Dennis Seidenberg tippt auf Schweden als WeltmeisterZwei große Duelle im WM-Halbfinale am Samstag
Jon Cooper ist ein höflicher Mann – und das wiederum ist ein „weißer Schimmel“. Schließlich ist der Mann Kanadier, und den Ahornblättern sagt man nicht umsonst einen ausgesprochenen Hang zu Höflichkeit nach. Was ist denn nun das bedeutendere Eishockey-Duell? USA gegen Russland oder Kanada gegen Russland? „Die USA schließen die Lücke zu Kanada“, sagt der Cheftrainer von Tampa Bay Lightning, der vor der Saison als Assistant Coach für das nordamerikanische U-23-Team beim World Cup of Hockey fungiert hat und aktuell Headcoach der kanadischen Nationalmannschaft bei WM ist Köln ist. Dann korrigiert er sich: „Eigentlich gibt es keine Lücke mehr.“ Mit dem einen Unterschied, dass das Team USA in der Vorrunde zwar rundherum überzeugte, im Viertelfinale gegen Finnland aber sang- und klanglos ausgeschieden ist.
„Das Duell zwischen den USA und Russland ist wichtig, auch ganz aktuell. Das haben wir in der Vorrunde gesehen“, sagt Cooper. „Aber die Rivalität zwischen Kanada und Russland ist historischer. Nicht aktuell, aber mit Blick auf die 60er-, 70er- und 80er-Jahre muss man nichts mehr dazu sagen“, spricht aus Cooper eben auch eine Menge Selbstbewusstsein. Denn beide Teams sind Titeljäger bei der Eishockey-Weltmeisterschaft. Einschließlich der Titel der Sowjetunion, dessen Rechtsnachfolger das russische Team bei der IIHF ist, gewannen die Russen die Weltmeisterschaft 27 Mal. Das ist Rekord. Kanada gewann bislang 26 Mal, davon die zurückliegenden beiden Turniere. Heißt also: Kanada kann mit Russland gleichziehen.
Doch nicht nur bei der WM oder bei Olympia duellierten sich die beiden Eishockey-Großmächte regelmäßig. Dazu kommen der World Cup of Hockey, der aus dem Canada Cup hervorging, der wiederum im Anschluss an die „Summit Series“ von 1972 und 1974 entstand, als sich kanadische Spieler der National Hockey League und der damaligen Konkurrenzliga World Hockey Association (WHA) mit der UdSSR duellierten. Cooper hat trotz des „Miracles on Ice“ bei den Olympischen Winterspielen in Lake Placid also recht – noch größer als das Duell zwischen den USA und Russland ist historisch betrachtet das Aufeinandertreffen von Kanada und Russland. Da Kanada über viele Jahre nur mit einem Amateurteam bei Eishockey-Weltmeisterschaften vertreten war, fällt die Bilanz deutlich zugunsten der Russen aus, die von 51 Duellen 34 gewonnen haben; dazu gibt es 13 kanadische Sieg und vier Unentschieden. Ausgeglichen ist die Bilanz nach dem Ende der UdSSR: 16 Spiele, je acht Siege und 55:50 Tore für Kanada.
Die Buchmacher sehen diese Serie ausgeglichen: 2,10 auf Sieg Kanada, 2,90 auf Russland, 4,50 auf Remis nach 60 Minuten.
Bundestrainer Marco Sturm wollte sich nach dem Aus der deutschen Nationalmannschaft im Viertelfinale gegen Kanada nicht zur Favoritenfrage äußern. „Alle vier können Weltmeister werden“, sagte Sturm. „Für Russland gibt es so etwas wie einen Heimvorteil, wenn man sieht, wieviele russische Fans auch bei dieser WM wieder dabei sind.“ Verteidiger Dennis Seidenberg legt sich da schon genauer fest: „Kanada und Schweden werden das Finale erreichen – und Schweden wird Weltmeister.“
Hier sind die Buchmacher anderer Meinung: 2,40 gibt es auf den Tipp, dass Kanada Weltmeister wird. Die drei anderen Quoten: Schweden 3,50, Russland, 3,50 und Finnland 7,50.
Das andere Halbfinale ist sozusagen ein „Derby“. Das nordeuropäische Nachbarschaftsduell zwischen Schweden und Finnland gab es bei Weltmeisterschaften bereits 64 Mal. 37 Mal ging Schweden als Sieger vom Eis, 15 Mal die Finnen, dazu gab es zwölf Unentschieden. Aktuell scheinen die Schweden deutlich besser in Form zu sein. Zwar verlief die Vorrunde für das Drei-Kronen-Team nicht optimal, doch das Potenzial der Mannschaft in diesem Jahr ist angesichts der personellen Besetzung riesig. Finnland, aktuell immerhin Vizeweltmeister, spielte eine enttäuschende Vorrunde, überraschte dann aber im Viertelfinale gegen die USA. Finnland wurde bislang zweimal Weltmeister, neunmal ging der Titel nach Schweden, das sozusagen eine Jubiläumsweltmeisterschaft feiern könnte. Und geht es nach der Einschätzung von Dennis Seidenberg wird ja auch genau das passieren.
Die Buchmacher sehen Schweden mit der Quote 1,75 klar im Vorteil. Für einen finnischen Sieg gibt die Quote 4,00, für ein Remis nach 60 Minuten 4,50.
Am Sonntag folgen das Bronzespiel um 16.15 Uhr und das Finale um 20.45 Uhr, wobei die Finalshow auf dem Eis bereits um 20.15 Uhr beginnen wird.