Kampfkraft trotzt Kaufkraft - ECT-Keeper Couture Weltklasse
Heimpleite gegen BietigheimSiege des Underdogs im Deutschen Eishockey-Pokal sind im Gegensatz zum analogen Wettbewerb der kickenden Gilde vergleichsweise selten. Zu deutlich sind in der schnellsten Sportart der Welt meist die Klassenunterschiede, insbesondere, wenn ein DEL-Klub involviert ist.
Die Tölzer Löwen allerdings standen kurz vor einer faustdicken Überraschung. Im Erstrundenmatch gegen die Panther aus Ingolstadt setzten sie dem Favoriten arg zu, hatten ihn sogar bereits am Rande der Niederlage, ehe sich die Audistädter so gerade noch in die Verlängerung retten und aus dem anschließenden Penalty-Schießen als glücklicher Sieger hervorgehen konnten. Herausragend bei der Mannschaft aus dem Isarwinkel war einmal mehr Torhüter Patrick Couture, der die Ingolstädter Stürmer mit schier unglaublichen Paraden zur Verzweiflung brachte und sich das Prädikat "weltklasse" nachhaltig verdiente. Auch in der Offensive fiel ein Akteur besonders auf: Morgan Warren! Alle drei Tölzer Treffer gingen auf das Konto des jungen Kanadiers.
Hans Rothkirch musste neben Tim Regan auf den grippekranken Beppo Frank verzichten, setzte aber trotzdem vier Reihen gegen die erfahrenen DEL-Cracks ein. Wohl in der Vorahnung, dass die Partie kräftezehrend werden könnte, bekamen Sebastian Klett, Florian Jäger, Peter Erlacher und Michael Baindl sporadisch Eiszeit. Von Beginn an schenkten sich beide Seiten nichts. Bereits nach 15 Sekunden musste Drew Omicoli auf die Strafbank, weil er eine erste Duftmarke in Sachen Körperkontakt setzte. Schnell sollte sich herausstellen, dass hier den Löwen kein übermächtiger Gegner gegenüberstand, vom Klassenunterschied ganz zu schweigen. Zwar hatte Glenn Goodall eine erste Möglichkeit im Powerplay, schon bald aber staunten die knapp 2000 Zuschauer in der Hacker-Pschorr-Arena nicht schlecht. Ihrerseits in numerischer Überlegenheit gaben die Hausherren den Tor an. Mit einem Kracher aus spitzem Winkel überwand Morgan Warren ERC-Goalie Jimmy Waite zur Führung. Mit derart engagierter Gegenwehr hatten die Panther scheinbar nicht gerechnte, denn sonderlich durchdacht wirkte deren Aufbauspiel in dieser Phase nicht. Sicher versuchten sie durch hohes Tempo ihre Vorteile zu erlangen, sicher schalten sich ihre Verteidiger intensiver in den Aufbau mit ein, letztendlich endeten die Angriffsversuche jedoch meist schon im Ansatz oder bei Patrick Couture, wie bei der Großchance von Omicoli. Wesentlich geradliniger und effektiver ging es auf der anderen Seite zu. Scheiterte Chris St. Croix mit seinem Blueliner noch knapp, hatte es Morgen Warren wenig später ungleich einfacher. Nach einem Fehler von Jimmy Waite musste die "66" die Scheibe nur noch in das leere Tor schieben. In keinster Weise unverdient und daher gab es auch zurecht frenetischen Beifall auf dem Weg in die erste Pause.
War es der Kabinenpredigt von Ron Kennedy zu verdanken oder einfach nur Glück, dass es kurz nach Wiederbeginn nur noch 2:1 stand? Fakt ist, dass ein mächtiger wie verdeckter Schlagschuss von Ken Sutton den Weg ins Netz fand. Wer allerdings jetzt eine Wende im Spiel vermutet hat, wurde nur kurze Zeit später eines besseren belehrt. Der äußerst agile Florian Zeller passte sie Scheibe zum kleinen aber flinken Peter Erlacher. Dieser narrte seinen drei Köpfe größeren Gegenspieler und passte zielgerecht vor das Gehäuse von Jimmy Waite. Bis sich der Keeper versah, hatte ihn Morgan Warren längst überwunden. Wer sonst außer Warren hätte dieses Tor machen sollen. Der Leader aus Sturmreihe zwei war der auffälligste Angreifer im Spiel der Kurstädter. Gänzlich blamieren wollte sich der ligahöhere Gast natürlich auch nicht. So versuchte es der letztjährige Halbfinalist zunächst mit etwas mehr Härte. Als dies nichts half, musste Patrick Couture herhalten. Ein immens harter Schlagschuss traf den Kandier an der Maske und knockte ihn kurzzeitig aus. Doch der Hexer aus dem Isarwinkel war schnell wieder einsatzbereit und machte es den Ingolstädter Angreifern in der Folgezeit noch schwerer.
Nach vierzig Minuten Kampf auf hohem Niveau mit dem entsprechenden Tempo musste man für den Schlussabschnitt ein wenig um die Kräfte bei den Buam fürchten. Auch weil seit geraumer Zeit nur noch mit drei Reihen agiert wurde. Die Zuspiele kamen fortan nicht mehr mit der bisherigen Präzision, immer mehr wurde man von den wütenden Angriffen des ERCI in das eigene Drittel gedrängt. Sukzessive rückte Patrick Couture in den Mittelpunkt. Zehn Minuten vor Spielende war aber auch er geschlagen. Martin Jiranek verwertete einen Abpraller reaktionsschnell zum Anschluss. Die Tölzer mobilisierte nun die allerletzten Reserven, um den Sieg doch noch festzuhalten. Einzig eine überzogene Entscheidung des ansonsten souverän leitenden Unparteiischen Oswald verhinderte dies. Zehn Sekunden nach dem der Referee Christian Curth auf die Strafbank schickte, entschied er auf Stock-Check von St. Croix. Hier hätte man bei etwas mehr Fingespitzengefühl durchaus ein Auge zudrücken können, zumal die Curth-Strafe schon diskutabel war. Die doppelte Unterzahl nutzen die Gäste freilich - wenn auch spät - zum Ausgleich. Andi Loth war im Nachsetzen erfolgreich.
Keineswegs demoralisiert ob des Ausgleichs blieb der Zweitligist dran und hätte zu Beginn der Overtime durch Christian Urban alles klar machen können. Hier reagierte Jimmy Waite tadellos, das Duell der besten Torhüter der jeweiligen Liga, verlor er indes eindeutig. Auch Florian Zeller hatte noch eine Möglichkeit, auf der anderen Seite scheiterte Loth erneut an Couture. Der Sieger musste also ausgeschossen werden und auch bei diesem finalen Event sollte die Spannung erhalten bleiben. Erst im sechsten Anlauf konnte Jakub Ficenec den entscheidenden Penalty verwandeln, nachdem in der regulären Serie lediglich Doug Ast sowie Florian Zeller erfolgreiche Versuche verbuchen konnten.
Zurecht lobte Gäste Coach Kennedy nach dem Spiel die Leistung der Tölzer Mannschaft. Es sei schwer, wenn der Gegner das erste Tor macht, derart leidenschaftlich auftritt und über einen solchen Ausnahmetorhüter verfügt. Seine Mannschaft habe Einiges zu wünschen übrig gelassen, immerhin aber den Rückstand noch egalisieren können. Bei Hans Rothkirch wechselten sich Ärger über die Niederlage und Stolz über die Leistung seiner Mannschaft ab, Letzteres überwog dann letztendlich doch. Nach der strapaziösen Busfahrt und dem starken Spiel in Essen mussten seine Jungs binnen zweier Tage ein enormes Pensum abspulen. Im Hinblick auf die bevorstehenden Aufgaben gegen Duisburg, Landshut und Bietigheim sei es nun an der Zeit, das Training entsprechend zu drosseln, auch wenn man am Beginn der Spielzeit diese Fitness von den Spielern durchaus erwarten könne.
Am Rande:
Auffällig in den ersten beiden Partien war eine selten gekannte Disziplin auf Tölzer Seite. Kaum unnötige Strafen und ein Christopher St. Croix, welcher der einst wackligen Defensive zusammen mit Neuzuganz Nummer zwei Anton Prommersberger eine merkliche Stabilität verleiht. (orab)
Tore:
1:0 (07:50) Warren (Stevens, St.Croix 5-4), 2:0 (17:25) Warren (Zeller,Prommersberger), 2:1 (21:45) Sutton (Ast, Hilpert), 3:1 (23:37) Warren (Erlacher, Zeller), 3:2 (50:19) Jiranek (Mondt, Ficenec), 3:3 (58:35) Loth (Jiranek, Harney 5-3)
Strafzeiten: Bad Tölz 24 - Ingolstadt 20
Schiedsrichter: Oswald
Zuschauer : 1815