Köpfe der Clubs: Stefan Wagner (Schwenninger Wild Wings)Hockeyweb hautnah
Auch seinen jetzigen Club übernahm er in Liga 2 nach dem Verpassen der Play-offs und errang mit ihm auf Anhieb zweimal die Vize-Meisterschaft. Hier stellen wir Stefan Wagner vor und sprechen mit ihm über seinen Werdegang, die Perspektiven der Schwenninger Wild Wings und ihren schlechten Saisonstart sowie natürlich über die Situation der Bundesliga.
Steckbrief
Alter: 38 Jahre
Geburtsort: München
Familie: verheiratet, 1 Sohn (fast 3 Jahre)
Beruf: Bürokaufmann
Hockeyweb: Herr Wagner, wenn man Ihre Laufbahn betrachtet, könnte man meinen, Eishockey-Manager ist ein Lehrberuf. Wie kam es zu Ihrer konsequenten Entwicklung?
Wagner: „Das war reiner Zufall: Als ich meine Ausbildung zum Bürokaufmann gerade beendete, wurde mein Chef, Eberhard Jülicher, 1993 Präsident von Hedos München. Da fragte er mich, ob ich bei Hedos auf der Geschäftsstelle arbeiten wollte. Wir wurden Meister, dann insolvent - für beides konnte ich aber nichts [lacht]. Wenig später bot mir Max Fedra, damals Manager von Landshut, eine Assistenz-Tätigkeit bei ihm an. Das war eine sehr lehrreiche Zeit. Dann wurde die Landshuter DEL-Lizenz ausgerechnet nach München verkauft. Weil ich dort aber bereits war, nahm ich lieber das Angebot von Straubing, damals noch in der Oberliga, an und wurde erstmals selbst Manager. Nach kurzer Zeit wechselte ich aber zum Deutschen Eishockey-Bund (DEB). Danach war ich viele Jahre in Ingolstadt als Geschäftsführer tätig, und seit 2009 bin ich nun in Schwenningen. Man kann wirklich sagen, ich habe den Club-Manager-Job von der Pike auf gelernt.“
Hockeyweb: Haben Sie selbst einmal Eishockey gespielt und sind Sie nun auf dem Weg ein Eishockey-Papa zu werden?
Wagner: „Ich habe als Kind mal in Germering angefangen ein bischen zu spielen, aber das ist nicht der Rede wert. Bei meinem Sohn fürchte ich das schon eher [lacht]. Der liebt es, in die Kabine zu gehen und will alle Heimspiele sehen.“
Hockeyweb: Die Wild Wings spielen als GmbH in der Bundesliga. Wie sieht die Zusammenarbeit mit dem Verein aus?
Wagner: „Ich glaube, wir haben einen wirklich gut funktionierenden Kooperationsvertrag mit dem Verein, dem SERC. Der existierte schon vor meiner Zeit bei den Wild Wings. Das Tagesgeschäft ist jedoch völlig getrennt. Wir haben auch jeweils eigene Geschäftsstellen: der Verein im Stadion, die GmbH in der Stadt.“
Hockeyweb: Und wie ist die GmbH organisiert? Welche Aufgabenteilung gibt es?
Wagner: „Wir haben zwei ehrenamtlich geschäftsführende Gesellschafter, die die GmbH sehr professionell führen und in die richtigen Bahnen leiten. Das ganze Tagesgeschäft und die sportliche Leitung liegen in meiner Hand. Oliver Bauer leitet die Geschäftsstelle, die Öffentlichkeits- und Pressearbeit. Dann haben wir noch einen Mann für das Sponsoring, eine Sekretärin, einige helfende Hände für das Ticketing und den VIP-Raum, einen emsigen Materialwart und einen Physiotherapeuten. Ansonsten helfen uns viele Ehrenamtliche aus dem Verein. Also ein kleines, aber hoch motiviertes Team.“
Hockeyweb: Wie ist das Selbstverständnis der Wild Wings, welche Philosophie verfolgen Sie und wie sieht die Entwicklungsperspektive aus?
Wagner: „Nun, wir wollen vor allem attraktives Eishockey bieten. Dabei würden wir uns wünschen, noch mehr einheimische Spieler in die Mannschaft integrieren zu können, denn wir haben ja eine große Verbundenheit mit unserer Region. Was die Entwicklungsperspektive betrifft, so will man immer so hoch spielen, wie möglich. Ich glaube auch, daß wir eine gute Rolle im Mittelfeld der DEL spielen könnten. Doch ein Aufstieg muß nicht sein. Wir haben eine breite Sponsorenschaft, die uns in beiden Ligen unterstützt.“
Hockeyweb: Welche Rolle spielen die Wild Wings in Stadt und Region?
Wagner: „Eine große. Die Region ist wirklich eishockey-verrückt. Da sind wir unbestritten die Nr. 1 unter den Sportarten. Nehmen Sie nur mal unseren Liveticker: den verfolgen meist mehr Menschen, als Zuschauer unsere Auswärtsspiele. Und auch über mangelnde Unterstützung seitens der Stadt, der Wirtschaft und unserer Fans können wir uns nicht beklagen. Wir sind ein Teil des Lebens in unserer Region.“
Hockeyweb: Verraten Sie uns noch ein paar wirtschaftliche Eckdaten: wie hoch ist Ihr Etat und mit wie vielen Zuschauern planen Sie denn für diese Saison?
Wagner: „Der Etat beträgt über 1,5 Millionen Euro. Dafür kalkulieren wir mit durchschnittlich 2.800 Zuschauern pro Spiel.“
Hockeyweb: Jetzt müssen wir zum Themenkomplex des neuen Kooperationsvertrags zwischen Deutschem Eishockey-Bund (DEB) und Deutscher Eishockey-Liga (DEL) kommen. Da steht die 2. Liga derzeit als großer Verlierer da. - Quo Vadis?
Wagner: „Da haben Sie Recht: die Liga muß sich neu positionieren und ein klares Ziel entwickeln. Das ist noch nicht geschehen. Hieran müssen wir nun arbeiten und uns näher zusammenschließen. Ich bin zuversichtlich, daß wir voran kommen werden, denn die Arbeit mit den Kollegen in der Liga ist sehr konstruktiv.“
Hockeyweb: Wie sehen Sie die Rolle des DEB in diesen Geschehnissen und wie sollte es nun weitergehen?
Wagner: „Also zunächst einmal verstehe ich den Standpunkt der DEL. Allerdings kann ich keinen Vorteil für den DEB sehen, mit dem er aus den Verhandlungen gekommen ist. Vor allem ist schwer zu verstehen, warum im Sommer alles so unfaßbar schnell gehen mußte und man uns die Pistole auf die Brust gesetzt hat, uns quasi binnen Stunden zum DEL-Vorschlag zu entscheiden. Schließlich ist der Kooperationsvertrag bis heute nicht ausverhandelt oder gar unterschrieben.“
Hockeyweb: Wie hat sich der DEB auf der kürzlich stattgefundenen ESBG-Gesellschafterversammlung zu diesen bestehenden Fragen geäußert und wie beurteilen Sie nun diese Haltung?
Wagner: „Sagen wir es so: Der DEB hat uns seine subjektive Sicht der Dinge mitgeteilt und jetzt hoffe ich persönlich einfach, daß es auch irgendwann einen Vertrag geben wird, mehr möchte ich dazu nicht sagen.“
Hockeyweb: Auf welche Zielrichtung hat sich die ESBG jetzt festgelegt und welche sind die nächsten Schritte?
Wagner: „Wie bereits erwähnt, glaube ich, daß die Zweitligisten nicht so schlecht aufgestellt sind, und nach der letzten Gesellschafterversammlung und den Treffen dort im Umfeld bin ich weiter davon überzuegt, daß es für die Clubs das beste ist, nicht unter dem Dach des DEB zu spielen, sondern eine gewisse Eigenständigkeit zu haben. Die nächsten Schritte sind intern auch besprochen worden, aber ich bitte um Verständnis, daß dies vorerst auch intern bleiben sollte. Aber, eins ist uns allen klar: Die Zeit drängt!“
Hockeyweb: Durch die Aufkündigung jedweder Kooperation mit der DEL entfällt nun auch die Förderlizenzregelung für junge Spieler. Das schadet vor allem der Nachwuchsarbeit, sagen Kritiker. Welche Ansicht vertreten Sie?
Wagner: „Es war die logische Konsequenz, daß jegliche Zusammenarbeit mit der DEL abgeschnitten wurde. Das kann ja auch nicht nur in eine Richtung funktionieren. Was die Förderlizenzregelung anbetrifft, sehe ich konkret keine Benachteiligung für irgend einen Spieler. Die alte Regelung war ohnehin auch nicht ideal.“
Hockeyweb: Abschließend zum Sportlichen. Der bisherige Saisonverlauf strafte bezüglich der Wild Wings alle sogenannten Experten und Sie wohl auch Lügen. Warum stand denn der Meisterschaftsfavorit so lange am Tabellenende?
Wagner: „Das war eine Kette von Kleinigkeiten. So schlecht, wie die Tabelle sagte, waren wir gar nicht. Die meisten Spiele haben wir mit nur einem Tor Differenz verloren. Da spielte dann sicher eine Rolle, daß mit Justin Mapletoft der Führer des ersten Sturms nicht ein einziges Tor erzielte. Umgekehrt waren wir zuletzt gegen Weißwasser aber auch nicht sieben Tore besser.“
Hockeyweb: Wie lautet denn nun Ihre sportliche Zielsetzung für den Rest dieser Saison? Und wer wird Meister?
Wagner: „Ich glaube, die Wahrscheinlichkeit ist groß, daß diese Saison einen Überraschungsmeister sehen wird. Wir wollen noch in die Play-offs. Da sind wir jetzt auf einem guten Weg. Dann müssen wir schauen, was wir noch erreichen können. Vielleicht liegt uns dann die Underdog-Rolle besser...“
Hockeyweb: Herr Wagner, wir danken Ihnen für das offene und ausführliche Gespräch!