Der Shootingstar aus BilderstöckchenFrederik Tiffels überraschte in der WM-Vorbereitung

Als kurz darauf noch andere Journalisten auf ihn zuströmen, wirkt der junge Mann kurz verblüfft, sammelt sich aber schnell und antwortet auf die Fragen. Ehrlich, unverfälscht – und mit voller Vorfreude auf die Heim-WM in seiner Geburtsstadt. Dabei hat er im Nachwuchs nicht nur für den Kölner EC gespielt, sondern auch für den Krefelder EV und die Jungadler Mannheim. Und wie fühlt er sich? Als Kölner? „Natürlich!“, strahlt Tiffels mit so viel Frohsinn in den Augen, dass allein dies die Frage beantwortet hätte.
Die Frage nach der Rückkehr aufs Kölner Eis ist übrigens nicht ganz richtig. Der Nachwuchs des KEC spielt im Haie-Trainingszentrum. „Ich habe gerade zum ersten Mal überhaupt auf dem Eis der Lanxess-Arena gestanden“, berichtet er vom Training am Mittwochmittag. Unbekannt ist ihm die Halle aber nicht. Ganz im Gegenteil. Zur Stimmung, auf die er sich so freut, hat er früher selbst beigetragen. „Mein Vater hatte damals eine Dauerkarte. Da sind wir natürlich früher mitgekommen.“ Wir, das ist sein Bruder Dominik, dessen Wechsel von Bremerhaven nach Köln erst vor wenigen Tagen bekanntgegeben worden ist. Der aktuelle Trailer der Aktion „Wir sind Eishockey“, in dem ein kleiner Eishockeyspieler von einem Auftritt als Nationalspieler träumt, ist für Frederik Tiffels also wahr geworden.
So hat auch diese Heim-WM so etwas wie einen „unbekannten Nationalspieler“. 2010 debütierte Justin Krueger, der bis auf sein erstes Bambini-Jahr in Duisburg noch nie in Deutschland gespielt hatte. Tiffels, der aus dem Kölner Stadtteil Bilderstöckchen stammt, hat natürlich hierzulande gespielt, aber eben nur bis zur DNL. Danach zog es ihn nach Übersee. Erst spielte er in der United States Hockey League, einer Juniorenliga, schloss sich dann den Broncos der Western Michigan University an. Aber warum eigentlich die USA, nicht Kanada? „Auch das geht auf meine Eltern zurück“, sagt er. „Sie wollten, dass ich zweigleisig fahre. Ich konnte dort gut meinen High-School-Abschluss machen und dann an eine Universität gehen.“ In Kalamazoo, einer echten Eishockeystadt, studiert er „Business und Finance“. Warum? „Naja, wir mussten uns ja etwas aussuchen. Und etwas mit Geld macht bestimmt Spaß, dachte ich mir.“
Das Niveau in den Ligen der College-Sportorganisation NCAA ist beachtlich. „Viele wollen in die NHL. Gerade läuferisch spielt diese Liga auf einem hohen Niveau. Dadurch entwickelt sich ein großer Konkurrenzkampf“, so Tiffels. Und die Leute schauen gerne zu. „Wir haben so 3500 Zuschauer.“ Und das obwohl es mit den traditionsreichen Kalamazoo Wings, einst in der IHL gegründet, ein Profiteam in der ECHL gibt. „In North Dakota kommen sogar 13.000 Zuschauer.“ Der Unterschied zum Nationalteam? „Männer bringen eine größere Kraft mit, wissen besser, wo sie stehen müssen als Teenager oder junge Erwachsene. Ich will versuchen, mit meinen läuferischen Fähigkeiten so gut es geht zu helfen.“ Und dass das bestens gelingen kann, zeigten die Testspiele gegen Lettland. Gerade bei der Generalprobe lief es gut: Zwei Tore, eine Vorlage. Bei seinen Treffern überlief er seine Gegenspieler auf der Außenbahn, also auf der längeren Strecke. „Ich beobachte Freddie schon länger“, berichtet Bundestrainer Marco Sturm. „Vor einem Jahr wäre die WM noch zu früh gekommen. Nun wollte ich junge Spieler dazu nehmen, von ihrer Dynamik profitieren. Aber ganz ehrlich: Auch mich hat es überrascht, wie gut Freddie sich entwickelt hat.“
Und plötzlich ist er Nationalspieler. Daheim in Köln. „Mein Vater hatte sich schon vorher Karten gekauft. Meine Mutter hat noch keine“, erzählt der 21-Jährige. Das wird sich wohl regeln lassen.
Die Frage, wie er als Außenstehender – immerhin spielt er schon seit 2012 in Nordamerika – die Entwicklung der Deutschen Eishockey-Liga sieht, drängt sich auf. Doch Tiffels ist ehrlich: „Da bin ich der Falsche, um diese Frage zu beantworten.“ Ob er die DEL denn nicht verfolge? „Schon“, meint er. „Aber eigentlich nur die Kölner Haie.“
Danach ist der Shootingstar aus Bilderstöcken fertig. Er will sich auf den Weg machen, den Pucks hinterher, die er zuvor eingesammelt hatte. Er schaut sich kurz um, blickt fragend zurück zu den Journalisten. „Wohin?“, fragt er. „Dort entlang“, rufen ihm viele zu. „Danke“, kommt es zurück. Denn wie gesagt, es ist das erste Mal, dass er als Spieler in der Lanxess-Arena war – in dem Stadion, dessen Fan-Ränge er so gut kennt.
Die Tippspiel-App zur WM. Hier bekommt Ihr alle Informationen und Download-Links. Es lohnt sich!