dies übertrug sich auch auf die Spieler, die sehr harte Checks fuhren – auch vor dem Tor ging es nach jedem Schuss durchaus zur Sache. Das schien die Schiedsrichter aber wenig zu interessieren, die jede Rangelei zuließen, dafür aber harmlosere Dinge abpfiffen. Zug konnte im zweiten Drittel das Spiel ausgleichen, die Führung hielt aber nicht lange an. Erneut der Topscorer Pius Suter brachte die Zürcher in Führung.  Während des restlichen Spiels waren starke Saves der beiden Torhüter zu bewundern. Die Spieler beider Seiten verzweifelten an den Goalies, die beide einen Sahnetag erwischten. Kurz vor Schluss setzte Zug alles auf eine Karte und zog den Torwart. Pius Suter ließ sich dieses Angebot aber nicht entgehen und traf zweimal ins leere Tor der Zuger. Ein sehr gelungener Tag für diesen, der einen Viererpack im Spitzenspiel schnürte. Auch die Tabellenführung konnte ZSC nach diesem Sieg übernehmen.

Gleich nach dem Spiel gehts nach Hause. Auf der Heimfahrt ließen wir nochmal die beiden Tage und Spiele Revue passieren: Ein wahnsinnig toller Kurztrip in der schönen Schweiz bei bestem Wetter und vor allem tollem EIshockey. Auf jeden Fall Wiederholungsbedarf und jedem, der die Möglichkeit hat, wärmstens zu empfehlen!

Sebastian Eggl


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