Starbulls erstreiten Sieg am „grünen Tisch“Rosenheim - Riessersee 1:0 abgebrochen
Betrachten wir kurz das wenige Sportliche: Riessersees 19-jähriger Stürmer Markus „Peppi“ Eberhardt war mutig genug, sich in eine Torwartausrüstung stecken zu lassen und den Schüssen der Starbulls entgegenzutreten. Aufgrund einer Strafzeit gegen die Werdenfelser waren dies schnell sehr viele; unter anderem traf ihn ein Geschoss von Robin Weihager an der Schulter. Er hielt noch durch, doch kurz darauf musste er sich Shawn Weller geschlagen geben, fuhr zur Spielerbank und konnte nach kurzer Untersuchung nur noch passen. Der SCR verließ das Eis, bekam dafür eine Bankstrafe und das Spiel wurde daraufhin abgebrochen.
Wie kam es zu dieser Farce? Am Vortag informierte Garmischs Geschäftsführer Ralph Bader seine Rosenheimer Kollegen über die Spielunfähigkeit seiner vier Torhüter: Bryan Hogan fällt schon seit Wochen mit einer Syndesmoseband-Verletzung aus. Der erstligaerfahrene Münchner Förderlizenz-Goalie Niklas Treutle wurde aufgrund einer Schnittwunde an der Hand von seinem Münchner Stammverein ebenfalls verletzt gemeldet. Korbinian Sertl, der vor Wochenfrist Vater des Garmischer Auswärtssieges in Rosenheim war, ist ebenso erkrankt, wie der vierte lizenzierte Torwart Daniel Schmidt. Bader bat um eine Spielverlegung. Rosenheim verweigerte sich dem Ansinnen „aus wirtschaftlichen Gründen“, wie uns ihr 2. Vorstand, Karl Aicher, auf Nachfrage erklärte. Zuvor ließ er bereits auf der clubeigenen Homepage verlauten: es gebe kein Anrecht auf eine Spielverlegung und jeder Club sei für eine spielfähige Mannschaft selbst verantwortlich. Außerdem gebe es „keinerlei Spielraum für einen adäquaten Ersatztermin“ und die Liga habe eine Verlegung auch abgelehnt.
DEL2-Spielleiter Jörg von Ameln waren für eine Spielverlegung die Hände gebunden: „Wir können nur Spielverlegungen anordnen, wenn der Wunsch mindestens vier Wochen vorher an uns herangetragen wird. Ansonsten müssen die beteiligten Vereine zustimmen“, erklärte er die Bestimmungen. Eine Spielverlegung wäre terminlich unproblematisch gewesen: „Da hätten die Clubs noch freie Auswahl gehabt.“
Aicher monierte uns gegenüber, „Bader hat keinen Heimspieltausch vorgeschlagen, um den wirtschaftlichen Nachteil eines Dienstagspiels für Rosenheim zu vermeiden.“ Er selbst habe eine solche Forderung gegenüber seinem Kollegen nicht zur Sprache gebracht: „Warum sollte ich das tun? Die wollten doch was von uns“, schilderte er uns seine Haltung. Bader bestätigt ebenfalls, dass eine solche Möglichkeit gar nicht zur Sprache gekommen sei: „Diesem Anliegen hätten wir uns nicht widersetzt!“ Davon scheint Aichers Vorstandskollege Wilhelm Graue jedoch im Ungewissen geblieben zu sein, so behauptete er noch nach Spielschluss gegenüber einem örtlichen Radiosender, dass „seines Wissens“ Bader einen solchen Tausch abgelehnt habe. - Kommunikationsprobleme im Rosenheimer Vorstand? Oder werden dort eigene Süppchen gekocht?
Wirtschaftlich war die Aktion nun jedenfalls ein Rosenheimer Eigentor, denn die Verantwortlichen entschieden kurz nach dem Abbruch, jede Eintrittskarte des Spiels kostenfrei gegen eine solche für das übernächste Heimspiel gegen die Lausitzer Füchse zu tauschen. „Sportlich“ hat man aber auf diesem Wege drei wichtige Punkte eingefahren, mit denen unter normalen Umständen nicht unbedingt zu rechnen gewesen wäre, schließlich konnten die Werdenfelser drei der bisherigen vier Auseinandersetzungen auf dem Eis für sich entscheiden.
Bemerkenswert war auch Aichers öffentlicher Vorschlag, Riessersee könne ja einen 16-jährigen Jugendtorwart einsetzen. Das hätte Rosenheim auch schon mal getan und sei nicht abgestiegen: „Man muss auch mal einem jungen Torwart vertrauen!“ - Eine solche Nachlizenzierung ist aber nach dem 31. Januar 2014 gar nicht mehr möglich und: Bei „dem Jugendtorwart“ handelt es sich um ein 16-jähriges Mädchen. Derweil glaubt Graue nach dem Spiel, dass gegen Riessersee weitere „Untersuchungen von der Liga eingeleitet werden müssen“, weil ein solches Verhalten nicht zu akzeptieren sei.
„Die Regel lautet '1+9', nicht '0+20' - ohne Torhüter kann man nicht spielen. Es ist eine Schande, dass wir es immer wieder schaffen, Eishockey negativ in die Schlagzeilen zu bringen“, veranschaulichte andernorts Landshuts Trainer Andreas Brockmann, was er vom Verhalten der Inn-Städter hält, sich einer Spielverlegung verweigert zu haben. Und Landshuts Geschäftsführer Christian Donbeck ergänzte: „Für uns wäre eine Verlegung keine Frage, sondern eine Selbstverständlichkeit gewesen. So kann man im Sport nicht miteinander umgehen. Man darf nicht 'Miteinander' predigen und gegeneinander handeln“, fand auch er deutliche Worte für den Eklat. Scharf und entschieden kritisierte auch Heilbronns Trainer Igor Pavlov das Rosenheimer Verhalten: „Bei aller Rivalität: man muss im Sport immer fair bleiben. Und das hat etwas mit dem Charakter von Menschen zu tun – ich würde in einer solchen Situation dem Gegner immer entgegen kommen“, war er fassungslos ob der oberbayerischen Vorgänge.
„Der Herr Bader kann sich jetzt nirgendwo mehr in der DEL2 sehen lassen“, orakelte Aicher sehr persönlich – wenn er sich in dem Punkt mal nicht getäuscht hat...
Tore: 1:0 (3.) Weller (Weihager) 5-4
Strafen: Rosenheim 0, Riessersee 4
HSR: Bidoul; LSR: Bertele, Haas
Zuschauer: nicht angegeben