Schiedsrichter berauschen sich an körperlosem Spiel2. Bundesliga: Finale 5. Spiel

Cannibals-Torhüter Sebastian Vogl - Foto: Roland Krivec - www.stock4press.deCannibals-Torhüter Sebastian Vogl - Foto: Roland Krivec - www.stock4press.de
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Ein Missverständnis, das die Gemüter in Oberbayern in den letzten Tagen beherrschte, wurde noch rechtzeitig vor Spielbeginn geklärt: Der Rosenheimer Orakel-Hund Grisu wurde vor dem letzten, verlorenen Heimauftritt der Starbulls nur falsch verstanden. Er schnupperte zwar zuerst am Napf mit dem Rosenheimer Emblem, fraß dann aber zuerst aus dem Cannibals-Topf. Und so verlief ja auch das vierte Finale, mit Führung für die Oberbayern und anschließender Niederlage. Diesmal war die Wahl des kleinen braun-weißen Vierbeiners aber eindeutig, stürmte er doch direkt auf den Starbulls-Napf und leerte ihn, bevor er seinen Hunger auch beim Landshuter Töpfchen stillte. Entsprechend war die Siegesgewissheit, die mit den Grün-Weißen in die Drei-Helme-Stadt reiste.

Dort vertrat bei den Hausherren Nico Krämmer den für zwei Spiele gesperrten Peter Abstreiter auf der linken Seite der ersten Reihe. Im übrigen blieb bei beiden Teams personell alles wie gehabt: Markus Welz ersetzte den auf die Reservebank versetzten Steve Hanusch in der ersten Verteidigung der Cannibals. Michael Baindl spielte am Platz des verletzten Top-Torjägers Patrick Asselin im ersten Sturm der Gäste.

Hielten sich die Starbulls anfangs noch an das Gesetz der Finalserie, in Überzahl keine Tore zu schießen, läuteten die Isar-Kannibalen wenig später einen radikalen Umschwung ein: Kevin Kapstads Schuss von der blauen Linie ließ Rosenheims Goalie Norm Maracle durch seine Schoner rutschen, so dass Bill Trew den Puck nur noch über die Linie drücken musste. Insgesamt sollten heute neun Überzahltore, eines in Unterzahl und nur zwei bei Spielergleichstand fallen – beide übrigens durch die Brandl-Brüder. Zwei klare Chancen ließen die Gäste kurz vor Drittelende ungenutzt liegen. Erst zielte Corey Quirk, aus dem Slot am Tor vorbei, dann rettete Landshuts starker Keeper Sebastian Vogl gegen Stephan Gottwald in gleicher Situation. „Wir hatten im ersten Drittel Schwierigkeiten im Läuferischen“, begründete Cannibals Coach Jiri Ehrenberger anschließend das leichte Plus an Möglichkeiten für die Gäste. Dennoch ging sein Team mit Führung in die erste Pause.

Nun begann ein Torfestival, das einem deutlich gesunkenen Spielniveau Ausdruck gab und die Schiedsrichter verschärften ihre Spielgestaltung. Mit Tempo drang Martin Davidek ins Drittel der Starbulls ein; seinen Rückpass versenkte Andreas Geipel aus dem Slot. Eine Minute später verkürzte Dominic Auger, der sich mit dem ganzen Ärger über seine vorherigen Strafminuten rechts an der blauen Linie gegen Kevin Kapstad durchsetzte, nach innen zog und aus Halbdistanz mit einem Schlenzer Vogl halbhoch am kurzen Pfosten überwandt. Schon eine Minute danach die Antwort der Hausherren in typischer Manier: bei angezeigter Strafe gegen Rosenheim verwandelte Frantisek Mrazek einen Hintertorpass von Jaroslav Kracik aus dem Slot. Sehr schön freigespielt wurde dann Kapitän Gottwald von Peter Kathan, der aus fünf Meter Entfernung freistehend den neuerlichen Anschluss herstellen konnte. Ein Pfostenschuss von Beppi Frank hätte wenig später den Ausgleich herstellen können. Stattdessen schob Maximilian Brandl, völlig ungedeckt einen Meter vor dem Tor stehend, einen Hintertorpass zur neuerlichen Zwei-Tore-Führung ein.

Der defensiv heute schwache Ryan Gaucher ließ Thomas Brandl danach ungestört aus der rechten Ecke in die Mitte ziehen und Bruder Max bedienen, doch Maracle rettete. Die Vorentscheidung führte Kracik herbei, der von Kapitän Kamil Toupal mit einem Diagonalpass durch das Rosenheimer Drittel am rechten Pfosten glänzend freigespielt wurde und aus sehr spitzem Winkel zum 5:2 vollenden konnte. Wie an der Schnur gezogen fand Franks Schuss von der Mitte der blauen Linie anschließend seinen Weg ins Tor und das Scheibenschießen ein vorläufiges Ende.

Zu Beginn des Schlussabschnitts überstand Landshut ein Unterzahlspiel unbeschadet, was Ehrenberger später als „wichtig für den verdienten Sieg“ erachtete. In der 51. Minute stellten die Cannibals diesen dann sicher. Beim schönsten Tor des Abends drang Welz links in das Angriffsdrittel ein und bediente Cody Thornton mustergültig mit einem Diagonalpass, so dass dieser ins leere Gehäuse vom bewegungsschwachen Maracle direkt einschießen konnte. 32 Sekunden später erhöhte Thomas Brandl nach einem Bauerntrick auf eine Vier-Tore-Führung, die Mitch Stephens in Unterzahl noch einmal zu verkürzen vermochte. Ein wuchtiger Schuss von Trew in den Winkel stellte schließlich den Endstand her.

Weit auseinander gingen anschließend die Meinungen der Kontrahenten zum Spiel, insbesondere zur Rolle der Schiedsrichter. Für Ehrenberger war „die Linie der Unparteiischen in der 2. Liga ungewohnt, aber gut für’s Eishockey.“ Sein Geschäftsführer Bernd Truntschka pflichtete ihm bei: „Nur so kann sich das technisch bessere Eishockey durchsetzen. Stockfouls gehören konsequent unterbunden.“ Zweifelsfrei traf Rosenheims Coach Franz Steer den Kern, als er feststellte, „das Spiel hat unter den vielen Strafen gelitten. Wenn sich beide Mannschaften kein Körperspiel mehr trauen, kann das nicht Sinn der Sache sein.“ Deutlicher wurde sein Sport-Vorstand Richard Diebald, der sich „beim Volleyball“ wähnte: „Was die Vier auf beiden Seiten pfeifen, hat mit Eishockey nichts zu tun.“ „Das Gerede vom Pussy-Eishockey ist doch Quatsch“, entgegnete Truntschka.

Eines ist nach diesem Spiel allerdings sicher: Hund Grisu taugt nicht zum Orakel. – Am Dienstag steigt mit Spiel sechs um 19:30 Uhr in Rosenheim möglicherweise bereits das Ende dieser Finalserie.

Tore: 1:0 (5.) Trew (Kapstad, Welz) 5-4, 2:0 (23.) Geipel (Davidek, Toupal) 5-4, 2:1 (24.) Auger (Stephens, Gaucher) 5-4, 3:1 (25.) Mrazek (Kracik, Davidek) 6-5, 3:2 (29.) Gottwald (Strakhov, Auger) 4-3, 4:2 (30.) M. Brandl (Ostwald, Th. Brandl), 5:2 (35.) Kracik (Davidek, Toupal) 5-4, 5:3 (38.) Frank (Gaucher, Stephens) 5-4, 6:3 (51.) Thornton (Kapstad, Welz) 5-4, 7:3 (51.) Th. Brandl (M. Brandl, Ostwald), 7:4 (54.) Stephens (Hanselko, Renner) 4-5, 8:4 (55.) Trew (Th. Brandl, Welz) 5-4

Strafen: Landshut 14, Rosenheim 20 + 10 Auger

SR: Klau, Krawinkel, LR: L. Müller, J. Schulz

Zuschauer: 4.245


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