Eishockey Championsleague: Eine Totgeburt
Auflösung des Hockeyweb-GewinnspielsAls Antwort auf
den Europäischen Spielerexodus in Richtung Nordamerika wird unter anderem auch
die Aktivierung eines starken Europäischen Clubwettbewerbes forciert. Zu Recht
wie ich meine. Mit restriktiven Transferreglementen und patriotischen Appellen
kommen wir nicht weiter. Die einzige richtige Antwort auf die starke
Nordamerikanische NHL ist eine noch stärkere Europäische NHL. Wir in Europa sollten selbstbewusster werden
und uns eine Europäische NHL zum Ziel setzen – dies ist eine erstrebenswerte
Vision und ich bin sicher, dass diese Vision nicht unrealistisch ist. Der
Russische Bär ist spätestens seit der Malkin-Affäre tief im Stolz verletzt und
der Russische Bär ernährt sich nicht mehr wie früher von Brosamen, er ist in
die Kaviar-Liga aufgestiegen. Aufgepasst, da kommt was – vielleicht zugunsten
des Europäischen Eishockeys. Eine
Europäische NHL oder EHL? Ich staune, dass dies mindestens nicht vordergründig
angedacht wird. Stattdessen wird über eine Wiederbelebung des Europacups
diskutiert.
Ein totes Pferd
Erfolg für eine
Art Champions-League im Eishockey zweifle ich an. Ein Parallelwettbewerb zu den
heimischen Ligen mit denselben Teams wird in Europa kaum goutiert. Weil es aber
im Fussball funktioniert glaubt man, dasselbe Rezept auch im Eishockey anwenden
zu können. Da orte ich das typische Consultingsyndrom: „Diese Masche
funktioniert anderswo, im Fussball, demnach wird sie auch im Eishockey funktionieren“.
Aber aufgepasst: Berater sind oft kontextresistent und wir laufen Gefahr, ein
Minenfeld mit Denksackgassen zu betreten. Den ehemaligen European Cup,
Continental Cup und wie sie alle hiessen, neu in Champions-League umzutaufen
ist lediglich Sprachreinigung. In diesem Fall wünsche ich mir die positive
Kraft des negativen Denkens denn ich wage zu behaupten, dass das Projekt
„Champions-League“ im Eishockey nicht zum Fliegen kommt. Das ist ein totes
Pferd welches wir bereits kennen. Jetzt wird versucht, dieses tote Pferd
schneller, effizienter, kundenfreundlicher, farbiger, attraktiver und
kostengünstiger zu machen – was zweifellos auch gelingen wird. Dabei wird
vergessen, dass das schnelle, attraktive und kostengünstige Pferd noch immer
ein totes Pferd ist.
Munich Krauts
Um der
übermächtigen NHL Paroli bieten zu können benötigen wir völlig neue Phantasien.
Wir müssen „out of the box“ denken. Wie wäre es mit einer Europäischen NHL,
einer EHL nach NHL-Vorbild, mit Spielerdrafts, mit Trades und mit vielleicht 12
Teams zu Beginn, mit der Option zur Erweiterung. Voraussetzung in Deutschland
ist eine hochklassiges Arena in einem Einzugsgebiet mit relevanter Marktgrösse
(TV- und Vermarktungsverträge) sowie einem intelligenten Business-Plan und
einem potenten Startkapital. Lasst doch die Kölner Haie gegen die DEG Metro Stars
spielen. Diese Traditionen muss man ehren und hochhalten, sie entsprechen einem
Bedürfnis der Kunden und man darf sie nicht künstlich zerstören. Auch von
Fusionen halte ich herzlich wenig. Fusionen funktionieren auch in der
Wirtschaft nie, das Scheitern ist bereits anthropologisch angezeigt. Vielleicht
schaffen wir es aber in Deutschland, eine Art Gründungsmythos zu schaffen: Wir
stellen zwei oder drei deutsche Teams für die EHL, z.B. die “Munich Krauts“ –
in der Vermarktung kokettieren wir mit unserem bayerischen Anderssein, mit
unserer Weisswurst, dem Bier, dem Sauerkraut, die Lederhosen etc. Wir besinnen
uns auf unsere Wurzeln. Alles was von der Wurzel wächst hat Kraft. Alle Zukunft
hat Herkunft! Die „Munich Krauts“ werden ein Erfolg und wir werden ein
„uniques“ Team mit hohem Vermarktungspotenzial und einer wohltuenden
Eigenständigkeit stellen. In Europa
profitieren wir von einer grossen kulturellen Vielfalt die uns die
Positionierung eigenständiger Eishockeyteams in Europa enorm erleichtert. Wir
müssen nicht wie in den USA Kunstfiguren zum Leben erwecken (Coyotes,
Thrashers, Panthers, Predators etc.). Die bisherige DEL wird wie bis anhin
gespielt mit denselben Teams. Die „Munich Krauts“ gibt es zusätzlich und sie
spielen in einer modernen Top-Arena gegen die Moscow Bears, Stockholm Mooses , die
Crazy Swiss Yodlers und die Vienna Schnitzels.
Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit!
Eine derart kühne
Idee weiterzuentwickeln benötigt Köpfe
die bereit sind, übliche Denkmuster zu sprengen: Juristen die nicht im
Vornherein sagen, dass das Draftsystem mit dem Europäischen Recht nach freier
Arbeitsplatzwahl unvereinbar sei. Wir benötigen hochkarätige Wirtschaftsführer
die bereit sind, Hirn und Geld zu investieren, die bereit sind, Risiken
einzugehen und vielleicht zu scheitern, die bereit sind, ein solches Engagement
als Spielwiese und nicht als Profitmaximierungsmaschine zu betrachten. Es ist
nie zu spät für eine glückliche Kindheit! Phantasterei, Illusion? Lassen wir
die Gedanken zu, bevor wir sie ablehnen. Denken bedeutet nicht nur, die
Vergangenheit zu verteidigen. „The puck stops here – for now...”
Thomas Roost