Justitia wird die Saison nicht retten!Eilmeldung zum Zweitligastreit:
Der Plan von neun letztjährigen Zweitligisten aus Bietigheim, Bremerhaven, Crimmitschau, Dresden, Heilbronn, Landshut, Ravensburg, Rosenheim und Weißwasser, den DEB gerichtlich zu zwingen, einen neuen Kooperationsvertrag mit der ESBG zu schließen, damit diese weiterhin die 2. Bundesliga organisieren kann, scheint somit nicht aufzugehen. Der DEB bot stattdessen den Betrieb der Liga unter eigenem Dach an, nachdem die ESBG den alten Kooperationsvertrag selbst kündigte. Den Meldetermin dafür haben die vorgenannten Clubs jedoch verstreichen lassen, so daß sie augenblicklich ohne eine notwendige Anbindung zum Eishockeyverband und der DEB ohne 2. Liga dastehen. Für die Clubs galt die ESBG als Ausweg, nachdem ihr Vorhaben, mit der sogenannten "DEL 2" eine eigene Liga zu etablieren, bislang nicht aufging und sie sich sträuben, unter das Dach des Verbandes zu treten.
Das zuständige Landgericht München sah in dem Antrag der neun Zweitligisten schon zuvor keine besondere Eil- und Schutzbedürftigkeit, so daß es keine einstweilige Anordnung erließ, sondern stattdessen zunächst eine mündliche Verhandlung auf kommenden Donnerstag, 04.07.13, anberaumte. Dieser Termin wurde nun um zwei Wochen verschoben, was gemeinhin als Hinweis auf eine geringere Stichhaltigkeit des Anspruchs gewertet wird. Die Parteien waren sich dem Vernehmen nach daraufhin einig, die ursprünglich für kommenden Montag angesetzte ESBG-GV auf einen Termin nach der vermutlichen Urteilsverkündung zu verlegen.
Klar dürfte nun spätestens sein: Justitia wird den neun vorgenannten Zweitligisten keinen geordneten und rechtssicheren Spielbetrieb unter ESBG-Dach für die kommende Saison bescheren. Ihre Entscheidung fällt zu spät: Nach einer Urteilsverkündung ist die Begründung abzuwarten. Danach beginnt eine vierwöchige Frist für die Parteien, in Berufung zu gehen. Danach müßte sich das Oberlandesgericht der Sache annehmen, verhandeln, entscheiden und verkünden. Und dies geschähe in der personell ausgedünnten Sommerferienzeit des Gerichts - bis dahin wird Eishockey in allen anderen Ligen längst wieder gespielt.
Ohnehin muß die Sinnhaftigkeit des eingeschlagenen Klageweges im Hinblick auf seinen Problemlösungsnutzen hinterfragt werden. Schließlich kann ein Gericht nicht darüber urteilen, was für das deutsche Eishockey gut und richtig ist. Es wird nur ein Urteil darüber fällen, ob der DEB aufgrund bestehender eigener Bestimmungen in Satzung und Spielordnung verpflichtet ist, mit der ESBG einen Kooperationsvertrag zur Durchführung des Zweitligaspielbetriebs zu schließen. Verneint das Gericht diesen Anspruch, bleibt für die neun Zweitligisten, zumindest in der nächsten Saison, nur die Möglichkeit, am Spielbetrieb der vom DEB angebotenen 2. Bundesliga unter seinem Dach teilzunehmen und damit dem Beispiel ihrer Kollegen aus Kaufbeuren und vom Riessersee zu folgen, die von vornherein für diese Liga gemeldet haben.
Folgt das Gericht (letztinstanzlich) dem Wunsch der neun Zweitligisten und der DEB müßte mit der ESBG einen Kooperationsvertrag schließen, fingen die Probleme an dieser Stelle erst richtig an: Mit der Pflicht zum Vertragsschluß ist schließlich noch nichts über dessen Inhalt gesagt, auf den sich die Parteien zusammen mit den anderen Gesellschaftern dann erstmal einigen müßten. Vor allem aber scheinen die Stimmrechtsverhältnisse in der ESBG-GV seit einem Jahr ungeklärt: Seither bestreiten Noch-Geschäftsführer Alexander Jäger, der sich arbeitsrechtlich längst zum Neu-DEL-Club Schwenningen verabschiedet hat, und einige Zweitligaclubs, ob der DEB alle Stimmrechte der von ihm mehrheitlich gehaltenen Geschäftsanteile nutzen darf. Zudem gibt es neue Bestrebungen, dem DEB seine Geschäftsanteile ganz zu entziehen. Möglicherweise müssen diese grundlegenden Fragen auch erst gerichtlich geklärt werden, bevor die ESBG wieder handlungsfähig wird. Nach den Geschehnissen der vergangenen Monate darf jedenfalls bezweifelt werden, daß der DEB sich weiterhin seiner bislang im Sinne einer Ligenselbstverwaltung gepflegten Stimmenthaltung in wesentlichen Fragen bedient. Bis dahin könnte, bei normalem Gerichtslauf, bereits die übernächste Saison 2014/15 begonnen haben.
Diesem Szenario können alle Beteiligten nur entgehen, wenn sie sich schnellstens ins Einvernehmen setzen, die kommende Zweitligasaison doch noch retten und die Klärung der eigentlichen Streitfragen beginnen. Hierzu liegen den streitenden Parteien seit über eine Woche drei unterschiedliche Vermittlungsangebote von drei unabhängigen Seiten vor, die helfen könnten, die derzeitige Funkstille zwischen den Handelnden zu beheben und Wege zu einer Lösung zu öffnen. Der DEB steht diesen drei Vorschlägen aufgeschlossen gegenüber. Die neun Zweitligisten haben bislang den Klageweg bevorzugt und ihre Hoffnung auf Unterstützung durch die DEL (Deutsche Eishockey-Liga) und den DOSB (Deutscher Olympischer Sport Bund) gesetzt, die Tür zu den Vermittlungsangeboten aber nicht endgültig zugeschlagen. Schließlich hat sich die DEL in der Streitfrage schon lange deutlich positioniert und verfolgt dabei eigene Interessen. Als Vermittler kommt sie daher ebenso wenig infrage wie der DOSB, der schon vor Monaten erklärtermaßen davon Abstand genommen hat.
Fest steht: Nach der Verschiebung des Gerichtstermins tickt die Uhr immer lauter gegen eine wie auch immer geartete 2. Liga. Die Zweitligisten leben auf keiner Insel: das deutsche Eishockey, seine Clubs, Spieler, Fans und Sponsoren brauchen Planungssicherheit. Auch die Oberligisten wollen endlich verbindlich erfahren, wie ihre jeweiligen Ligen in der kommenden Saison aussehen werden, wer ihre Gegner sind, wieviele Spiele sie haben werden und ob am Ende eine breite Qualifikation zu einer neuen 2. Liga oder lediglich ein oder zwei Aufsteiger für eine doch noch bestehende Spielklasse ausgespielt werden. Und vor allem stehen derzeit etwa 200 Profi-Eishockeyspieler mit ihren Familien vor einer ungewissen Zukunft. - Es besteht also dringender Einigungszwang in Sachen 2. Liga! Justitia wird den Weg jedenfalls nicht weisen.