U18 WM: Was fehlt den Deutschen im Vergleich mit der Weltklasse
Continental-Cup-Finale in UngarnIn Teil 2 der Nachbetrachtung der U18 WM geht es um den deutschen
Nachwuchs. Was fehlt den Deutschen Nachwuchsspielern im Vergleich mit
der Weltklasse, welche Talente haben die größten Perspektiven?
Was fehlt den Deutschen Nachwuchsspielern im Vergleich mit der Weltklasse?
Immer wieder suche ich nach Gründen wieso die Deutschen Spieler
schlechter sind als diejenigen der Top-8-Nationen. Fakt ist, dass die
Deutschen im Durchschnitt einen deutlich tieferen „Skill-Level“
(Talentniveau) aufweisen als die Weltklassejunioren. Sie haben in der
Regel „hölzerne Hände“ und auch schlittschuhlauftechnisch weisen sie
grössere Defizite auf. Sie werden durch „Powerskater“ aus Nordamerika
und/oder durch die kleinen aber feinen Körpertäuschungen der Russen
regelmässig überfordert. Die Scheibenkontrolle ist zu bemängeln wie
auch die Schusstechnik. Die mangelnde Scheibenkontrolle führt dazu,
dass kaum je ein Deutscher eine 1:1-Offensivaktion für sich entscheiden
und/oder dadurch Sekundenbruchteile und dadurch Optionen gewinnen kann.
Zudem beherrscht kaum ein junger Deutscher Spieler den im Eishockey
immer wichtiger werdenden Direktschuss. Verstehen Sie mich bitte nicht
falsch, dieses harte Urteil ist nur gerechtfertigt wenn ich mit der
absoluten Weltklasse vergleiche. Falls wir uns damit zufrieden geben,
die Schweizer und die Oesterreicher zu besiegen dann muss ich meine
Aussagen selbstverständlich relativieren; aber besser zu sein als die
Nachbarn kann ja wohl nicht das langfristige Ziel sein.
Was ist zu tun?
Meiner Meinung nach muss in der Ausbildung wesentlich mehr Gewicht auf
die „Skillsentwicklung“ gelegt werden. Uebungen, ja sogar Drills nach
alter Sowjetischer Schule betreffend Stocktechnik sind gefragt. Zudem
muss auf die Kraftentwicklung in den Beinen geachtet werden. Vor allem
Beine, Hüfte und Rumpf, weniger im Oberkörper. „Legmuscles are for
hockey, the upper body is for the beach…“. Zudem ist es aus meiner
Sicht angebracht, die Jugendtrainer anzuweisen, offensives, aggressives
Tempohockey zu praktizieren. Nur in diesem Umfeld werden Spieler
entwickelt. Mit defensivem „Trapping“ und Steuerspiel erzielt man zwar
Resultate aber man produziert keine Spieler!
Lassen wir uns von den Ausnahmeerscheinungen wie Sturm, Hecht, Ehrhoff
, Goc und Seidenberg nicht blenden. Das Durchschnittsniveau im
Deutschen Junioreneishockey ist im Weltklassevergleich schwach. Nur die
Wahrheit ist würdevoll und nur die Wahrheit bringt das Deutsche
Eishockey nach vorne.
Die Deutschen Spieler des Jahrgang 87:
Philippe Gogulla, Kölner Haie, hat bestätigt, dass er der erste
Deutsche Spieler sein könnte, der im nächsten Draft gezogen wird. Ich
gebe ihm gutes „Midround-Potenzial“. Der frühe Favorit Christoph Gawlik
(Eisbären Berlin) musste leider verletzungsbedingt auf die U18-WM
verzichten. Seine für die NHL (zu) knappe Körpergrösse hat gepaart mit
seinen bedeutenden Verletzungen (Schulter und Bein) in dieser Saison
auf sein Draftranking gedrückt. Er ist und bleibt aber eine so genannte
„Wildcard“ für den Draft. Ich mag den (zu) kleinen aber furchtlosen
Gawlik sehr, sein Zug aufs Tor hat schon fast Nordamerikanischen
Zuschnitt und mit seinen kräftigen Beinen und seinem tiefen Schwerpunkt
erinnert er mich an einen Feuerhydrant. Zudem kämpft er wie ein
Pit-Bull und sein Skill-Level ist selbst im internationalen Vergleich
OK. Für seinen abrasiven Spielstil bezahlt er aber einen hohen Preis.
Seine häufigen Verletzungen sind vielleicht nicht nur Pech.
Trotzdem: Ich gönne Christoph Gawlik eine lange, erfolgreiche Karriere.
Philippe Gogulla hat das Potenzial zum so genannten Powerforward. Er
hat einen NHL-Körper und wenn er mal in Bewegung ist, ist er schwer zu
stoppen, sein Skating ist kraftvoll. Gogulla ist eine Macht entlang der
Bande und im Infight und zeigt auch eine gewisse Spielübersicht. Sein
Schlagschuss ist auch nicht von schlechten Eltern. Er muss aber noch an
seiner Beschleunigung aus dem Stand arbeiten und auch mit dem Scoring
bin ich noch nicht zufrieden. Seine Hand-Skills sind zwar OK aber
sicher auch noch verbesserungswürdig.
Der wohl „smarteste“ Deutsche Spieler mit dem Jahrgang 87 ist aber
Felix Schütz. Sein Skating ist gut bis sogar sehr gut, seine
Beschleunigung vom zweiten in den dritten Gang ist exzellent und Schütz
ist immer in Bewegung. Er verhält sich sehr clever entlang der Bande
und ist auch durch körperlich überlegene Gegner schwer zu stoppen.
Felix Schütz ist der frühe Favorit für die Deutsche Draftliste 2006.
2006 wegen seinem späten Geburtstag, d.h. Schütz geht erst ein Jahr
später in den NHL-Draft als Gawlik und Gogulla. Zwei weitere Stürmer
mit Aussenseiterchancen für eine NHL-Karriere sind Sandro Schönberger
und Thomas Pihlmaier. Beide haben gewisse offensive Fähigkeiten auch
wenn ich bei Schönberger die letzte Konsequenz vor dem Tor vermisse und
ich mit der Entwicklung von Pihlmaier in den letzten 12 Monaten nicht
so ganz zufrieden bin.
Verteidiger? Ja, ein Spieler steht bei mir ziemlich hoch im Kurs: Es
ist Florian Ondruschka aus Selb, ein Spieler zwar ohne herausragende
Stärken aber auch ohne nennenswerte Schwäche. Er spielt clever und
beständig, trifft meistens die richtigen Entscheidungen auf dem Eis und
ist schwer zu schlagen in 1:1-Situationen. Er setzt den Körper gut ein
und kann das Spiel gut lesen. Andererseits muss er noch an seiner
Schusstechnik arbeiten.
In den nächsten Tagen werden wir die Nachbetrachtung des Turniers mit
einer ausführlichen Analyse der deutschen Mannschaft, Geschehnissen am
Rande und einer Betrachtung der Top-Prospects fortsetzen. Zudem werden
wir Thomas Roosts "Puck Dreams - der steinige Weg in die Big League,
die NHL" vorstellen.
Teil1: "Nachbetrachtung der Junioren U18-WM in Pilsen und Budweis" lesen...