Die Berner NL-Teams: Mittelmaß und WundertüteSaisonstart in der Schweiz

Der "Nicht-mehr-Favorit": Meister SC Bern in neuer Rolle
Von den letzten fünf regulär ausgespielten Meisterschaften (2015 bis 2019) gingen drei an die Hauptstädter, unter anderem die vorerst letzte im Jahr 2019. Wer jetzt jedoch von einem Titelanspruch ausgeht, liegt vermutlich falsch. Der SCB muss aufpassen, dass er nicht endgültig ins Mittelfeld abstürzt, nachdem in der letzten Saison die letztlich ausgefallenen Play-Offs verpasst worden waren - das Ende einer Dynastie? Dazu leisten sich die Berner einen Einstieg in die Saison mit nur drei Ausländern, von denen einer im Tor steht.
Tor: Mit Tomi Karhunen, der vor zehn Monaten aus Lahti kam, konnte die Abwehr stabilisiert werden – aber auf Kosten eines Kontingentspielers für das Feld. Dazu könnte eine Verletzung schwerwiegende Folgen haben, obwohl Back-up Philip Wüthrich, der an Langenthal ausgeliehen war, in der Swiss-League zu den besten Keepern der Liga gehörte
Verteidigung: Andrew MacDonald und der deutsche Nationalspieler Justin Krueger verließen die Bären, dafür kamen aus Zug Miro Zryd und der Franzose Thomas Thiry sowie Simon Sterchi, der gleich nach Visp weiterverliehen wurde. Die SCB-Defensive wurde damit in der Summe nicht verbessert, bleibt anfällig.
Sturm: Hier wurde der Rotstift angesetzt. Sieben Akteure mussten gehen, darunter solch namhafte wie Jan Mursak, Danielle Grassi, Mark Arcobello und Andrew Ebbett. Richtig aufgefangen werden kann dieser Aderlass vermutlich nicht. Der eher unbekannte Schwede Ted Brithen kam aus Rögle, immerhin mit der Referenz von 37 Punkten in 33 Spielen. Ihm folgte mit Kyen Sopa ein 20jähriges Talent, das aber sofort nach La-Chaux-de-Fonds weiterverliehen wurde. Zugang Nummer Drei Gaetan Haas wechselte letzte Saison nach Edmonton, wurde jetzt durch die Terminverschiebung in der NHL zurück nach Bern verliehen. Daher könnte es sein, dass er zum Start der neuen NHL-Saison wieder zurück nach Edmonton geht.
Aktuell: Nach vier Runden mit drei Punkten auf Platz 11 - bei Bern zeigt sich die erwartete Sturmschwäche. In den letzten beiden Auswärtsspielen wurde nur ein Tor (Inti Pestoni) erzielt. Das reicht nicht, zumal die Verteidigung zwar ordentlich arbeitet, aber lediglich im ersten Spiel gegen Ambri (2:0) fehlerfrei blieb.
Fazit: Der SC Bern ist bei weitem nicht mehr der große Favorit.
Durch die schwierige finanzielle Situation hat man auf zwei
Ausländerposten bis jetzt verzichtet. Wenn man hier entscheidend
nachrüsten kann, ist dennoch der Sprung unter die ersten Sechs möglich.
EHC Biel: Die Wundertüte vom "Röstigraben"
Durch den Kanton Bern verläuft der Röstigraben, der die deutschsprachige von der französischsprachigen Schweiz trennt. Das zweisprachige Biel bzw. Bienne hatte zwar einige Abgänge zu verkraften, ist aber durchaus vielversprechend in die Saison gestartet.
Tor: Der Nachfolger von Jonas Hiller heißt Joren van Pottelberghe. Er ist trotz seiner erst 23 Jahre sehr erfahren. Er war in Davos gemeinsam mit Gilles Senn Stammkeeper, dann in Dänemark aktiv – und jetzt soll der Sprung als Nummer Eins folgen. Sicherlich ein Risiko für Biel, aber dahinter steht mit Elien Paupe ein fast gleichstarker Back-up.
Verteidigung: Ein Vorteil für den neuen Keeper: Die Abwehr blieb fast konstant zusammen. Lediglich für Sataric, den es nach Rapperswil zog, wurde mit dem Schweden Petteri Lindbohm ein Topverteidiger geholt.
Sturm: Diese Abteilung wird womöglich zum Problemfall für Trainer Lars Leuenberger. Mit Mathieu Tschantre verließ nach 19 Jahren ein Eigengewächs und langjähriger Kapitän das Bieler Schiff, zusammen mit Damian Riat, Jan Neuenschwander und dem Österreicher Peter Schneider. Alle vier waren gefährlich, wurden aber nur durch zwei Zugänge halbwegs kompensiert: Fabio Hofer, Österreicher mit Schweizer Pass, kam aus Ambri, wo er recht erfolgreich agierte, und Tino Kessler, der zuletzt für Davos spielte, aber auch schon an Biel ausgeliehen war. Im Gegensatz zu Bern wird Biel, das neben Marc-Antoine Pauliot und Toni Rajala noch den Schweden David Ullström unter Vertrag hält, mit vier Ausländern starten.
Aktuell: Nach vier Spieltagen kann behauptet werden, dass der Sturm stärker ist als erwartet. 16 Tore in vier Partien bedeuten derzeitPlatz drei hinter Zürich und Lausanne. Sensationell der Start, als Lausanne beim 6:0 förmlich abgeschossen wurde. Etwas ratlos machte das 1:5 im Spitzenspiel gegen den ZSC, als die Zürcher deutlich weniger Probleme hatten als erwartet.
Fazit: Es fehlt an Erfahrung, nicht alle Routiniers wurden
adäquat ausgetauscht, so dass es für Biel schwierig werden wird, in die
Top Six zu rutschen. Unmöglich ist es aber nicht.
Saisonstart nach Corona-Vorgaben und mit neuem Modus
Eishockey auf dem höchsten Niveau ist zurück in der Schweiz. Bis zur Normalität ist es aber noch ein weiter Weg. Zwei Maßnahmen zeigen deutlich, dass über dem Ganzen das Damoklesschwert mit der Corona-Klinge schwebt: Zum einen wird nur, nach Kantonalvorgaben, ein gewisser Teil der gewohnten Zuschaueranzahl in die Stadien gelassen, daneben sind keine Gästefans zugelassen und auch dem Alkohol darf nur vor dem Stadion gefrönt werden. Und in dieser Saison kann zwar ein Team aus der Swiss League, bei verifizierten finanziellen Möglichkeiten, aufsteigen, aber kein Erstligist muss Angst haben, in der nächsten Saison im Unterhaus spielen zu müssen.
Auch die Play-Offs wurden umgestaltet und werden zu einem großen Teil ähnlich gespielt wie vielen anderen Ländern, unter anderem auch Deutschland. In der Vorrunde werden zunächst zwei Doppelrunden mit jeweils 22 Partien (44 Spiele in der Hauptrunde) durchgeführt. Dazu kommen, eingestreut in die Vorrunde, sechs weitere Spiele gegen Vereine, die in regionaler Nähe liegen. Nach der Vorrunde haben die beiden Teams auf den Plätzen elf und zwölf Sommerpause, während die Teams der Plätze sieben bis zehn eine Pre-Play-Off-Runde im Best-of-three-Modus spielen. Ab dem Viertelfinale werden die Play-Offs wie gewohnt im Best-of-seven-Modus durchgeführt.
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