Löwen riskieren Bruch mit den Zuschauern - Debakel gegen Weiden
Heimpleite gegen BietigheimWar als Saisonziel der Tölzer Löwen nicht zu vernehmen, im Vergleich zum
Vorjahr einen Schritt nach vorne zu machen, eventuell gar an den Playoff-Plätzen zu schnuppern? Dieses Ziel wurde offensichtlich nunmehr korrigiert.
Es lautet jetzt: Die Zuschauer von weiteren Besuchen der Heimspiele
abzuhalten. Zumindest kommt man zu dieser Erkenntnis, wenn man sich die
letzten beiden Auftritte der Buam in der Hacker-Pschorr-Arena zu Gemüte
geführt hat. Eingedenk des Sieges in Straubing war die über weite Strecken
schon wenig zweitligareife Leistung gegen Weißwasser halbwegs vergessen. Was
sich die Mannen von Interimstrainer Schlickenrieder jedoch gestern gegen
biedere Weidener Blue Devils erlaubten, fand auch der leidensfähige Tölzer
Anhang alles andere als lustig. "Wir haben die Schnauze voll" oder "Und ihr
wollt Tölzer Löwen sein", waren nur zwei der zahlreichen Schmähgesänge in
Richtung ihrer "Lieblinge". Das beim Stand von 1:7 ertönende "Ohne Weiden
wär hier gar nichts los" war einzig und alleine die Realität.
Dabei waren die Voraussetzungen für einen Heimdreier keineswegs schlecht.
Erstmals in dieser Saison waren alle Akteure fit. Derek Mayer kehrte nach
seinen Leistenproblemen wieder zurück, Beppo Schlickenrieder konnte aus dem
Vollen schöpfen. Dazu ging es gegen einen Kontrahenten, der auswärts
aufgrund seiner Harmlosigkeit gut gelitten ist.
Schon der Beginn der Partie verlief jedoch äußerst zähflüssig. Die
Hausherren suchten nach Mitteln, die kompakte Defensive der Oberpfälzer zu
knacken. Die Mannen von Leo Sulak suchten nur sporadisch ihr Heil in eigenen
Offensivaktionen, gingen aber mit ihrer ersten richtigen Tormöglichkeit
gleich in Führung. Jean Francois Boutin konnte Patrick Couture überwinden.
Morgan Warren nutzte per trockenem Handgelenksschuss die erste Überzahl zum
Ausgleich. Fortan zog der Gast sich wieder an die eigene blaue Linie zurück,
um einfalls- und bisslosen Löwen Scheibe für Scheibe abzuluchsen. Dies
machte Beppo Schlickenrieder nach dem Spiel auch als Hauptursache für die
Niederlage aus. "Zu viele Scheibenverluste, ein Fehler nach dem anderen,
einfach ein beschissenes Spiel", so der Coach und Geschäftsführer in
Personalunion.
Knackpunkt in dieser an Höhepunkten bislang armen Partie war die
Anfangsphase des Mittelabschnitts. Sechs Minuten Powerplay, davon knapp die
Hälfte bei fünf gegen drei, liessen die Isarwinkler ungenutzt verstreichen.
Lediglich ein knapp verzogener Blueliner von Prommersberger sowie Warrens
Pfostenkracher waren zu verzeichnen. Ansonsten konnte der oft unsichere
Reinhard Haider seinen Kasten sauber halten. Und als die Devils wieder
komplett waren, schlugen sie eiskalt zu. Samuel St.Pierre wurde von
Christian Kinateder herrlich freigespielt, so dass er Patrick Couture mit
einem trockenen Schuss neben den Pfosten überwinden konnte. Eine Antwort auf
diesen neuerlichen Rückstand wussten die Tölzer in der Folgezeit nicht.
Jetzt stellt ein Ein-Tore Rückstand bei verbleibenden zwanzig Minuten
Spielzeit sicher keine unlösbare Aufgabe dar. Sicher hat Beppo
Schlickenrieder in der Pause auch an seine Jungs entsprechend appelliert.
Doch egal, wie das Vorhaben der Kurstädter ausgesehen hat, es war wenig
später Makulatur. Die Hoffnungen von einer Wende brachen in sich zusammen
wie ein fragiles Luftschloss. Gerade zwanzig Sekunden benötigten die Gäste,
um das sowieso schon nicht mehr vorhandene Selbstvertrauen der Löwen
endgültig auszulöschen. Sepp Keller kam von der Strafbank, griff aber nicht
sofort in das Spiel ein, sondern fuhr zur Bank, weil Sebastian Kottmair in
die aktive Reihe gehörte. Diese Verzögerung beim Sortieren nutze Daniel
Ström zu einem Schlagschuss, den Christian Kinateder entscheiden abfälschen
konnte. Was jetzt folgte, trieb Zuschauern wie Verantwortlichen monokausale
Züge in ihre Gesichter. Schlafwandlerisch leicht trugen die Weidener ihre
Angriffe gegen wie gelähmt wirkende Tölzer "Kätzchen" vor. Nach dem Motto
"Jeder Schuss ein Treffer" bewegte man sich stetig in Richtung der
Peinlichkeit. Patrick Couture konnte einem einfach nur leid tun. Seine
Vorderleute ließen ihn kollektiv im Stich. Lediglich die Protagonisten aus
den Reihen drei und vier zeigten so etwas wie Gegenwehr.
Zu retten war auch für sie freilich nichts mehr. Die Tore von Boutin (2),
St.Pierre und Penk sorgten für eine kaum gekannte Demütigung bei Spielern
und Anhang. Ohne die Leistung der Gäste schmälern oder die Richtigkeit des
Erfolges anzweifeln zu wollen, muss man sich doch fragen, gegen wen will man
überhaupt gewinnen. Der Gegner trat mit drei Reihen an, von denen die erste
Formation 70 Prozent auf dem Eis war. Die übrigen Akteure sorgten lediglich
für Verschnaufpausen der Kontingentspieler und trugen nur unwesentlich zur
Steigerung des Auswärtstorekontos um 700 % bei. Die Spieldauerstrafe für
Alexander Herbst wegen eines dämlichen Revanchefouls mit dem hohen Stock
störte an diesen Abend im Lager der Blue Devils auch niemanden mehr. Sogar
der Sünderprimus der Liga, J.F. Boutin konnte mit überflüssigen Fouls seine
Stellung manifestieren, mit drei Treffern machte er seine Unzulänglichkeiten
leicht wieder wett.
Leo Sulak zeigte sich sichtlich erleichtert, die Auswärtsschwäche vorerst
unterbunden zu haben. Sein Konzept aus einer starken Defensive zu kommen,
ging vollends auf.
Beppo Schlickenrieders Statement fiel da freilich etwas anders aus. "In 25
Jahren als Spieler und Trainer war ich noch nie so enttäuscht. Die
Mannschaft zeigte in Straubing Charakter und war im Training und vor dem
Spiel heiss auf diese Begegnung." Eine Erklärung für diesen Einbruch hatte
der Reicherbeurer auch nicht. Vielmehr ärgerte er sich über eine von der
örtlichen Presse veröffentlichen Aussage, "das Team sei wie eine Wundertüte"
und darüber, dass die Spieler dieses in seinen Augen blödsinnige Zitat nicht
widerlegen konnte. So musste er zugestehen, dass seine Mannschaft derzeit
zwei Gesichter zeigt. "Das schlechtere sicherlich zuhause". (orab)
Tore:
0:1 (06:45) Boutin (St.Pierre, Ström), 1:1 (10:33) Warren (Regan, Mayer),
1:2 (29:44) St.Pierre (Kinateder, Penk), 1:3 (40:21) Kinateder (Ström,
Boutin), 1:4 (41:47) Boutin (St.Pierre, Kinateder), 1:5 (44:46) Boutin
(St.Pierre, Kinateder), 1:6 (52:19) St.Pierre (Kinateder, Keski-Kungas), 1:7
(55:02) Penk (Grosch, Piskor)
Strafen: Bad Tölz 16 - Weiden 21+Spieldauer (Herbst)
Schiedsrichter: Piechaczek (Ottobrunn) - Fischer, Kees
Zuschauer: 1404