Interview mit René Rudorisch zur neuen Saison 2023/24 Teil 1„Bis zu acht Clubs hätten das Zeug zum Aufstieg in die DEL“

Hallo Herr Rudorisch und Glückwunsch zu zehn Jahren DEL2! Was war denn Ihr Highlight in der Jubiläumssaison?
Das ist immer etwas schwierig, da in einer Saison wirklich viele Dinge passieren. Besondere Ereignisse waren die ausverkauften Finalspiele in Bad Nauheim und Ravensburg, aber auch die Spiele in Krefeld mit teilweise über 8.000 Zuschauern waren für unsere Liga sensationell. Auf jeden Fall lagen die Highlights endlich wieder im Spielbetrieb und bei den sportlichen Ereignissen.
Und in den bisherigen zehn Spielzeiten?
Für mich sind die ganz großen Höhepunkte immer wieder die Event-Games, zweimal in Dresden, das Summer Game in Frankfurt, was außergewöhnlich war, und das Spiel in Offenbach. Auch die Einführung des Auf- und Abstiegs war ein Highlight, für das wir lange gekämpft haben. Das war nicht einfach, am Ende hat es die Liga aber geschlossen mit der DEL erreicht.
Wo Licht ist, ist auch Schatten. In diesem Jahr hat die DEL2 zwei langjährige Standorte verloren, Heilbronn durch den sportlichen Abstieg, Bayreuth durch die Lizenzverweigerung.
Ein Abstieg ist immer tragisch und da ist es auch fast egal, ob es einen langjährigen Partner betrifft oder einen Club, der gerade erst aufgestiegen ist. Ein Schatten liegt natürlich auch auf der Thematik Bayreuth, da es schade ist, wenn man Standorte aus wirtschaftlicher Sicht verliert. Auf der anderen Seite ist es aber für die gesamte Liga wichtig, eine entsprechende Wirtschaftlichkeit einzufordern. Und wenn diese in Frage steht, dann sind wir als Liga nicht bereit, Risiko zu gehen und Ausfälle während der Saison hinzunehmen, die man im Vorfeld schon hätte sehen können.
Trotzdem ist es eine Entscheidung, die sehr weh tut, auch gegenüber dem Standort und den Fans dort.
Bayreuth hatte angeblich Probleme wegen wegfallender Coronahilfen. Geht es um eingeplante Hilfen, die nicht kamen oder tatsächlich um Rückzahlungen?
Im Detail kann ich darauf nicht eingehen. Am Ende geht es in der Lizenzprüfung darum, die wirtschaftliche Stabilität darzulegen und nachzuweisen, dass man bis Saisonende ausreichend Geld zur Verfügung hat, um den eingereichten Haushaltsplan entsprechend abzudecken. Da gab es aus unserer Sicht eine deutliche Diskrepanz und daraufhin eben auch die Entscheidung der Bayreuth Tigers, die Klage noch während des Schiedsgerichtsverfahrens zurückzuziehen.
Mit Kassel, Krefeld, Bietigheim und Dresden gibt es vier Aufstiegsaspiranten in diesem Jahr. Clubs wie z.B. Ravensburg und Landshut dürften etatmäßig auch oben dabei sein. Können Sie sagen, wie weit die Etats in der Liga auseinanderliegen?
Es ist immer schwierig, die Gesamtetats der Standorte wirklich zu vergleichen. Das liegt an den sehr heterogenen Situationen in den Clubs. Manche haben z.B. das gesamte Stadion-Catering in den Büchern oder eine Sportsbar. Allein das macht es schwierig, die reinen Etats zu vergleichen. Über den Daumen haben wir Etats zwischen ca. 2,6 Mio. und 4,5 Mio. Euro. Bezieht man sich auf die reinen Spielergehälter, liegt man ganz grob zwischen ca. 900.000 und in der Spitze ca. 2 Mio. Euro. Man muss aber einen weiteren wichtigen Faktor berücksichtigen, nicht nur in unserer Sportart: finanzielle Größen spiegeln nicht immer die sportliche Wahrheit auf dem Eis wieder.
Sehen Sie die Gefahr einer Zwei-Klasse-Liga?
Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass Geld nicht alles bedeutet. Fairerweise muss man sagen, dass wir in der letzten Saison zwei Ausreißer hatten, oben die Kassel Huskies, die mit Rekordergebnissen davongezogen sind und unten die Bayreuth Tigers. Auf der anderen Seite hatten wir zwischen Platz 4 und Platz 10 am Ende gerade einmal 20 Punkte Abstand. Bei 52 Spieltagen ist das also eine enge Liga, die nicht weit auseinander liegt.
Mit Rosenheim und Bietigheim kommen zwei alte Bekannte zurück, wo sehen Sie die beiden Clubs in der neuen Saison?
Das wird spannend zu sehen sein. Bereits im letzten Jahr haben wir mit Regensburg einen Standort aus der Oberliga bekommen, der sich hervorragend entwickelt hat, sowohl sportlich als auch vom Umfeld her. Ich traue Rosenheim einen ähnlichen Einstieg zu. Die Mannschaft sieht, zumindest auf dem Papier, stabil aus. Sie könnten sich am Ende irgendwo im Mittelfeld einfinden. Ich glaube nicht, dass sie von Anfang an nur gegen den Abstieg spielen. Bei den Steelers muss man sehen, wie sie den Abstieg aus der DEL verkraften, aber ich denke, dass sie eine gute Rolle spielen werden. Krefeld hat als Absteiger letztes Jahr einen sehr guten Job gemacht, auch wenn man sich die Liga am Anfang etwas einfacher vorgestellt hat. Wenn man aber schaut, wie sie in der Hauptrunde aufgetreten sind, wie sie den Standort wiederbelebt haben mit vielen Fans und toller Atmosphäre bei den Spielen, auch ohne die Derbys gegen Düsseldorf oder Köln, ist das beeindruckend. Richtigerweise haben sie nun den nächsten Schritt vor sich.
Wie haben sich die Zuschauerzahlen insgesamt in der Liga entwickelt?
Wir waren in den letzten Jahren schon auf hohem Niveau. Krefeld hat dieses Jahr sicher seinen Teil dazu beigetragen, dass wir uns vor allem in der Endrunde wieder zu Rekordzahlen aufgemacht haben. In den Playoffs hatten wir im Schnitt 3.250 Zuschauer pro Spiel, in den Vorjahren lagen wir da nie über einem Schnitt von 3.000 Zuschauern gemessen über alle Playoff-Spiele. In der Hauptrunde liegen wir auf Platz 4 seit 2007. Zu Saisonbeginn hatten wir einen etwas schwierigen Start, sicher nicht verwunderlich nach Corona.
Wichtig für uns war, dass die Stadien zum Ende der Hauptrunde wieder deutlich voller geworden sind. Wir hoffen, dass sich dieser Trend in der neuen Saison fortsetzt.
Zum Thema Auf- und Abstieg und Verzahnung mit der DEL: Wäre es nicht an der Zeit, die finanziellen und strukturellen Voraussetzungen für einen Aufstieg zu lockern? In der letzten Saison hatten die DEL-Clubs Wolfsburg und Bietigheim im Schnitt unter 3.000 Zuschauer.
Wir als DEL2 werden natürlich weiter mit der DEL im Gespräch bleiben und sehen Notwendigkeiten in verschiedenen Punkten nachzubessern. Bei den wirtschaftlichen Voraussetzungen sollten wir aber nicht ansetzen. Ich glaube, dass eine gewisse Wirtschaftskraft notwendig ist, wenn ein Club einen Aufstieg bewerkstelligen will. Auch wenn man dann wieder absteigt, ist es für uns als Liga wichtig, dass der Club wirtschaftlich in der Lage ist, weiterhin in der DEL2 zu spielen. Die Lizenzprüfungsmodelle in beiden Ligen sind relativ ähnlich.
Aber die wirtschaftlichen Voraussetzungen sind gar nicht das Problem, das sind eher die Voraussetzungen für das Stadion. Es werden mindestens 4.500 Plätze gefordert, wohlwissend, dass die DEL im letzten Jahr nur sieben Clubs hatte, die im Schnitt mehr als 4.500 Zuschauer hatten. Ich bin der festen Überzeugung, dass es durchaus DEL2-Standorte gibt, die aufgrund ihrer Sponsoren- und Unterstützerbasis auch in der DEL mit weniger als 4.500 Zuschauern mithalten könnten, wenigstens aber stabil für ein Jahr DEL spielen können. Diese Diskussion sollten wir in der nächsten Zeit führen, denn sie hilft auch DEL-Clubs beim Thema Planungssicherheit. Wenn nämlich nur vier Clubs aufsteigen können, ist es bis zum Ende ungewiss, ob es überhaupt einen sportlichen Aufsteiger gibt. Wäre es Stadion-unabhängig, bin ich davon überzeugt, dass es bis zu acht DEL2-Clubs gibt, die alle wirtschaftlichen Voraussetzungen für die erste Liga erfüllen würden.
Herr Rudorisch, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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