Nominikat: Undank ist der Welten Lohn!
Riessersee: Rettung in letzter SekundeLudwig Nominikat konnte einem richtig Leid tun, wenn man ihn am Freitag Abend im Garmischer Eisstadion sah: Die Fans bedachten ihn pausenlos mit Schmährufen. Journalisten bedrängten ihn, der sich dankenswerterweise der Pressekonferenz zur Verfügung gestellt hatte, mit geradezu inquisitorischen Fragen, denen er rhetorisch nur schwer gewachsen war. Die ESBG hat eine Sonderprüfung der SCR-GmbH angekündigt, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter er immer noch ist, und für die er mit einer sechsstelligen Summe bebürgt hat. Helmut Bauer, der Chef der ESBG, zitierte im Radiointerview das Sprichwort vom Fisch, der vom Kopf her stinkt. Und schließlich musste er am Vortag gegen seinen Willen Trainer Gailer auf Geheiss des neuen starken Mannes aus Kanada beurlauben. Kein Wunder, dass sich Nominikat nicht mehr so recht über den 7:1-Erfolg seines Teams freuen konnte.
Ludwig Nominikat, ein im Kreisort gut bekannter Kaufmann, fühlt sich völlig zu Unrecht so schlecht behandelt. Schließlich sei er es gewesen, der vor eineinhalb Jahren den traditionsreichen Club vor dem endgültigen Aus bewahrt hatte. Durch seinen Einsatz, nicht zuletzt auch finanzieller Art, konnte die Insolvenz erfolgreich abgewickelt werden. Doch anstatt ihm dies zu danken, wurde er von den Fans immer mehr zum Buhmann gemacht. Selbst seine Geschäfte beginnen bereits unter den Querelen um den SCR zu leiden. Auf die Frage, ob er selbst in der Vergangenheit Fehler gemacht hätte, antwortet Nominikat sehr unbestimmt: "Jeder macht Fehler." Was ist also falsch gelaufen?
Der neutrale Beobachter der Garmischer Eishockeyszene kommt unweigerlich zur Erkenntnis, dass sich Nominikat, bei allem lobenswerten Engagement für den SCR, mit den falschen Leuten umgeben hat. War das Gastspiel von Horst Lasse samt Gattin in Garmisch eine sehr unrühmliche Episode, so sehen viele in Jochen Kress, dem von Nominikat zum Generalbevollmächtigten beförderten zweiten Buhmann der Fans, eine ähnliche Fehlbesetzung in der Führungsetage: Die durch Kress verursachten Missgriffe und Fehler könnten Seiten füllen. Der Geschäftsführer selbst sieht das jedoch völlig anders: "Jochen Kress hat nach wie vor meine vollste Unterstützung. Er war im Februar, als die GmbH bereits einmal eine schwierige Phase hatte, der einzige, der mir geholfen hat." Sollten die Fähigkeiten des Herrn Kress der Öffentlichkeit wirklich verborgen geblieben sein? Wenn ja, dann sind wir beim zweiten gravierenden Problem, das sich wie ein roter Faden durch die letzten Monate zieht, der katastrophalen Öffentlichkeitsarbeit. Nach wie vor gibt es beim SCR keinen Pressesprecher, der dafür hätte sorgen können, dass der Club ein besseres Image erhält. Nach wie vor wird die GmbH (Umsatz immerhin ca. 2 Mio. Euro) wie ein Gemischtwarenladen geführt.
Mit dem Einstieg des Kanadiers Steve Barnes soll nun alles anders werden. Die Spieler erhalten hoffentlich ihre ausstehenden Gehälter, um sich dann wieder dem sportlichen Ziel, Aufstieg in die DEL, zu widmen. Ein neuer (kanadischer) Trainer steht ebenfalls vor der Tür. Im Interesse aller Fans eines der traditionsreichsten Clubs im deutschen Eishockey ist zu hoffen, dass endlich Ruhe einkehrt.
Und Ludwig Nominikat könnte dann wieder nur als Fan auf der Tribüne sitzen und das Spiel genießen, ohne sich ärgern zu müssen. (an)