Die ersten Turniere auf eidgenössischem EisDie bisherigen Eishockey-Weltmeisterschaften in der Schweiz - Teil 1

Die ersten echten Weltmeisterschaften, also so wie wir sie kennen, mit jährlicher Wiederholung gibt es erst seit 1930. Davor gab es drei WM-Turniere, die gleichzeitig auch Teil der olympischen Spiele waren. Etwas sticht dabei auch das erste Turnier im Jahr 1920 heraus, denn das erste Eishockey-Turnier war gleichzeitig ein Demonstrations-Wettbewerb bei den Sommerspielen in Antwerpen.
1924 gab es dann bei den Winterspielen in Chamonix (Frankreich) das erste Turnier, das natürlich von Kanada gewonnen wurde. Und jetzt beginnt unsere Zeitreise: 1928 fanden die olympischen Winterspiele im mondänen Schweizer Wintersportort St. Moritz statt. 25 Länder nahmen daran teil und es gab in acht Tagen 14 Wettbewerbe zu bestaunen, darunter auch Eishockey. Im Turnier starteten elf Mannschaften, wobei zehn in drei Gruppen eingeteilt worden waren. Team elf war Kanada, das als Titelverteidiger gleich für die Endrunde qualifiziert war. In der Gruppe A setzte sich Großbritannien vor Frankreich, Belgien und Ungarn durch, in der Gruppe B Schweden vor der Tschechoslowakei und Polen und in Gruppe C zeigte sich Gastgeber Schweiz als zu stark für Österreich und des deutsche Team. Deutschland war im Übrigen auch das einzige Team des ganzen Turniers, das es in 120 Minuten nicht schaffte ein Tor zu erzielen - gegen Österreich gab es ein 0:0, gegen die Schweiz ein 0:1 (Torschütze: Richard Torriani). Die Endrunde wurde dann zu einem Schaulaufen der Kanadier, die damals nicht mit einem echten Nationalteam sondern mit einer Vereinsmannschaft bei solchen Turnieren antraten. Die Toronto Varsity Grads, die 1927 den Allan-Cup geholt hatten, schossen nacheinander Schweden mit 11:0, Großbritannien mit 14:0 und Gastgeber Schweiz mit 13:0 ab. Das entscheidende Spiel um Platz zwei gewann Schweden mit 4:0 gegen die Schweiz und weil die Schweiz wiederum mit 4:0 gegen Großbritannien gewann, holten sich unsere südlichen Nachbarn zumindest Bronze im eigenen Land ab.
Ab 1930 wurden dann Weltmeisterschaften unabhängig von olympischen Spielen jährlich abgehalten und die erste WM auf Schweizer Boden fand 1935 in Davos im Kanton Graubünden statt. Die neunte WM wurde dann auch ein Erfolg, denn erstmals nahmen gleich 15 Mannschaften daran teil. Da die USA aus wirtschaftlichen Gründen nicht nach Europa kamen, waren die Kanadier natürlich die großen Favoriten und sie gewannen dann auch letztendlich den Titel.
Alle Spiele fanden zwischen dem 19. und 27. Januar 1935 in Davos statt und wurden zunächst in vier Gruppen durchgeführt. In der Gruppe A holte sich die Schweiz den Sieg. Das war eine Überraschung, denn ausgerechnet gegen Schweden behielten die Schweizer mit 6:1 die Oberhand. Den einzigen Punktverlust leistete man sich gegen Ungarn beim 1:1, das sich vor den Niederlanden Platz drei sicherte. Die deutsche Nationalmannschaft musste in der Gruppe B antreten und bezahlte bitteres Lehrgeld - es gab drei knappe Niederlagen (0:2 gegen Italien, 1:3 gegen Polen und ein 1:2 gegen Frankreich). Angetreten war das deutsche Team in der Besetzung: Egginger (Riessersee), W. Leinweber (Füssen), Römer (Berliner SC), Jaenicke (Berliner SC), Korff (Berliner SC), Kuhn (Füssen), Kögel (Füssen), Lang (Riessersee), Orbanowski (Berliner SC), Schenk (Riessersee), Schibukat (Rastenburg), Schröttle (Riessersee) und Strobl (Riessersee). Den Gruppensieg holte sich Frankreich vor Italien und Polen. In der Gruppe C setzte sich die Tschechoslowakei vor Österreich, Rumänien und Belgien durch. Erwähnenswert ist hierbei nur das 22:0 der Tschechen gegen Belgien. In Gruppe D konnten die Kanadier, die damals starken Briten (4:2) aufhalten und sich natürlich gegen Lettland (14:0) durchsetzen. Platz zwei ging an das Vereinigte Königreich.
Nach der Vorrunde wurde das Turnier geteilt. Die nicht mehr um Medaillen kämpfenden Mannschaften spielten um Platz neun, der Rest um Gold. Erstere Teams wurden im Kampf um den neunten Rang wiederum in zwei Gruppen geteilt. In der Gruppe A gewann Polen, weil man gegen Belgien, im Vergleich zu den Ungarn, höher gewann. In Gruppe B siegte das deutsche Team in allen drei Begegnungen (5:0 gegen die Niederlande, 3:1 gegen Lettland und 3:0 gegen Rumänien). Das Spiel um Platz neun gegen Polen wurde schließlich mit 5:1 (2:0,2:1,1:0) gewonnen.
Die Aspiranten um Gold wurden ebenfalls in zwei Gruppen getrennt. In der ersten setzte sich Kanada mit drei Siegen durch, wobei das Ergebnis gegen die Tschechoslowaken mit 2:1 erstaunlich knapp ausfiel. Dritter wurden die Schweden vor Italien. In Gruppe B blieb die Schweiz siegreich. Den einzigen Punktverlust leistete man sich gegen den Nachbarn aus Österreich beim 1:1 nach dreimaliger Verlängerung. Zweiter wurde Großbritannien, danach kamen Österreich und Frankreich. In den Finalspielen schließlich wurden die Gruppenergebnisse mitgenommen. Am 26.01.1935 gewann Kanada gegen Großbritannien 6:0, die Schweiz gegen die Tschechoslowakei 4:0. Der letzte Spieltag am 27.01.1935 musste entscheiden: Die Briten holten sich durch ein 2:1 gegen die Tschechoslowakei nach dreifacher Verlängerung Bronze und die heroisch kämpfenden Schweizer, die u.a. mit dem Ni-Sturm (Ferdinand Cattini (Davos), Hans Cattini (Davos) und Richard Torriani (Davos)) und weiteren Stars wie Torhüter Albert Kunzler (ZSC), den Gebrüdern Kessler und dem Allrounder Peter Müller (Davos) antraten, verloren gegen den Titelverteidiger aus Kanada mit 2:4 (1:2,1:1,0:1).
Die nächste Weltmeisterschaft, die in der Schweiz ausgetragen wurde, war die von 1939. Es war aufgrund des im September ausgebrochenen zweiten Weltkrieges gleichzeitig die letzte für die nächsten acht Jahre. Sie fand in Zürich und Basel statt und wurde vom 3. bis 12. Februar ausgetragen. Neben zwölf europäischen Vertretern waren natürlich auch wieder Kanada und die USA vertreten. Die Kanadier wurden dabei von den Trail Smoke Eaters vertreten, dem Allan-Cup-Sieger von 1938. Wieder gab es vier Gruppen, von denen die ersten zwei jeder Gruppe um die Goldmedaille kämpften und die jeweiligen Schlusslichter sich um Platz neun bemühten. Eines soll an dieser Stelle schon vorab geschrieben werden. Die deutsche Nationalmannschaft zeigte eine bessere Leistung als 1935 und kam in die Finalrunde. Für Deutschland spielte folgende Besetzung:
Tor: Egginger (Riessersee) und das letzte, heute noch lebende Teammitglied, der 107jährige Alfred Hoffmann (Zehlendorfer Wespen)
Verteidigung: Csöngei (Engelmann Wien), Tobien (Düsseldorfer EG)
Sturm: Ball (Berliner SC), Demmer (Wiener EV), Feistrizer (Wiener EV), Jaenecke (Berliner SC), Kelch (Zehlendorfer Wespen), Kuhn (EV Füssen), Kögel (Riessersee), Nowak (Engelmann Wien), Schenk (Krefelder EV), Schibukat (Rastenburg), Schmiedinger (Krefelder EV), Wild (Riessersee).
Dieses deutsche Team begann die WM gleich mit einem Paukenschlag, als es gegen die besser eingeschätzten Finnen mit 12:1 siegte. Es folgte ein 0:4 gegen die USA und ein 4:4 nach dreifacher Verlängerung gegen Italien. Damit war Platz zwei in der Gruppe hinter den USA gesichert. In der Gruppe B wurde scheinbar das Tontaubenschießen auf das Eis verlagert. Die Schweizer gewannen gegen Lettland 12:0, gegen Jugoslawien mit 23:0 und schließlich gegen die Tschechoslowakei mit 1:0 und blieben somit ohne Gegentor. Die CSSR dagegen kassierte nur dieses eine Gegentor, hatte zuvor gegen Jugoslawien gar mit 24:0 gewonnen und gegen Lettland 9:0. Ähnlich, allerdings nur mit drei Teams die Gruppe C: Kanada durfte sich bei zwei klaren Siegen einspielen, gewann gegen die Niederlande 8:0 und gegen Polen 4:0. Die Polen wiederum qualifizierten sich für die Endrunde mit einem 9:0 gegen die Niederlande. In Gruppe D, auch hier gab es nur drei Mannschaften, trafen sich im Finale Ungarn und Großbritannien. Die Briten waren der große Favorit, hatten sie doch 1936 bei den olympischen Spielen sensationell Gold vor Kanada geholt. Sie wurde ihrer Rolle in der Gruppe auch gerecht, gewannen mit 3:1 gegen Belgien und 1:0 gegen Ungarn. Ungarn wiederum besiegte Belgien mit 8:1 und kam in die Endrunde.
In der Runde um Platz neun setzten sich in ihren Gruppen Italien und Lettland durch und bestritten schließlich das kleine Finale, das mit 2:1 an Italien ging. Die deutsche Nationalmannschaft musste in der Endrunde in der Gruppe A antreten und zeigte eine starke Leistung, die am Ende nicht die Wertschätzung erhielt, die sie verdient gehabt hätte. Es begann mit einem 1:1 gegen die Tschechoslowakei. In Spiel zwei wurde Olympiasieger Großbritannien mit 1:0 niedergekämpft und weil danach die Kraft wie weggeblasen war, gab es gegen Kanada ein übles 0:9. Die Tschechoslowaken dagegen zeigten sich gegen Kanada in bester Spiellaune, führten bis in das letzte Drittel hinein mit 1:0, um schließlich noch mit 1:2 zu verlieren und weil sie in Spiel drei gegen Großbritannien mit 2:0 gewannen, zogen sie und nicht Deutschland in das Halbfinale ein. In Gruppe B, die komplett in Basel stattfand, zog die Schweiz weiterhin ihre Kreise und konnte nicht gestoppt werden. Gegen Polen gewannen die Eidgenossen 4:0, gegen die USA mit 3:2 und gegen Ungarn 5:2. Die USA wiederum kassierten lediglich gegen die Schweiz Gegentore, konnten ihre beiden Spiele gegen Ungarn 3:0 und gegen Polen 4:0 und somit mit weißer Weste gewinnen.
Damit standen die Mannschaften für das Halbfinale fest. Deutschland spielte um Platz fünf, gewann gegen Ungarn 6:2 und Polen 4:0 und holte sich schließlich diese gute Platzierung. Vom 10. bis 12. Februar fand schließlich die Finalrunde statt. Die USA begannen mit einem mühevollen 1:0 gegen die Tschechoslowakei, die Kanadier überrannten die bis dahin schwungvollen Schweizer gleich mit 7:0. Einen Tag später sah die Schweiz gegen die USA schon deutlich besser aus, kassierte aber mit einem 1:2 eine weitere Niederlage und die Kanadier gewannen gegen die Tschechoslowakei mit 4:0. Damit standen die beiden einzigen nicht europäischen Mannschaften im Finale und das ging eindeutig mit 4:0 an Kanada. Die Schweizer und die Tschechoslowaken trennten sich nach dreifacher Verlängerung 0:0 und trafen sich drei Wochen nach WM-Ende zu einem offiziellen Spiel um Platz drei in Basel wieder, das die Schweiz mit 2:0 siegreich gestalten konnte. Damit ging Platz drei an die Gastgeber, die sich gleichzeitig als beste europäische Mannschaft auch den Europameistertitel sichern konnten. Bester Keeper der WM, ohne Gegentor, war der Kanadier Duke Scodellaro vor seinem Landsmann Alexander Buchanan. Bester europäischer Schlussmann war der Tschechoslowake Jiri Hertl. Torschützenkönig des Turniers war ebenfalls ein Tschechoslowake: Josef Malecek (LTC Prag) kam auf zwölf Punkte, der zweite, der Italiener Otto Rauth (HC Davos), brachte es auf elf Punkte.