Fischtown Pinguins demütigen den schwedischen MeisterEin Erklärungsversuch unseres Schweden-Korrespondenten Malte Abstoß
Meistertrainer Robert Ohlsson musste Skelleftea nach einem Radiointerview verlassen. (Foto: dpa/picture alliance/BILDBYRÅN)Meistermannschaft weitgehend zusammengehalten
Im Sommer gab es kaum Veränderungen im Kader, sodass Sportchef Erik Forsell die Meistermannschaft des Vorjahres im Wesentlichen zusammenhalten konnte. Entsprechend groß waren die Erwartungen. Fans und Experten rechneten mit einer nahtlosen Fortsetzung der dominanten Leistungen und sogar mit einer Titelverteidigung.
Die einzigen nennenswerten Abgänge waren Verteidiger Petter Granberg, der zu den Växjö Lakers wechselte, sowie der kanadische Stürmer Dylan Sikura, den es in die KHL zog.
Gleichzeitig gelang es, sich die Dienste des norwegischen Sturmtalentes und Erstrunden-Draftpick der Detroit Red Wings, Michael Brandsegg-Nygård, per Leihe zu sichern. Auch Stargoalie Linus Söderström, als MVP der Playoffs ausgezeichnet, verlängerte erst vor Kurzem seinen Vertrag bis zur Saison 2026/27.
Schwacher Saisonstart und bröckelnde Defensive
Die Saisoneröffnung des schwedischen Meisters Skellefteå AIK war dennoch unerwartet schwach und entsprach überhaupt nicht dem Standard von Skellefteå, wie man ihn in den letzten Jahren gewohnt war. Während die genauen Ursachen schwer zu fassen sind, scheint das Team durch den Nachhall der langersehnten Meisterschaft in eine Art Leistungsvakuum gefallen zu sein.
Ein genauer Blick auf die Statistik offenbart jedoch schnell den Hauptschuldigen: die Defensive. Höchstwahrscheinlich bedingt durch Verletzungen und die daraus resultierende Rotation der Verteidigerpaare, denn nach 19 Spieltagen mussten die Nordschweden bereits 61 Gegentore hinnehmen. Zum Vergleich: In der gesamten letzten Saison kassierte Skellefteå in 52 Spielen nur 111 Gegentreffer. Das bedeutet, dass die Mannschaft nach etwas mehr als einem Drittel der aktuellen Spielzeit bereits deutlich mehr als die Hälfte der Gegentore der Vorsaison zugelassen hat.
Aktuell rangiert Skellefteå nur auf Platz acht in der SHL. Allerdings ist die Tabelle in dieser Saison außergewöhnlich ausgeglichen. Zwischen Spitzenreiter Luleå und dem Zwölftplatzierten Linköping liegen gerade einmal neun Punkte.
Dennoch fand die Krise ihren bisherigen Tiefpunkt im blamablen 1:10-Gesamtergebnis gegen die Fischtown Pinguins aus Bremerhaven, wodurch das Team sang- und klanglos aus der Champions Hockey League (CHL) ausschied. Eine Leistung, die dem Status eines amtierenden schwedischen Meisters und CHL-Vizemeisters in keiner Weise gerecht wird.
Trainer Ohlsson nach kontroverser Äußerung vorzeitig entlassen
Die gestrige Niederlage war bereits die dritte in den letzten vier Spielen, darunter eine 3:7-Heimniederlage gegen Malmö, seit Meistertrainer Robert Ohlsson am 5. November vorzeitig entlassen wurde. Der hatte sich in einem Radiointerview abwertend über die eigenen Fans ausgedrückt. Auf die Frage, ob er die Kritik der Anhänger in den sozialen Medien wahrnehme, entgegnete er: „Nein, habe ich nicht. Ich scheiße auch auf die Fans! Was die Fans denken, kann ich nicht beeinflussen. Es ist doch immer dasselbe. Läuft es gut, finden die einen großartig und wenn man nicht gewinnt, finden die, dass man nichts wert ist. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte.“
Dies veranlasste die Klubführung, den ohnehin zum Saisonende zum Frölunda HC wechselnden Robert Ohlsson vorzeitig von seinen Aufgaben zu entbinden.
Drastische Entscheidung weckt Fragen
Dass die plötzliche Entlassung von Trainer Robert Ohlsson keinen sofortigen Brustlöser für die Spieler brachte, zeigen die aktuellen Ergebnisse deutlich. Auch die Tatsache, dass intern keine Lösung gesucht wurde und stattdessen diese drastische Entscheidung getroffen wurde, erweckt den Anschein, dass möglicherweise andere, bislang unbekannte Gründe eine Rolle gespielt haben könnten. Ohlsson, der in seine vierte Saison bei Skellefteå ging, hatte immerhin mit einer Meisterschaft und zwei Vizemeisterschaften (SHL & CHL) eine äußerst erfolgreiche Arbeit geleistet.
Das Team muss nun einem Weg finden, an das Spielsystem, die Spielweise und den Matchplan zu glauben und diesen konsequent umzusetzen. Skellefteå hat ein starkes Team, doch an einigen Stellen muss geschraubt werden. Es bleibt abzuwarten, welche Richtung Nachfolger Pierre Johnsson, der zuvor Co-Trainer unter Ohlsson war, der Mannschaft geben wird.