Vom Aufschrei nach einer fragwürdigen Einladung

Es schien alles auf dem Weg zu sein – endlich auf dem richtigen Weg zu sein. Im Januar trafen sich Vertreter des Deutschen Eishockey-Bundes, der Eishockey-Spielbetriebsgesellschaft (ESBG) und der Landeseissportverbände, um über die Zukunft der Oberliga zu sprechen. Allen scheint klar zu sein, dass eine bundesweite Oberliga nicht mehr machbar ist. Immer weniger Vereine haben Interesse daran. In Hannover einigten sich alle Vertreter auf eine Reform: Die Oberliga sollte regionallisiert werden mit einer Süd-Gruppe unter Regie des DEB sowie einer Ost-Gruppe und einer Nordwest-Gruppe (Letztere mit getrennten Vorrundenspielen in Nord und West) jeweils unter Regie der LEVs. Schon jetzt organisiert ja der Berliner Verband die Regionalliga Ost, der LEV Niedersachsen die Regionalliga Nord und der LEV Nordrhein-Westfalen die Regionalliga West. Die Meister dieser drei Oberliga-Staffeln sollten schließlich den Aufsteiger in die 2. Bundesliga ermitteln. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung im März müsste „nur“ noch die Entscheidungen absegnen.
Doch nun geht ein Aufschrei durch den Osten, Norden und Westen der Republik. Die Einladung des DEB zur Versammlung am 27. März in München ist eingetroffen. Dabei ist von einer Oberliga Süd und einer Oberliga Ost die Rede – beide (!) unter DEB-Regie. Der Norden und der Westen werden nicht einmal erwähnt. Entgegen der protokollierten Beschlüssen von Hannover. Und um es noch einmal zu betonen: Der DEB war in Hannover dabei. Das hieße: Ein Verein aus dem Norden oder Westen könnte nicht in die 2. Bundesliga aufsteigen. Ein Verein aus dem Norden oder Westen, der aus der 2. Bundesliga abstiege, könnte nicht in diese Spielklasse zurückkehren. Doch noch haben die Mitglieder des DEB, also die Vereine und die Landeseissportverbände die Möglichkeit, ihre Vorstellungen am 27. März zu beschließen. Würde sich die offenbar jetzige DEB-Sicht durchsetzen, wäre das wohl ein weiterer Meilenstein auf dem Weg des deutschen Eishockeys in die Bedeutungslosigkeit.
Kommentar:
Man will es einfach nicht glauben. Man sieht es, man liest es – nur glauben will man es nicht. Seit Jahren krankt die Oberliga, seit Jahren gibt es keinen vernünftigen Unterbau für die 2. Bundesliga, weil der DEB offenbar an Vorgaben für den Spielbetrieb in der Oberliga festhalten will, die seit Jahren die Vereine aus der Oberliga fernhalten. Und als endlich Beschlüsse zu einer sinnvollen Reform der Oberliga gefasst werden sollen, die die Landeseissportverbände, die ESBG und der DEB (!) in Hannover vereinbart haben, entschließt sich der DEB offenbar zu einem Alleingang und brüskiert die Vereine der halben Republik – oder mehr. Denn selbst im Osten ist keine DEB-Oberliga gewünscht, die Liga soll auch dort nach dem Willen der Vereine durch die LEVs organisiert werden. Wie sonst sollten Vereine wie Niesky oder Jonsdorf, die durch ihre Kooperation mit beziehungsweise Nähe zu Weißwasser das Eishockey tatsächlich leben, im Stande sein, Eishockey auf Oberliga-Niveau zu bieten.
Ganze Landeseissportverbände, ganze Regionen Deutschlands aber aus der Ligenstruktur herausdrängen zu wollen, ist gelinde gesagt eine Frechheit. Diese Verbände nicht einmal von offenbar konträren Vorstellungen zu informieren, sondern entgegen der gemeinsam beschlossenen Reformvorschläge plötzlich eine andere Tagesordnung schreiben zu wollen, ist an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten.
Es ist das gute Recht, der Verantwortlichen des DEB zu gewissen Punkten andere Meinungen zu haben. Diese aber auf diesem Wege kundzutun, hat nichts mehr mit Verantwortlichkeit zu tun. Das ist das genaue Gegenteil. Angesichts der Lage des deutschen Eishockeys mit einer ungeheuer wackligen Ligenstruktur, sinkenden Zuschauerzahlen, die auch darauf zurückzuführen sind, dass die Verbandsoberen undurchsichtig handeln – wie exakt in diesem Punkt – und der stete Stillstand der Nationalmannschaft, angesichts all dessen schaden die Handelnden des DEB dem deutschen Eishockey.
Der Deutsche Eishockey-Bund hat für alle seine Vereine, für alle seine Landeseissportverbände da zu sein, hat das Wohl all dieser im Auge zu behalten, und nicht regionale Klientelpolitik zu betreiben. Wenn der Präsident und eventuell andere Vorstandsmitglieder des Deutschen Eishockey-Bundes – und um das zu betonen: des gesamtdeutschen Eishockey-Bundes – sich nicht in der Lage sehen, diese Pflichten wahrzunehmen, weil eine Mehrheit der Vereine eine Reform wünscht, die sie offenbar nicht in allen Punkten mittragen wollen, dann bleibt diesen Vorstandsmitgliedern des DEB nur ein Schritt:
Der Rücktritt, bevor noch größerer Schaden am deutschen Eishockey verursacht wird.
Zu den Oberliga-Reformvorschlägen von Hannover gibt es keine (!) vernünftige Alternative.
Sie nicht umzusetzen, hieße vielen Vereine existenzielle Probleme zu bereiten, die so nicht zu verantworten sind. Bleibt zu hoffen, dass die Vereine aus allen Regionen – aus dem Norden, Westen, Osten und aus dem Süden – solidarisch miteinander sind.
(Friedhelm Thelen)