Teamcheck SC Riessersee: Zurück in die Zukunft: Wiedergutmachung durch Traditionspflege!DEL2-Saison 2013/14

Unser Tipp:
Toni Krinner ist mit dem gewohnt schmalen Budget des SCR eine konsequent durchdachte Kaderzusammenstellung gelungen, die sein geordnetes lauf- und kampfintensives Spielsystem diszipliniert umzusetzen vermag. Das Erreichen der Playoff-Plätze als ausgegebenes Ziel sollte für das Team kein Problem darstellen. Wenn es gelingt, die glückliche Spielplangestaltung für einen guten Saisonstart zu nutzen, eine neue Euphorie im Umfeld zu entfachen und Geschäftsführer Ralph Bader diesmal auch bei etwaig aufziehenden Winterstürmen Geduld mit Trainer und Team behält, ist dem Traditionsverein seit langem wieder ein guter Mittelfeldplatz zuzutrauen.
Die Lage:
Der traditionsreiche SCR feiert in diesem Jahr sein 90. Gründungsjubiläum. Zehn deutsche Meisterschaften, die letzte vor 32 Jahren errungen, zieren seinen Weg. Da traf es sich gut, daß vor zwei Jahren immerhin die deutsche Oberligameisterschaft und der direkte Wiederaufstieg eingefahren werden konnten. Doch für neue Euphorie sorgte dieser Erfolg nicht. So sank der Zuschauerschnitt in den vergangenen drei Spielzeiten um über 500 Besucher; im letzten Jahr verloren sich durchschnittlich 1.420 Zuschauer im Olympia-Eissportzentrum, das angesichts seiner Kapazität von 7.000 Plätzen so schnell zum stimmungslosen "Eiskeller" mutierte - wie sehr sich die treuen Fans auch mühen.
Die als eigenwillig bekannten Werdenfelser haben also noch keinen rechten Frieden geschlossen mit der SCR Vermarktungs-GmbH, die seit 17 Jahren den Profi-Spielbetrieb organisiert und von Ralph Bader nun im zehnten Jahr geführt wird. Auch zwischen Verein und GmbH soll es immer mal wieder rumpeln. Da könnte das Jubiläum nun gerade zur rechten Zeit dafür sorgen, wieder aufeinander zuzugehen. Immerhin hat die SCR-Familie jüngst gemeinsam Geburtstagsfeierlichkeiten organisiert. Und die Motivation ist groß, die letzte Katastrophensaison schnellstmöglich vergessen zu machen, als die Insolvenz der Hannover Indians den eigenen Abstieg verhinderte. In ihr stand Zirkus eher im Mittelpunkt, als sich in Europa urlaubende ausgesperrte Cracks der nordamerikanischen Profiliga NHL, sowie drei Trainer die Klinke unter der Zugspitze in die Hand gaben. Die Lehren will man gezogen haben und mit einem konsequent auf Tradition ausgerichteten Konzept in die Zukunft schreiten.
Eine Schlüsselfunktion wird dabei Toni Krinner als Trainer zukommen, der Mitte Januar das Zepter von Interimscoach Marcus Bleicher nach der Entlassung des erst zu Saisonbeginn geholten Axel Kammerer übernahm. Mit ihm wurde die verkorkste Spielzeit wenigstens mit Anstand in Stabilität zu Ende gebracht. Dem 46-jährigen Ex-Nationalspieler, der auch als Trainer bereits auf mehrere Jahre Erstligaerfahrung bei den Grizzly Adams Wolfsburg und den Hannover Scorpions blicken kann, gelang zum ersten Mal seit sieben Jahren das Kunststück, den Garmischer Sommer auf dem Trainerstuhl zu überstehen. Vielleicht ist es dem Oberbayern aus Bad Tölz vergönnt, die dringend notwendige Konstanz in die sportliche Arbeit des Altmeisters zu bringen. Dabei setzt er nicht nur auf die bayerische Karte, sondern folgt bei der Kaderzusammenstellung auch konsequent seinem Spielkonzept. So ist schon jetzt seine klare, geordnete Handschrift auf dem Eis zu erkennen.
Zwölf Spieler durchliefen den Riesserseer Nachwuchs, auch die fünf anderen deutschen Spieler haben ihre Wurzeln in Bayern und der deutsch-amerikanische Kapitän Tim Regan ist längst "eingemeindet". Dies sollte eine hohe Identifikation im Werdenfelser Land mit dem Team schaffen. Fünf sorgsam ausgewählte Kontingentspieler vervollständigen den Kader. Krinner legt Wert auf eine starke Defensive und hat hierfür in Torwart Bryan Hogan den Anker gefunden. Die acht Abwehrpositionen sind ausnahmslos bayerisch in guter Altersstruktur besetzt, so dass stets mindestens drei solide Verteidigungsreihen aufgeboten werden können. Folglich stehen im Angriff vier Ausländer zur Verfügung. Schlagen diese ein, wie die Vorbereitungseindrücke das vermuten lassen, so suchen die ersten drei Angriffsreihen in der Liga ihres gleichen. Zudem kann Krinner für sein laufintensives, kampfbetontes Spiel auf eine vierte Sturmreihe zurückgreifen, um Entlastung für die lange Saison zu schaffen. In jedem Fall wurde mit einem der kleinsten Etats der Liga ein sicher schlagkräftiges Ensemble zusammengestellt.
In der Vorbereitung mass sich der SCR ausnahmslos mit höher klassigen Gegnern. Nur einmal, gegen den österreichischen Meister des vorletzten Jahres, gegen die Black Wings aus Linz, ließ man bei der 2:4 Niederlage mehr als zwei Gegentore nach 60 Minuten zu. Die Thomas Sabo Icetigers aus Nürnberg wurden mit 2:0 bezwungen. All diese Spiele zeugen von der defensiven Qualität und Disziplin des Teams.
In die Saison starten die Mannen vom Riessersee mit fünf Heim- und nur zwei Auswärtsspielen. Nach dem oberbayerischen Derby gegen die Starbulls aus Rosenheim und dem folgenden Heimspiel-Wochenende gegen Meister Bietigheim und den Champion Landshut aus der Saison 2011/2012 kann sich bereits der Weg des Teams weisen. Von einem guten Start könnten die Krinner-Jungs nicht nur sportlich zehren, sondern damit vielleicht sogar eine neue Euphorie im Umfeld entfachen, die durch eine erfolgreiche Saison trägt.
Der Kader:
Tor: Nach dem Abgang von Markus Keller ist den Werdenfelsern für das Tor mit dem 24-jährigen Amerikaner Bryan Hogan vom dänischen Vizemeister Frederikshavn Whitehawks ein echter Glücksgriff gelungen. Mit seinem ruhigen Spiel brachte er die Gegner bei einem Gegentorschnitt von 1,87 in der Hauptrunde und 1,69 in den 16 Playoff-Spielen in seiner ersten Europa-Saison reihenweise zur Verzweiflung. Und auch in seinen bisherigen 5 Vorbereitungsspielen trafen die ausnahmslos höher klassigen Gegner bei zwei zu-null-Spielen nur 1,6-mal ins Schwarze. Er wird dem Team nicht nur Sicherheit geben, sondern hat auch das Zeug zum Match-Winner. Als "Backup" geht der 20-jährige Korbinian Sertl in seine zweite Spielzeit am Riessersee.
Verteidigung: In der Defensive setzt der Traditionsverein voll auf die bayerische Karte: Mit dem 32-jährigen Daniel Hilpert und dem 27-jährigen Peter Baumgartner kehren zwei gestandene DEL-erfahrene Mannsbilder zurück in weiß-blaue Gefilde. Sie ersetzen die Kontingentspieler Jared Ross und Mike Devin. Zudem erhält das Eigengewächs Marcus Weber eine Förderlizenz der Thomas Sabo Icetigers, und der 22-jährige Füssener Julian Eichinger, immerhin schon mit fünf Jahren Erfahrung in Deutschlands drei höchsten Ligen, kommt von den Hannover Indians an den Riessersee. Sie übernehmen damit die Plätze der abgewanderten Youngster Pascal Zerressen und Matthias Mayr. Zusammen mit Sepp Staltmayr, Peter Kathan, Sebastian Eickmann und Benedikt Kastner stehen Krinner die Bausteine eines Abwehrmassivs zur Verfügung, das nur schwer zu knacken sein wird. Einzig die Offensivkraft dieses Ensembles könnte ein bisschen zu wünschen übrig lassen, wenngleich Baumgartner bislang ein Viertel der SCR-Vorbereitungstreffer beizusteuern vermochte.
Sturm: Nach dem bunten, aber recht konzeptlosen Ringelreihen der vergangenen Saison erhält der Werdenfelser Angriff eine klare Struktur. Neben vier neuen Kontingentspielern und dem "Ohlstädter Urgestein" Tim Regan, der eine weitere Saison an seine erfolgreiche Karriere hängt, steht eine gesunde Altersmischung von Spielern, die allesamt die eigene Nachwuchsschule durchliefen. An der Spitze steht natürlich die Rückkehr von Liga-Topscorer Lubor Dibelka nach einem einjährigen Gastspiel in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Den Goldhelm des Punktbesten könnte ihm der 26-jährige US-Amerikaner Robby Dee streitig machen, der aus der nordamerikanischen ECHL (East Coast Hockey League) erstmals nach Europa kommt und an über der Hälfte aller Vorbereitungstreffer seines Teams beteiligt war. An seiner Seite stürmt zumeist der "Wikinger" Morten Lie, der nicht nur wegen seiner auffällig aus dem Helm wuchernden roten Haarpracht, sondern auch wegen seiner nimmermüden, kampfbetonten schnellen Spielweise das Zeug zum Publikumsliebling hat. Der 27-jährige Däne kommt mit Torwart Hogan von dänischen Vizemeister Frederikshavn. Gleichaltrig wie Dee, aber mit noch beindruckerenden Statistikwerten von über einem Punkt pro Spiel zieht auch dessen Landsmann Andy Bombach aus der ECHL an die Zugspitze. Die Eigengewächse Florian Vollmer, mit Regan bester deutscher SCR-Scorer der vergangenen Saison, Michael Rimbeck, Maximilian Kastner und Florian Thomas erhalten Verstärkung vom DEL-erprobten George Kink und den Youngstern Markus Eberhardt, Valentin Gschmeißner und Florian Imminger. Mit ihnen erhält der Sturm des Altmeisters eine qualitativ starke Tiefe, durch die das laufintensive schnelle Spielkonzept Krinners über die Saison getragen werden kann. Die Abgänge des letztjährigen Top-Scorers Michael Kreitl, aber ebenso von David Appel, Andrew Lord, Joe Devin (während der Saison), Justin Zilla, Benjamin Barz, Martin Pfohmann und all der zeitweise in Garmischer Diensten stehenden NHL-Angreifer Erik Condra, Matt D'Agostini, Adam Henrich, Jacob Morissette sowie Goalie Rick Di Pietro dürften somit schnell vergessen sein.
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