"Mein Ziel ist Akzeptanz!"Auf einen EISTEE mit: Maximilian Plitz
Guten Tag Herr Plitz. Unsere Theorie ist: Ein Schiedsrichter darf nicht auffallen, dann hat er alles richtig gemacht. Sehen Sie dies auch so?
Ja, das kann ich bestätigen. Ein Schiedsrichter muss dafür sorgen, dass die Spiele im vorgegebenen Rahmen der Regeln und Richtlinien abläuft. Er muss sich dabei aber nicht in den Vordergrund spielen.
Wenn wir mit Fans und Kollegen sprechen haben wir oft das Gefühl, dass die Regeln nicht kommuniziert werden bzw. nicht vollumfänglich bekannt sind und nur die Schiedsrichter wissen, dass eine getroffene Entscheidung richtig war. Teilen Sie unsere Meinung?
Leider fehlt bei vielen Beteiligten die tiefe Regelkenntnis wie sie die Schiedsrichter haben (müssen). Seitens des Verbandes werden jedes Jahr mehrere Workshops für die Vereine/Trainer angeboten. Teilweise ist die Resonanz auf dieses Angebot äußerst gering. Die Regeln und Richtlinien stehen für alle zur Verfügung.
Wie kann man dem entgegenwirken?
Die Informationen stehen jedem zur Verfügung. Zusätzlich gibt es auch entsprechende Foren im Internet, in denen aktive und ehemalige Schiedsrichter die Fragen der Fans, Spieler oder Trainer beantworten.
In welchem Stadion der DEL2 „pfeift“ es sich am besten?
Ein Schiedsrichter hat kein Lieblingsstadion. Ich bin jedoch immer begeistert von Stadien, die gut besucht sind und in denen die Stimmung toll ist. Natürlich sind es auch die Kleinigkeiten, die einen gerne in ein Stadion fahren lassen – so zum Beispiel eine gute Organisation und eine saubere Schiedsrichterkabine.
Eine Frage zu Ihnen: Was hat Sie bewogen, Schiedsrichter zu werden?
Ich hatte in Ottobrunn als Punktezähler und Zeitnehmer immer viel mit den Schiedsrichtern zu tun. Als mich der damalige Obmann fragte, ob ich mir vorstellen könnte, Schiedsrichter zu werden, habe ich spontan ja gesagt. In der damaligen Saison war ich sowohl Torhüter in der Ottobrunner Bayernliga-Mannschaft, als auch Schiedsrichter im BEV. Beides lässt sich zeitlich sehr schwer unterbringen, da habe ich mich für die Schiedsrichterlaufbahn entschieden.
Spieler haben immer Ziele. Sei es ein Aufstieg, der Stanley Cup, olympische Spiele oder eine gewisse Anzahl Tore. Wie sehen Ihre Karriere-Ziele als Schiedsrichter aus?
Meine Ziele sind da eher geringfügig. Ich möchte, dass mich Trainer und Spieler akzeptieren und mit mir zusammenarbeiten. Und dass ich weiterhin den Spaß haben kann, den ich in den letzten Jahren hatte.
Viele Fans sprechen von Konzessionsentscheidungen, eine Mannschaft bekommt drei oder vier Strafen nacheinander, für ein vermeintlich kleines Vergehen bekommt dann auch die andere Mannschaft eine Strafe. Denkt man als Schiedsrichter darüber nach, Strafen gleichmäßig zu verteilen?
Nein, wir pfeifen nicht für die Statistik. Wenn eine Mannschaft drei oder vier Fouls hintereinander begangen hat, dann kann ich dafür nicht die andere Mannschaft bestrafen.
Manche Ihrer Kollegen werden als Heim- oder Gastschiedsrichter bezeichnet. Glauben Sie, dass Emotionen in einer Halle die Schiedsrichterleistungen beeinflussen können?
Ich persönlich sage hier nein, zumindest sollte das nicht der Fall sein. Vermutlich würden Psychologen das aber anders beurteilen, im Sinne einer unbewussten Beinflussung. Ein wichtiger Aspekt ist jedoch, dass die Heimmannschaft durch die eigenen Fans gepusht wird, die Spieler schneller und besser bereit sind, Situationen für sich zu entscheiden. Damit ist die Heimmannschaft auch schon mal einen Schritt schneller. Und das zwingt den Gast manchmal zu Strafen. Das ist zumindest die Wahrnehmung, die wir als Schiedsrichter haben.
Hoffentlich beantworten Sie die nächste Frage: Haben die Zuschauer das Hybrid-Icing besser verstanden als manche Schieds- und Linienrichter? Wir haben mehrfach gesehen, dass Touch-Icing gepfiffen wird, oder Icing ohne erkennbaren Grund aufgehoben wurde.
Das glaube ich nicht. Wir haben intensive Schulungen zu diesem Thema erhalten, sodass die Schiedsrichter hier sehr sicher sein sollten. Manchmal ist die Wahrnehmung von außen auch eine andere, als die auf dem Eis. Das Hybrid-Icing ist auch kein Kritikpunkt seitens der Clubs.
Wenn Sie die Regeln ändern können, welche Regel würde Sie streichen und was sollte anders behandelt bzw. geahndet werden?
Ich mag es nicht, wenn die Schiedsrichter für Dinge verantwortlich sind, die sie nichts angehen. Die Regelung mit dem Halbvisier ist eigentlich Sache der Spieler, bzw. der Trainer. Warum muss das der Schiedsrichter kontrollieren? Ansonsten ist das aktuelle Regelwerk durchaus brauchbar, auch wenn man über einzelne Regeln immer diskutieren kann.
Derzeit werden vermehrt Sperren im Nachgang eines Spieltages verhängt. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung? Schlussendlich drückt man damit aus, dass Sie bzw. Ihre Kollegen eine Situation falsch beurteilt haben.
Ich sehe das anders. Der Disziplinarausschuss (oder die entsprechende Kommission) hat Videoaufnahmen mit Zeitlupen zur Verfügung, teilweise aus verschiedenen Perspektiven. Außerdem gibt es nach dem Spiel bereits ärztliche Diagnosen, die bei der Bewertung eine Rolle spielen. All das steht uns auf dem Eis nicht zur Verfügung, wir müssen im Bruchteil einer Sekunde das bewerten, was wir aus unserer aktuellen Position sehen, bzw. wahrnehmen. Daher sehe ich das durchaus als positive Entwicklung, die verhindert, dass der Sport durch gefährliche Aktionen in die Diskussion kommt.
In der DEL gibt es den Videobeweis. Wären Sie dafür, diesen ebenso in der DEL2 zu realisieren? Als kostengünstigere Variante -zumindest kurzfristig gedacht- bieten sich alternativ Torrichter an.
Der Videobeweis hat sich als hervorragendes Hilfsmittel etabliert. Es gibt derzeit bereits intensive Gespräche zwischen den Clubs und der DEL2. Natürlich ist das eine Kostenfrage, aber es ist der Wunsch der Schiedsrichter, dass auch in der DEL2 der Videobeweis eingeführt wird. Ob Torrichter die Kameratechnik adäquat ersetzen könnten, weiß ich nicht. Hier handelt es sich auch wieder um Menschen, die das Geschehen nur aus einer Perspektive sehen.
Herr Plitz, vielen Dank für Ihre Zeit. Spielern und Trainer wünschen wir immer viel Erfolg. Was wünscht man einem Schiedsrichter? Immer den richtigen Pfiff?
Gerne. Der „richtige Pfiff“ ist durchaus passend, aber auch Erfolg ist für uns wichtig, auch wenn dieser nicht so leicht messbar ist, wie bei den Teams.