„Wenn der Kopf sagt „Geh!“, dann gehst Du los!“Sportdirektor Rico Rossi zur aktuellen Situation bei den Falken
Herr Rossi, beginnen wir mit der aktuellen Situation und Trainersuche. Letzte Woche sagten Sie zu mir, dass Gerd Wittmann nur eine Interimslösung ist. Mit dem derzeitigen Erfolg gibt es doch eigentlich keinen Grund, einen neuen Trainer zu verpflichten, oder?
Gerd ist nur Interimstrainer und das ist Fakt. Wir sind verdammt, froh einen solchen Mann in unserer Organisation zu haben, den wir anrufen können und der kommt und uns hilft. Natürlich hat er einen anderen Weg als Rossi, Latta oder sonst irgendein Trainer. Er ist ein erfahrener Trainer und unsere Jungs respektieren ihn. Wir arbeiten gut zusammen. Gerd organisiert das Training und ich mache viel mit dem Video. Bis jetzt haben wir ein sehr gutes Feedback, sowohl von der Mannschaft als auch durch die Ergebnisse. Aber noch mal: Gerd Wittmann ist nur eine Interimslösung.
Was hat sie vor der Saison sicher gemacht, dass Ken Latta der richtige Trainer für die Falken ist?
Wir haben uns zusammengesetzt und waren von ihm als Mensch und von seinen Ideen als Trainer überzeugt.
Mit den Falken hatte er zwar keinen Erfolg, sind Sie trotzdem weiterhin von den seinen Qualitäten als Coach überzeugt?
Kenny ist ein netter Mensch und ein toller Kerl. Seine Ideen haben aber in dieser Situation nicht gepasst. Wir alle wünschen ihm privat und beruflich alles Gute.
Gerd Wittmann ist ja nur hier, weil Sie Ken Latta entlassen bzw. beurlaubt haben. Stimmt es, dass Ken Latta bereits am 30.09. zum 31.10. gekündigt wurde?
Ja, das stimmt zu 100%.
Er hatte also eine Probezeit?
So ist das Geschäft. Er hat den Vertrag so unterschrieben. Er hatte das Recht zu sagen, dass er den Vertrag so nicht unterschreiben will.
Bei sportlichem Erfolg hätten die Falken die Kündigung dann auch zurückgenommen? War das Spiel in Dresden der Grund, dass er beurlaubt wurde?
Am 30.09. hatten wir von sechs Spielen ein einziges gewonnen. Da hat Ernst Rupp die Kündigung geschrieben, die wir bei sportlichem Erfolg definitiv zurückgenommen hätten. Bis zu dem Spiel in Dresden haben wir ein weiteres Spiel gewonnen, aber drei verloren. Das Dresden-Spiel, die 2:7 Niederlage, war nicht der alleinige Grund, es war der letzte Tropfen. Nach dem besagten Spiel hatten wir zwei Siege und acht Niederlagen. Da muss man handeln.
Von seiner Beurlaubung hat Ken Latta aus den Medien erfahren. Haben Sie Ihre Trainer über eine Pressemitteilung entlassen?
Nein! Es ist richtig, dass ich Kenny um 23.14 Uhr angerufen habe. Was er aber nicht gesagt hat ist, dass ich bereits um 19.06 Uhr mit ihm telefoniert habe. Bei diesem Gespräch habe ich ihm gesagt, dass wir uns Dienstagmorgen um 8 Uhr zusammensetzen müssen. Wir müssen unter vier Augen reden, da es so nicht weitergeht. Da aber die Presse von der Beurlaubung irgendwie erfahren hat, haben wir uns entschlossen, die Pressemitteilung schon rauszugeben.
Die Verpflichtung von Denis Shvidki und die nicht erteilte Arbeitserlaubnis sind ausführlich diskutiert worden. Wurde dessen Verpflichtung von Ernst Rupp getätigt und war der Vertrag bereits unterzeichnet, bevor Ken Latta Trainer der Heilbronner Falken wurde?
Fakt ist, der Vertrag von Denis Shvidki wurde nach dem von Ken Latta unterzeichnet. Das kann man an den Vertragsdaten eindeutig erkennen. Ken Latta haben wir im April präsentiert und Denis Shvidki Ende Mai bzw. Anfang Juni. Nachdem wir den Vertrag mit Kenny Latta unterzeichnet hatten, wurden alle Verpflichtungen mit ihm besprochen.
Er hat also einer Verpflichtung von Shvidki zugestimmt?
Er hat gesagt, dass er überhaupt keine Probleme mit Denis Shvidki hat.
Ist der Umstand, dass zu wenige Ausländer unter Vertrag standen, ein Grund für die schlechte Platzierung der Falken?
Nein! Sicherlich hatten wir geplant, mit fünf Ausländer bereits zum Saisonstart anzutreten. Aber im Sommer hatte sich in der Aufstellung der Sponsoren etwas geändert. Kenny hatte aber immer mehr als drei Ausländer zur Verfügung, das kann jeder nachlesen. Außerdem haben wir deutsche Spieler, die besser sind als manche ausländische Spieler in der Liga. Es gibt Mannschaften, die haben fünf Top-Ausländer und sind trotzdem schlechter aufgestellt als wir. Wir haben Robert Hock, Adriano und Fabio Carciola und wir hatten Michi Hackert, die sind genauso stark wie Ausländer. Entscheidend ist nicht die Staatsangehörigkeit, sondern einzig das Leistungsvermögen und da sind wir sehr gut aufgestellt.
Ken Latta kritisierte die sehr kurze Vorbereitung. Wie ist das genau abgelaufen?
Wir haben die Mannschaft zum 15. August zusammengerufen und haben medizinische Tests und Trockentraining gemacht, bis wir am 22. oder 23. August Eis hatten. Das haben wir Ken Latta bei dessen Vertragsunterschrift mitgeteilt. Dieser Plan wird außerdem seit vier Jahren so bei den Falken umgesetzt. Hinzu kam natürlich, dass der Saisonstart um eine Woche nach vorne verschoben wurde, aber da ist niemand für verantwortlich.
Haben Sie die Arbeit mit der Videoanalyse und das Konzept ihres ehemaligen Trainers ihm gegenüber beanstandet?
Ob er ein Konzept hatte oder nicht möchte ich nicht beurteilen, meine persönliche Meinung ist hier nicht wichtig. Wenn ich sage: Ja oder nein, sagt ein anderer eventuell das Gegenteil. Wir haben ihm nicht vorgeworfen, dass er dies nicht hat oder nicht macht. Wir haben ihm gesagt, dass er mit Videoanalyse arbeiten muss, das ist heutzutage ein grundlegender Teil in der Trainerarbeit. Ich werde als Sportdirektor keinen Trainer verpflichten, der nicht mit Videos arbeitet. In unserem Gespräch vor der Verpflichtung hat Ken Latta uns gesagt, dass er Videoanalysen in sein Training einbaut. Kenny hat einen anderen Weg damit zu arbeiten, als wir es in den letzten Jahren gemacht haben. Da haben wir ihn drauf hingewiesen, dass die Spieler das Video anders nutzen wollen. Wir haben ihn nicht kritisiert, aber darauf hingewiesen.
Ein paar Worte zur Mannschaft: Es ist auffällig, dass diese zu Ende eines Spieles oftmals einbricht. Woran liegt das?
Sicherlich müssen wir sagen, dass die Mannschaft einen Fitnessrückstand hat. Dies ist auch so ein Punkt: Ken Latta hatte mit der Firma Motsch und Easy Fit das beste Fitnessteam zur Verfügung. Wir haben die Spieler getestet und hatten Informationen, wie die Spieler im Sommertraining arbeiten sollen. Ken Latta hat entschieden, den Spielern keinen Sommertrainingsplan zu geben. Ich kann im Nachhinein nicht sagen, ob dies gut oder schlecht war, dies war alleine die Entscheidung des Trainers. Und das war vor dem Sommer Ken Latta.
Aber lassen Sie uns die Sache mit einer anderen Sichtweise betrachten: In Weißwasser lagen wir 2:0 in Rückstand und drehen im letzten Drittel das Spiel. Wenn man nicht fit ist, dreht man kein Spiel. Genauso gegen Bad Nauheim, da haben wir aus einem 1:3 ein 3:3 gemacht. In der Summe kann man sagen, dass dies ein Teil Fitness, aber auch ein Teil mental ist. Wenn Du unten in der Tabellen stehst, unter den Erwartungen, dann stehst Du unter Druck und der Kopf reagiert anders, als der Körper. Der Kopf ist ganz entscheidend, wenn der sagt „Geh!“ - dann gehst Du los. Es wäre zu einfach nur zu sagen, wir sind nicht fit.
Wir brauchen Zeit. Die ersten Spiele gehen nicht einfach aus unseren Köpfen raus. In den letzten Spielen sehen wir eine deutliche Steigerung, nicht nur von den Ergebnissen her, sondern auch und besonders im mentalen Bereich.
Viele Fans sagen, dass Stürmer fehlen, mit drei Sturmreihen kann man auf dem Niveau der DEL2 keine Spiele gewinnen. Was sagen Sie dazu?
Das stimmt. Uns fehlt Tiefe im Kader. Aber wir hatten das anders geplant. Wir wollten die Tiefe im Kader durch Förderlizenzspieler aus Mannheim generieren. Aber die haben nun große Verletzungssorgen, genau in dem Moment wo wir auch Probleme haben. Momentan ist es leider so wie es ist, die Adler können keine Spieler für uns abstellen. Seit Jahren läuft das doch so in Heilbronn, dass wir die Tiefe im Kader durch Spieler aus Mannheim bekommen.
Stimmt es, dass Sie Co-Trainer in Ihrem Arbeitsvertrag stehen haben?
Ja das stimmt. Ich stehe als Co-Trainer und Sportdirektor unter Vertrag. Wir haben Ken Latta vor der Saison gesagt, dass er das nutzen kann, wie er will. Er hat ja selber gesagt, dass er dumm wäre einen „Fachmann wie Rico Rossi“ nicht zu nutzen. Das ist übrigens ein Zitat, das hat er in einem Interview mit der Heilbronner Tageszeitung „Stimme“ gesagt. Er hätte jederzeit zu mir sagen können, dass er mich nicht als Co-Trainer will.
Wenn also der neue Trainer sagt, dass er Rico Rossi nicht als Co-Trainer braucht, weil er einen eigenen mitbringt, oder Training alleine macht, dann arbeiten Sie nur als Sportdirektor?
Moment, von einem „Eigenen“ weiß ich nichts, den müssten wir ja bezahlen, das ist eine andere Geschichte. (lacht)
Wenn der neue Trainer sagt, er will mich nicht als Co-Trainer, dann ist das absolut in Ordnung so. Er hat die gleiche Voraussetzung wie Ken Latta und Gerd Wittmann, er kann mich in Anspruch nehmen, wie er will.
Abschließende gefragt: Was können wir noch von den Falken erwarten?
Wenn wir die ersten zehn Spiele sehen, sind wir schlecht, richtig schlecht, darum stehen wir unten in der Tabelle. Wenn wir aber nur die letzten vier Spielen betrachten, sind wir absolut im Soll. Hätten wir immer so gespielt, auch in den ersten Spielen zu Saisonbeginn, wären wir nicht da unten. Sicherlich ist es nicht einfach für die Fans, dass wir unten in der Tabelle stehen. Aber acht Teams kommen in die Playoffs. Seit dem Trainerwechsel kassieren wir weniger Tore und somit steht unsere Abwehr stabiler. Wir sehen doch, dass unser Weg nach oben geht. Wir hatten aus den ersten zehn Spielen sechs Punkte. Vor dem letzten Spiel gegen Rosenheim haben wir auch sechs Punkte, aber aus den letzten vier Spielen!