Löwen Frankfurt beenden zweite Ära Chernomaz Mit Franz Fritzmeier auf zu neuen Ufern?
Zweimal gab es eine Ära Rich Chernomaz in Frankfurt - das ist nun zu Ende gegangen. (Foto: dpa/picture alliance)
Die Führung der Löwen teilte Chernomaz die Trennung am Donnerstagmorgen mit, um sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt der Saison neu orientieren zu können und die Kaderplanung für die kommende Saison sowie die Ausrichtung der kommenden Jahre konzeptionell aufzustellen. Franz Fritzmeier erhält bei den Löwen einen Drei-Jahres-Vertrag bis April 2021.
Rich Chernomaz war erfolgreich und beliebt
Welche Lobby Rich Chernomaz einst in Frankfurt genoss, bestätigten die Vorschusslorbeeren, die „Cherno“ mit dem Fünf-Jahres-Vertrag unterschrieb. Welcher Eishockey-Funktionär kann schon so stolz von sich behaupten, für fünf Jahre fix von ein und demselben Standort bezahlt zu werden? Natürlich schloss sich Chernomaz einem (damaligen) Oberligisten mit großen Zielen an, Planungssicherheit war für Verein wie auch dem Funktionär Chernomaz wichtig, wodurch die Löwen nach der Insolvenz 2010 viel Vertrauen ihrer abgekehrten oder unschlüssigen Fans zurückgewannen. „Tristesse Oberliga, aber Rich Chernomaz kehrt zurück? Ich bin dabei“, so der Tenor im Frühjahr 2013. Fünf Jahre trugen aber auch die Gefahr in sich, nach gewisser Zeit in einen Trott zu verfallen, verkrustete Strukturen nicht oder kaum zu erneuern und das alte Denkmal lediglich zu polieren, zu erhalten und dieses kaum auszubauen. Im Klartext: viel bewegt hat sich nichts durch den Mann, der den Standort Frankfurt nach Jahren der Tristesse 2004 nicht nur mit der Meisterschaft wachrüttelte, sondern auch in anschließenden Jahren sportlich oft weit kam. Ungeachtet dessen, dass man im Eishockey für den großen Wurf Meisterschaft spielt, blieb Rich Chernomaz auch ohne weiteren Titel immer in Erinnerung. Seine erste Amtszeit wurde wegen der Insolvenz der Frankfurt Lions 2010 jäh gebremst, auch die Trauer um den Verlust Chernos war unter den Fans präsent.
Sofortiger Aufstieg in die DEL2
Lange anhalten sollte dies jedoch nicht. Nach lediglich drei Jahren mit Namen wie Michael Bresagk, Clayton Beddoes und Frank Gentges strebten die noch jungen Löwen danach, Kontinuität einkehren zu lassen und den Mann an Land zu ziehen, der den Standort Frankfurt im Eishockey schon einmal voranbrachte. Dies sollte passieren. Souverän erfolgte der sofortige Aufstieg in die DEL2, der Kader stellte schon damals Zweitliga-Tauglichkeit dar. Mit nur wenigen Veränderungen spielten die Löwen eine ordentliche Saison mit packenden Playoffs 2015, ehe eine Katastrophen-Saison 2015/16 mit einer fragwürdigen Trainerentlassung folgte. Viel Geld wurde für einen üppigen DEL2-Kader verbrannt, der das große Ziel verfolgen sollte und blamabel mit einem Sweep gegen die Kassel Huskies ausschied. Der Versuch, vor Weihnachten 2015 Tim Kehler zu entlassen und selber das Ruder an sich zu reißen, den zerstrittenen Haufen an Spielern selber zu führen und damit eine bis dahin triste Saison mit großem Spielerpotenzial gerade zu rücken, misslang für Cherno komplett. Nicht nur, dass seine Punkteausbeute schwächer als die des entlassenen Tim Kehlers war, auch in den Play-offs stand Coach Chernomaz hilflos da, als die Ansammlung einzelner Individualisten sich vollkommen aufgab und sich gegen den Erzrivalen Kassel Huskies durch hohe Niederlagen aus dem Wettbewerb werfen ließ. Wer diesen Kader zusammengestellt hatte, war auch klar. Und ja, als hätte Chernomaz aus den Fehlern der vergangenen Saison gelernt, wurde mit Paul Gardner der richtige Trainer für die DEL2 geholt und ein verschworener Haufen unter Vertrag genommen, mit dem man den Kassel Huskies die Grenzen aufzeigte, sie „zurücksweepte“ und verdient Meister wurde. Und auch die jetzige Saison verlief gut oder wunschgemäß, je nach Betrachtung. Was war also passiert, dass der auf den ersten Blick relativ erfolgreiche und in Frankfurt bei den Fans weitestgehend beliebte Rich Chernomaz nicht weiter beauftragt wurde, für die Löwen Frankfurt zu arbeiten? Etwas scheint faul im Staate.
Nein, Shakespeares Hamlet bietet keine weiteren Möglichkeiten, das Drama anhand der Personalie Chernomaz fortzuführen. Aber als Drama erschienen den Bossen Stracke und Krämer offenbar viele Dinge, die sich zu einem Bild summieren, das die Entscheidung zur Neubesetzung des Postens immer leichter machte.
Jugendarbeit der Löwen soll verbessert werden
Der Standort Frankfurt in der DEL2 hat mehr Ambitionen, als nur einen der überdurchschnittlichen Standorte darzustellen; er sollte schon unter den Top-Vereinen sein und die Liga zu dem Zeitpunkt anführen, wenn es im Eishockey wichtig ist – nämlich in den Play-offs. Ein Durchmarsch durch die Hauptrunde spielte nie eine große Rolle für Chernomaz. Mit welchen monetären Mitteln dies geschah, wurde dabei nicht selten innerhalb der GmbH und auch in diversen Fankreisen diskutiert und kritisiert. Klar: Warum sollte auch ein Standort nicht auf die ihm verfügbaren Mittel zurückgreifen? Dies soll weiterhin maßgeblich sein, vorausgesetzt sei höhere monetäre Investition in die Jugendarbeit bei gleichzeitig maßvoller Verteilung in Mannschaftsteile und deren Förderung. Das Thema Chernomaz ist abgehakt, der neue Mann heißt Franz-David Fritzmeier.
Chance für junge Talente
Zur kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in der Frankfurter VIP-Lounge erschienen neben Frankfurter Presse-Vertretern auch weitere hessische Medien, um den bereits kolportieren und jetzt im Amt bestätigten Franz Fritzmeier erstmals ablichten sowie befragen zu können. Klar ist nun, dass das Kapitel Chernomaz beendet ist. Die Gründe liegen weitestgehend in den unterschiedlichen Vorstellungen der zukünftigen Ausrichtung im Hinblick auf Kaderzusammenstellungen und den dafür vorgesehenen Rahmen. Dort habe es nicht selten Unstimmigkeiten gegeben. Weiterhin seien Chernos Visionen zudem nicht zugeschnitten auf die der Gesellschafter, wie es nach der abgelaufenen Saison auch nach Vorstellung diverser Konzepte immer deutlicher wurde. Erst auf der Suche nach Kandidaten zeigte sich, welche dieser Personen auf das von den Löwen angedachte Format am besten passe. „Wir sind dementsprechend darauf angewiesen, dass wir uns mehrere Personen anhören und uns unterschiedliche Konzepte präsentieren lassen. So ist es dann letzten Endes gekommen, dass wir uns dafür entschiedenen haben, einen neuen Weg zu gehen. Abschied fällt immer schwer, das tut uns heute natürlich besonders leid“, wie Gesellschafter Stefan Krämer auf der Pressekonferenz verlauten lässt. Herauskristallisiert hat sich mit Franz Fritzmeier ein Jugendförderer – ein Prädikat, das Cherno in Deutschland kaum aufgedrückt bekam. „Aber wir freuen uns auf einen neuen Weg mit einem hochmotivierten Franz Fritzmeier“, so Krämer weiter. Oft setzte Chernomaz auf kanadische Landsleute, deren Qualität in Form von gestandenen und aus vielen Gründen daher kostengünstigeren Deutschen gleichermaßen zu finden seien. Genau dort müsste Fritzmeiers Arbeit greifen. Fritzmeier kennt den deutschen Markt und hat des Weiteren den Anspruch, Jung-Talenten eine Plattform zur Weiterentwicklung in Frankfurt zu geben – und dabei zeitgleich den gesamtdeutschen Nachwuchs zu stärken, indem er im Rahmen des ihm vorgesetzten Budgets handelt. Natürlich wollen die Fans weiterhin Spektakel „on ice“ und die Löwen nicht alleine und uneigennützig die deutsche Nachwuchsförderung vorantreiben, aber mit Fritzmeier steht dies mehr im Fokus als zuvor, ohne die bekannten sportlichen Belange, Interessen und Ziele der Löwen Frankfurt schwächen zu wollen. Auch die Ankündigung, die Jugend voranzubringen, laut Pressekonferenz „zu forcieren, einen Teil dazu beitragen“ und einer der besten deutschen Ausbildungsvereine werden zu wollen, wird Fritzmeier tangieren, indem er den doch eher durchschnittlichen dümpelnden Nachwuchs konzeptionell wie auch personell besser aufstellt. „Auch dort müssen wir als Einheit auftreten und die GmbH mit dem Nachwuchs enger verknüpfen.“ Dazu gehört viel Arbeit. „Bereits in Duisburg habe ich viel gescoutet, vor allem junge Spieler. Dann bin ich nach Köln, wo ich mit Niklas Sundblad zusammengearbeitet habe und es keinen echten Sportdirektor gab. Da war ich Co-Trainer und Sportdirektor in Personalunion, wobei wir die Mannschaft gemeinsam zusammengestellt haben.“
Paul Gardner bleibt der Chef auf dem Eis
Wie geht es in dieser Saison weiter? Fritzmeier gibt erste Ausblicke: „Das wird Paul Gardner erstmal alleine rocken. Unterstützen werde ich ihn, nicht aber an der Bande oder auf dem Eis. Er ist der Verantwortliche. Für mich ist wichtig, alles schnellstmöglich kennenzulernen und mich auszutauschen. Das Wichtigste ist natürlich, was auf dem Eis passiert, der aktuelle Stand. Im Hinterkopf habe ich dabei immer, wie wir das Ganze auf das nächste Level führen, welches im Großen in das Ziel DEL mündet. Was die vakanten Positionen für die neue Saison angeht, ist nichts klar. Es wird für mich so sein, wie ich jetzt beginne: Ich werde Sportdirektor bleiben und es wird einen Trainerstab geben, der dann auch erweitert wird. Im Moment hat Paul Gardner aber das absolute Vertrauen“. Auf die Frage, ob sich noch in dieser Saison unter dem spielenden Personal etwas tue, gibt sich Fritzmeier offensiv: „Besser werden kann man immer, denke ich. Wichtig ist auch da die Absprache mit Paul und wie wir dann weiter vorangehen.“ Klartext ist Fehlanzeige, aber wie zu vernehmen ist, soll die ein oder andere Ergänzung noch in Frankfurt aufs Eis gehen.
Maximilian Haas