Sensationssieg ohne fünf Leistungsträger - 4:1 gegen Steelers

Wenn man vor der Begegnung die Verletztenliste der Tölzer Löwen gesehen hat, konnte einem Angst und Bange werden. Sie las sich wie folgt: Trevor Demmans, Handbruch, mehrwöchige Pause; Derek Mayer, Bänderverletzung im Knie, mehrtägige Pause; Florian Zeller, grippaler Virus - Einnahme von Antibiotika, Einsatz ausgeschlossen; Sebastian Klett, Knieprobleme, Einsatz unwahrscheinlich und zu guter Letzt musste Kapitän Florian Leitner mit einer Muskelverletzung im Oberschenkel passen. Und das gegen die Bietigheim Steelers, die den Löwen von vornherein nicht so liegen und bisher alle neun möglichen Punkte einheimsten. Improvisieren war angesagt für Löwen-Dompteur Hans Rothkirch. Die beiden Christians, Urban und Curth rückten in die Verteidigung, letzterer übernahm die Kapitänsbinde. Im zweiten Angriff wurden Andi Kruck und Peter Erlacher an die Seite von Morgan Warren gestellt. Florian Curth, Josef Kottmair und der erst 17-jährige DNL-Spieler Michael Baindl bildeten die dritte Formation.
In den ersten Minuten war die Rumpfmannschaft der Tölzer verständlicherweise darauf bedacht, die Scheibe vom eigenen Gehäuse fernzuhalten. Die Gäste meinten gegen diesen dezimierten Gegner im Schongang zum Erfolg zu kommen. Sie waren zwar feldüberlegen, torgefährlich jedoch keineswegs. Erst nach dreizehn Minuten kamen die Steelers zu ihrer ersten Großchance, Schiedrichter Breiter entschied nach einer Notbremse von Peter Kathan auf Penalty. Eine vorzügliche Gelegenheit zur Führung, hätte nicht ECT-Schlussmann Couture dem ausführenden Andrej Kovalev einfach die Scheibe von der Kelle stibitzt. Im Gegenzug kam Stimmung auf. Der noch nicht ganz volljährige Michael Baindl, Sohn des Tölzer Jugendleiters und für gewöhnlich Stürmer in der DNL-Mannschaft der Löwen, versenkte ein Zuspiel von Florian Curth. Erstes Tor im zweiten Einsatz. Bereits zwei Tage zuvor debütierte Baindl in Weiden. Das schien die Schwaben etwas verunsichert zu haben. In diesem Abschnitt brachten sie jedenfalls nichts Zählbares mehr zu Stande. Dafür allerdings kurz nach Wiederbeginn. Einmal hatte die wacker kämpfende, gelb-schwarze Defensive nicht aufgepasst, schon stand Darren Ritchie frei vor Couture und ließ diesem keine Abwehrmöglichkeit. Die Antwort der Buam war a la bonheur. Der flinke Peter Erlacher setzte sich auf der linken Seite durch und fand dazu noch Morgan Warren in der Mitte. Der junge Kanadier lupfte die Scheibe über den herauseilenden Scott Fankhouser unter die Latte. Das fachkundige Publikum wusste um die eigentliche Ausweglosigkeit ihrer Mannschaft und unterstützte sie nach Leibeskräften. Das Team von Danny Naud schien mit ihrem im Vorfeld diskutierten Biorythmus Probleme zu haben. Ein Bemühen konnte man ihnen nicht absprechen, doch Entschlossenheit sieht anders aus. Kamen sie doch einmal bis vors Tölzer Gehäuse, zeigte Patrick Couture zum unzähligsten Male in dieser Saison seine herausragende Klasse. Als die Uhr eine Analogie von Minuten und Sekunden zeigte (32:32), nährten die Buam die Hoffnung auf eine Sensation. Bei einem Konter trieb Rod Stevens unnachahmlich den Puck über das Spielfeld und fand in Jeffrey Hoad einen hellwachen Abnehmer. Ende des Drittels verbuchte Couture zwei Big-Saves gegen Kovalev. Von dessen ansonsten kongenialen Sturmpartnern Ritchie und Teeple war nichts zu sehen. Sebastian Kottmair hätte bei einem weiteren Gegenzug bereits alles klar machen können, fast müssen. Fankhouser war im letzten Moment zur Stelle.
Der Schlussabschnitt war ein Offenbarungseid des Bietigheimer Angriffspiels. Gerade einmal zwei Möglichkeiten konnten sie sich erspielen. Bei der gefährlichsten Einschussgelegenheit wurde Robert Brezina erneut von Couture gestoppt. In den beiden finalen Zeigerumdrehungen ging Gästecoach Danny Naud volles Risiko und brachte den sechsten Feldspieler. Gefruchtet hat diese Maßnahme nicht. Rod Stevens und Morgan Warren befreiten sich ein letztes Mal aus der lediglich latenten Umklammerung und gönnten Jeffrey Hoad das empty net-Goal. Danny Naud, der sich nicht wenig Spott hat anhören müssen, prangerte an, seine Mannschaft hätte nur zwanzig Minuten mitgespielt. "Es ist der Wurm in der Mannschaft" .Die Schuld an der nicht zustande gekommenen Spielverlegung wies er aber von sich. Hans Rothkirch schüttete wie gewohnt ein pauschales, jedoch dickes Lob an die gesamte Mannschaft aus. "Wir hatten zwar unglaubliche Ausfälle zu verkraften, aber mia san halt Tölzer", waren seine Worte in Bezug auf die kämpferische Glanzleistung seiner Buam. Die anschließende Stadionabschiedsparty mit Freibier nahmen die Zuschauer wohlwollend an, auch wenn kommenden Freitag der ECT Crimmitschau als letzter Gegner noch einmal an der Peter-Freisl-Straße antreten muss. Ob sich die Spieler der Steelers auch an den Feierlichkeiten beteiligten, erschien im Hinblick auf ihren sensiblen Biorythmus fraglich. (orab)