Der neue Weltmeister hält der Welt den Spiegel vorFinnland m​it Mannschaftsgeist zum Titel

So sehen Sieger aus: Die finnischen Weltmeister mit dem WM-Pokal. (picture alliance / Roni Rekomaa / Lehtikuva / dpa)So sehen Sieger aus: Die finnischen Weltmeister mit dem WM-Pokal. (picture alliance / Roni Rekomaa / Lehtikuva / dpa)
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Aber Halt! So schnell sollte man das gerade vergangenen Turnier nicht dem großen Feld der Geschichtsschreibung überlassen. Diese Titelkämpfe waren nicht nur außergewöhnlich, sie werden auch in die Geschichte eingehen, denn sie zeigten der Welt, wie man auch als sogenannter Außenseiter sich am Ende mit einer Goldmedaille schmücken kann - und es gab noch weitere außergewöhnliche Details, die einen nachträglichen Blick lohnen.

Fangen wir mit dem Sieger an. Die Männer des kleines Landes an der russischen Grenze zeigten der Welt, dass sie die aktuellen Herrscher sind. Und für viele Finnen vermutlich auch eine schöner Nebeneffekt: Das Männerteam rächte gewissermaßen das Frauen-Team, das vor wenigen Wochen noch als Weltmeister der Herzen gefeiert wurde, weil ihnen im WM-Finale gegen die USA ein reguläres Tor in der Verlängerung förmlich geklaut wurde und sie schließlich gegen die Amerikanerinnen im Penaltyschießen unterlagen.

Finnland zeigte der Welt, was das Wort Mannschaftsgeist bedeutet. Dabei lebt diese Welt nur von Zahlen und von Statistiken, gerade im Eishockey und viele der Nutzer vergessen dabei, dass nicht immer zwei und zwei vier ergeben muss. Das beste Beispiel ist dabei die NHL, jede Liga in Nordamerika, in der die weltbesten Akteure spielen. Eine logische Tatsache, denn in der NHL wird der bei weitem größte Umsatz erzielt und es werden die höchsten Gehälter weltweit gezahlt. Das ist eine Tatsache und nicht zu diskutieren. Würde man die NHL zu einem Vergleich mit dem Sonnensystem heranziehen, so wäre sie Jupiter, der massenreichste Planet, während die KHL mit Saturn zu vergleichen wäre.

Exklusiver Kader der Schweden überzeugt nicht - verdienter Low Budget-Weltmeister

Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass in Kanada, das als Mutterland des Eishockeys gilt, 637.000 Menschen dem Puck nachjagen. In Finnland spielen 73.000 Menschen Eishockey, in Russland 110000, in Tschechien 109.000, in Schweden 62.400, in der Schweiz 28.000 und in Deutschland 33.000. Interessant aber ist, dass gerade in der kleinen Schweiz Eishockey als attraktive Sportart (6.800 Zuschauer/Spiel) gesehen wird und im Gegensatz zu Deutschland (6.000) einen deutlich höheren Stellenwert besitzt. Das zeigt sich auch in den Gehältern. Die NL zahlt im Schnitt die besten Löhne außerhalb der NHL und ist trotzdem weit von der NHL entfernt, wo die Gehaltsspirale ab 600.000 Dollar beginnt und etwa bei 12 bis 14 Mio. Dollar endet. Pro Jahr, versteht sich.

Kommen wir zurück zur WM. Bei Team Schweden standen 21 NHL-Spieler im Aufgebot, die Gesamtlohnsumme betrug 79,8 Mio. Dollar. Im Team Russland standen neben den KHL-Akteuren immerhin noch 16 NHL-Spieler auf dem Eis mit einer Gesamtlohnsumme von 60 Mio. Dollar und Team Kanada hatte 24 NHL-Akteure im Aufgebot, die im Jahr mit 63 Mio. Dollar entlohnt werden. Und Finnland: Der Weltmeister hatte zwei (!!) NHL-Spieler im Aufgebot und sie kassieren zusammen 3,4 Mio. Dollar, knapp 6 Prozent der Kanadier. Selbst die kleinen Schweizer konnten auf sechs NHL-Spieler mit einer Lohnsumme von 16 Mio. Dollar zugreifen.

Ergo, viel Geld kann Qualität bedeuten, muss es aber nicht. Das sich mit dem WM-Titel natürlich viele neue Perspektiven für die Leistungsträger der Finnen auftun, gilt als folgerichtig aber das haben sich Suomis Löwen auch verdient.

Deutsche Weltmeister-Besieger - Abstiegsdramen mit Großbritannien und Italien

Auch für Deutschland gilt diese WM als richtungsweisend. Der sechste Platz war nicht nur verdient, er hat auch gezeigt, dass die olympische Silbermedaille von Südkorea keine Eintagsfliege war. Fünf Siege in einem WM-Turnier, das gab es schon lange nicht und am Ende kann sich Deutschland sogar auf die Fahnen schreiben, dass sie mit dem 4:2 sogar das einzige Team weltweit waren, dass den aktuellen Weltmeister besiegen konnte. Das Konzept des DEB ist richtig, die DEL wird immer stärker und mit dem neuen Bundestrainer Toni Söderholm hat man einen Fachmann gewinnen können, dem neue und moderne Trainings- und Taktikmethoden nicht fremd sind.

Und noch zwei Länder sorgten dafür, dass die WM unvergessen bleiben wird. Die beiden Aufsteiger aus Großbrittanien und Italien. Die Italiener, die als Fahrstuhlmannschaft gelten, brachen zunächst mit ihrer Offensivschwäche alle WM-Rekorde. Als am sechsten WM-Spieltag Miceli das erste italienische Tor schoss, hatten seine Landsmänner Bernard und de Filippo schon vierzig Gegentore kassiert. Kein Mensch wettete auf die Nachfahren der Etrusker und diese wehrten sich gekonnt. Im entscheidenden Spiel gegen Österreich waren sie voll auf der Höhe, gewannen mit 4:3 n.V. und konnten sich retten.

Ebenso Großbritannien. Die Briten, deren einziges Bestreben dem Nichtabstieg galt, zeigten sich in den ersten Spielen als ebenso überfordert wie die Italiener, zogen sich allerdings etwas besser aus der Affäre. 5:29 Tore sahen etwas besser als 0:39 aus aber punktetechnisch stand man mit Italien gleich. Dann kam Frankreich und als die Briten am Montag vergangener Woche aus einem 0:3 ein 4:3 gemacht hatten, da kochte die britische Freude, ansonsten dem Unterstatement eher ergeben, über. Der unerwartete Klassenerhalt war geschafft und gleichzeitig hatten die Briten den ersten Sieg bei einem Top-Eliteturnier geschafft seit dem legendären 7:5 (1:2,2:2,4:1) über Finnland am 9. März 1962 in Colorado Springs. 



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