Jay Fehr: Das Spielsystem liegt mir
Foto: Robin Trettin - Motiv: Jay Fehr (m)Seit zwei Wochen ist Jay Fehr nun in Dresden. Nach seiner Ankunft hatte der Neuzugang der Dresdner Eislöwen nur noch einen Wunsch: ein Bett. Verständlich, denn zwischen seiner Entscheidung, nach Deutschland zu wechseln und dem ersten Treffen mit seiner neuen Mannschaft lagen gerade einmal zwei Tage:“Als mich mein Agent anrief, habe ich nicht lange überlegt. Ich habe nur mit meinen Eltern die notwendigen Dinge erledigt und schon saß ich im Flugzeug.“ Der Kanadier stand schon im Sommer auf der Kandidatenliste von Trainer Thomas Popiesch, entschied sich aber damals für sein Studium. Nun hat er in seiner Studienrichtung Kinesiologie alle Kurse des ersten Semesters abgeschlossen und ist damit einem Abschluss als Athletiktherapeut einen Schritt näher gekommen. Seine Karriere begann er bei den Brandon Wheat Kings, ein Club, der schon etliche NHL-Spieler hervorgebracht hat. Mit 89 Punkten (27T, 62A) aus 78 Spielen gelang ihm dort auch in der letzten Saison eine persönliche Bestmarke. Für sein Talent und seine Fähigkeiten spricht auch, dass er ein Prospective Camp für die Minnesota Wilds absolvieren konnte. „Das war eine aufregende, aber auch stressige Zeit. Man weiß nicht, wo man landen wird. Es gibt mit der ECHL, der AHL und NHL eine Menge Ligen, es kann für dich schnell hoch, aber auch schnell nach unten gehen. Aber es war eine tolle Erfahrung, ich habe mir besonders von den erfahrenen Spielern der Houston Aeros (AHL) eine Menge abschauen können.“ Nun hat er hier in Dresden seinen ersten Profivertrag in der Tasche. Dass der 21jährige den verletzten Patrick Jarrett adäquat ersetzen kann, erwartet keiner von ihm und das soll auch nicht seine Aufgabe sein. Aber er verstärkt den kleinen Kader der Eislöwen in der Breite, da er auf der bei den Dresdnern dünn besetzten Position des Centers spielt. Nichtsdestotrotz wird von ihm natürlich erwartet, dass er nach vorne Akzente setzen kann. „Ich möchte dem Team helfen, so gut ich kann“, meint Jay. „Hier in der Liga spielen viele erfahrene und auch physisch stärkere und größere Spieler als in meiner Collegeliga, da muss ich als eher kleiner Spieler immer einen Schritt vornweg sein. Deshalb arbeite ich grade daran, meine Schnelligkeit und Fußarbeit zu verbessern. Allerdings kommt mir das System hier mehr entgegen, hier muss der Stürmer mehr Defensivarbeit leisten und auch positionsgebundener spielen. Man hat auch mehr Raum für den Spielaufbau. Ich bin vom Typ her eher der Spielmacher, der Raum für die entscheidenden Pässe braucht und würde mich auch nicht unbedingt so als den Torjäger bezeichnen. Aber dafür denke ich, dass ich meine Sturmpartner gut in Szene setzen kann.“ Das hat ein seinem ersten Spiel für die Eislöwen gegen die Hannover Indians schon bewiesen. Nach einem präzisen Zuspiel von ihm erzielte Sturmpartner Michael Schmerda im zweiten Drittel den überaus wichtigen Ausgleichstreffer, der die Dresdner zurück ins Spiel brachte und letztlich gewinnen ließ. Mittlerweile ist er also nicht nur an der Elbe, sondern auch in seinem neuen Team angekommen:“ Klar ist es eine Umstellung, wenn man in eine neue Stadt kommt und die Sprache nicht spricht. Aber die Jungs haben mich in der Kabine sehr gut aufgenommen, helfen mir überall und stehen mir auch im Training zur Seite. Wir waren auch schon zusammen in der Stadt und die ist natürlich toll. Zum Glück habe ich auch noch ein bisschen Zeit, mir etwas von den Sehenswürdigkeiten anzuschauen.“ Dein zweites Spiel war das Derby gegen Crimmitschau vor ausverkaufter Halle? „Das war schon eine super Erfahrung“, kommt Jay Fehr kurz ins Schwärmen. „Von der WHL war ich es zwar gewohnt, vor 5000 Zuschauern zu spielen, aber was hier bei den Fans abgeht, ist phantastisch, das kannte ich aus Kanada nicht. Von ihnen geht eine Energie aus, die man direkt auf dem Eis spürt. Diese tolle Atmosphäre kann man nur genießen.“ Befragt, wie er angefangen hat, Eishockey zu spielen, bekommt man die Antwort, die man bei einem Kanadier irgendwie erwartet. Wie bei den meisten Kindern war es auch bei ihm und seinem Bruder normal und es führte auch kein Weg dran vorbei, irgendwann mit Spielen anzufangen. Du erwähnst deinen Bruder, ist das Eric Fehr von den Washington Capitals? „Nein, ist er nicht“, sagt Jay lachend. „Er wohnt zwar nur ein paar Minuten von meiner Heimatstadt entfernt, wir sind aber nicht miteinander verwandt.“ Auch Golfen, Angeln und an der Play-Station zocken (wobei er es schon bereut, dass er sie nicht mit nach Europa mitgenommen hat) als seine Hobbies und Sid Crosby als sein Vorbild überraschen bei einem kanadischen Eishockeyspieler nicht wirklich. Nur sein letzter Satz passt nicht ins Schema: „Wo gibt es in Dresden das beste Sushi-Restaurant?“