Wie ein DamoklesschwertKommentar

Die Hannover Indians stehen vor dem Aus – zumindest in der 2. Bundesliga. Wie es am Pferdeturm nach dem Insolvenzantrag der GmbH und dem damit verbundenen Abstieg weitergeht, steht noch nicht fest. Das ist bitter – für jeden Club an jedem Standort. Mit dem ECH trifft es zudem einen Verein, der zwar ganz natürlich seine Rivalitäten hat, aber aufgrund der Begeisterungsfähigkeit seiner Fans weiter über die Grenzen Hannovers hinaus beliebt war und ist.
Wie überraschend ist nun das Aus der Indians? Folgt man den Erklärungen von Hauptgeschäftsführer Dirk Wroblewski, ist es ganz und gar nicht überraschend – weil die Gesellschafter immer wieder Lücken im Etat ausgleichen mussten. Das wirkliche Beängstigende ist: Das sieht bei vielen anderen Clubs durch alle Ligen hindurch kaum anders aus. Mit Eishockey Geld verdienen? Das ist alles andere als leicht. Die Kosten sind hoch, weil eben nicht eine „Wiese“ reicht, salopp formuliert, um den Sport zu betreiben. Im Gegenteil: Eissporthallen gehören zu den technisch aufwendigsten Spielstätten. Ein anderes Problem ist: Vielerorts sind diejenigen Unternehmen, die Sport finanziell unterstützen, stets die gleichen. Es ist ein gewisser Pool, der in der jeweiligen Kommune, zahlreiche Vereine unterstützt. Das Gewinnen neuer, wirklich großer und potenter Sponsoren ist außerordentlich schwierig.
Der Erfolg der derzeit so erfolgreichen Fußballer von Hannover 96 mag gar ein Stückweit das Problem der Indians, die vor Ort auch noch DEL-Konkurrenz durch die Scorpions vorfinden, verschärft haben. Die digitalen Medien, allen voran das Fernsehen, setzen stark auf Profifußball. Dort sind die Stadien voll, bieten sich Absatzmärkte. Dabei ist diese Entwicklung noch nicht so alt. Noch Ende der 80er-, Anfang der 90er Jahre gab es Spitzenspiele in der 1. Fußball-Bundesliga, die weit davon entfernt waren, ausverkauft zu sein. Doch die Aufwärtsentwicklung im Profifußball geht zu Lasten anderer Sportarten (aber auch der Fußball-Amateure), wo Zuschauerzahlen im vergleichbaren Zeitraum zurückgegangen sind.
Eine Frage, die sich auch stellt: Sorgt der Verlust eines Clubs dafür, dass die Position der ESBG im Streit mit dem DEB und den Landeseissportverbänden geschwächt wird? Das mag sein, ist letztlich aber Kaffeesatzleserei – und fast schon unwichtig. Denn Fakt ist: Die ESBG alleine könnte, wollte sie sich für in Not geratene Clubs engagieren, kaum einen kommunalen oder privatwirtschaftlichen Geldgeber davon überzeugen, sein Engagement weiterzuführen oder gar neu zu beginnen. Denn dazu reicht der Einfluss einer Gesellschaft mit 13 oder gar nur zwölf Zweitliga-Clubs kaum aus. Das ist bei der DEL als Vertreterin von 14 Erstligisten kaum stärker gegeben.
Viele Eishockeyvereine sind abhängig davon, dass die wenigen Geldgeber bei der Stange bleiben. Sie müssen hoffen und beten, dass nichts Schlimmes mit ihren Spielstätten passiert – wie aktuell beim Zweitligisten ESV Kaufbeuren oder beim Oberligisten Ratinger Ice Aliens. Und wenn doch, wäre eine starker Verband eine Hilfe. Einer der für das gesamte deutsche Eishockey spricht. Ob das der DEB ist, oder eine Dachorganisation für alle Gesellschaften und Verbände im deutschen Eishockey, ist kaum erheblich. Wichtig ist nur, dass das gesamte deutsche Eishockey gemeinsam auftritt und spricht.
Denn was die Stadionsituation angeht, sind Kaufbeuren und Ratingen nur die Spitze des Eisberges. Viele Kommunen sind finanziell angeschlagen, müssen sparen. Und wie gesagt: Eishallen sind teuer. Streichlisten sind schnell erstellt. Wenn man dazu die knappe Sponsorenlage sieht, bleibt festzustellen: Das Schicksal der Hannover Indians hängt wie ein Damoklesschwert über vielen anderen Clubs.
Und auch in anderen Fällen wäre dieses Schicksal unsagbar traurig – aber nicht wirklich überraschend.