Das Jahr nach dem Umbruch bei den Löwen FrankfurtFranz Fritzmeier zieht mit Hockeyweb ein Fazit und gibt Einblicke
Franz Fritzmeier, Manager der Löwen Frankfurt. (Foto: dpa/picture alliance)
Was bleibt, ist die Gewissheit, sogar mit einer vergleichsweise unerfahrenen Frankfurter Mannschaft, die nur vereinzelt auf erfahrene und gestandene Spieler setzte, die ein DEL2-Finale hinter sich brachte, das mit etwas mehr Geschick und weniger Leichtsinn – jugendlichem Leichtsinn? – die Meisterschaft an den Main hätte holen können.
Besonders im Finale zeigten die Ravensburger, wie abgebrührt eine Mannschaft spielen muss, welche Tricks und Kniffe man dem Gegner aufdrücken muss, um nach engen, umkämpften Spielen den Pokal zu holen. Nicht nur einen 0:2- oder 1:3-Rückstand holten sie in Spiel eins am Ratsweg auf, sogar einen 0:4-Rückstand in Spiel drei machten sie zunichte. Damit schien die Meisterschaft fast vorentschieden. Nicht nur die Löwen taumelten, auch das finnische Trainer-Trio sammelte hinter der Bande erste bittere Erfahrungen im Profitum. Sie schafften es doch, ihre Mannschaft erneut aufzurichten und taktisch trotz 1:3-Rückstandes neu einzustellen – was jedoch nicht reichte, als Ravensburg in Spiel 6 alle Klasse ausspielte.
Was geschah vorher? Mit dem Antritt Fritzmeiers als Sportdirektor der Löwen Frankfurt im Dezember 2017 stellte sich ein Umdenken am Main ein. Während sein Vorgänger Rich Chernomaz auf erfahrenere, körperlich robuste Kräfte setzte, wurde Franz Fritzmeier vorrangig als Experte für deutsche Talente mit entsprechendem Verhandlungsgeschick ins Boot geholt. Lediglich sechs Spieler aus der vergangenen Saison blieben, auch Publikumslieblinge wie Nils Liesegang oder Clarke Breitkreutz verließen den Verein. Hauptaugenmerk lag neben technischen ausgeprägten Voraussetzungen auf der Schnelligkeit der Spieler, mit der der Gegner immer unter Druck gesetzt werden sollte.
Wer vor der Saison dennoch eine Finalteilnahme der rundum erneuerten jungen Löwen getippt hatte, wurde weithin eher als Optimist bezeichnet. Nach der Verpflichtung vieler Talente wie den Eisenmenger-Brüdern, Leon Hüttl, Marius Erk, Mike Fischer sowie der Weiterverpflichtung Lukas Koziols ließ sich früh die Marschroute der kommenden Jahre erkennen: der Weiterentwicklung einer begabten jungen Mannschaft mit Blick auf die Öffnung der Aufstiegs-Regelung zur Saison 2020/21 in Richtung der deutschen Oberklasse DEL, geführt von auf Augenhöhe arbeitenden und fachlich modern ausgebildeten Trainern und durchgemischt mit Leadern wie Adam Mitchell, Dan Spang, Eddy Lewandowski oder Tim Schüle. Auch Spieler wie Carter Proft, Max Faber oder Kevin Maginot, die nun in ihr bestes Eishockey-Alter kommen, unterschrieben im Löwen-Dress und komplettierten die gesunde Mischung aus jung und alt. Umso erfreulicher erscheint gerade die Entwicklung dieser jungen Spieler, nimmt man auch den vor zwei Saisons aus Kanada nach Frankfurt gekommenen Defensiv-Spezialisten Dalton Yorke hinzu, der vor allem in seiner zweiten Saison auf europäischem Eis eine starke Formkurve zeigte und früh in Frankfurt für die neue Saison 2019/2020 verlängerte – genau wie der auf dem Eis hitzköpfige Center Carter Proft. „Dalton zählt in seiner dritten Saison in Deutschland in die Riege der U24-Spieler, nachdem die Regel vorsieht, dass Spieler, die nicht in Deutschland das Eishockeyspielen erlernt haben und im Besitz eines deutschen Passes sind, erst zwei Jahre in Deutschland spielen müssen, bevor sie in die U-Spieler-Regelung fallen“, so Fritzmeier zur Weiterverpflichtung Yorkes, der in der kommenden Saison als U-Spieler für die Löwen auflaufen wird.
Sollten die Entwicklungen der anderen Talente ähnlich verlaufen, könnte das anvisierte Konzept der Löwen greifen. Gerade im Hinblick auf die Aufstiegssaison scheint bei den Löwen Kontinuität Einzug zu halten. „Die letzten Feinjustierungen vor der Aufstiegssaison sind dies sicher nicht; wir wollen in der neuen Saison den nächsten Schritt in der Entwicklung des Teams hin zu unserem großen Ziel der Meisterschaft in der Saison 2020/21 und dem dann damit verbundenen Aufstieg in die DEL machen, so Fritzmeier mit Blick auf seine Aussage am Saisonabschluss, man werde den Kader im Sommer „feinjustieren“. Ergänzend dazu: „Uns geht es vorrangig darum, die Mannschaft weiterzuentwickeln und Spieler zu finden, die zu unserem Konzept passen. Natürlich werden wir alles dafür tun, um die nächste Saison so erfolgreich wie möglich zu gestalten und unseren Fans den dieses Jahr leider ganz knapp verpassten Meistertitel zu schenken. Oberste Priorität hat aber weiterhin die Meisterschaft in der Saison 20/21 und der damit verbundene Aufstieg.“
Wie geht es im Hinblick auf die Konstellationen im Kader und der Entwicklung der jungen Spieler also weiter? „Wir wollen insgesamt als Club, als Team den nächsten Schritt machen und so konstant wie möglich mit vier starken und noch ausgeglicheneren Reihen auftreten - wobei natürlich eine Rolle spielt, dass unsere vielen jungen Spieler ein Jahr weiter sind und in der letzten Saison sehr viele sehr wichtige Erfahrungen sammeln konnten. Gleichzeitig darf man aber nicht vergessen, dass viele dieser jungen Spieler weiterhin erst 18/19/20 Jahre alt sind und immer noch Zeit brauchen sich zu entwickeln“, bedenkt Fritzmeier.
Ein erneuter größerer Umbruch ist demnach nicht zu erwarten. Lediglich auf den Torhüter-Positionen dürften komplett neue Gesichter zu sehen sein. Basti Kucis könnte über die Kölner Haie wohl in Bad Nauheim aufschlagen, eine Entscheidung ist aber noch nicht gefallen. Stammgoalie Ilya Andryukhov wird die Löwen ebenfalls verlassen. Als möglicher Ersatz steht Krefelds Goalie Patrick Klein im Raum.
Während die Verteidiger Max Faber, Dalton Yorke und Marius Erk (jeweils ein Jahr) verlängert haben, zeichnete sich der familiär bedingte Wechsel Tim Schüles ins Bietigheimer Ellental schon länger ab, dessen vor allem im Spielaufbau und an der blauen Linie mögliche Lücke geschlossen werden muss. Ein Verbleib von Verteidiger Dan Spang ist unter Dach und Fach, der in der vergangenen Saison den defensiven Felsen in der Brandung darstellte. Ebenfalls in Südhessen bleibt Leon Hüttl, dessen Vertrag bei den Löwen für zwei weitere Saisons gültig ist. Einzig Kevin Maginot wird nach einem durchwachsenem Jahr Südhessen verlassen.
In der Offensive sind die Verlängerungen der Eisenmenger-Brüder bereits publik, die im Hinblick auf ihr Alter ein starkes erstes Profi-Jahr verzeichnen können. Brett Breitkreutz, Antti Kerälä und Matt Pistilli haben die Löwen bereits verlassen. Wie auch Leon Hüttl konnten die Löwen Mike Fischer längerfristig binden. Lukas Koziols und Dominik Meisingers Verlängerungen sind sind seit kurzer Zeit klar, auch Eddi Lewandowski und Adam Mitchell haben für die kommende Laufzeit Vertrag. Während Carter Proft bereits früh verlängerte, verlässt der schnell den Fans ans Herz gewachsene Spielmacher David Skokan aus privaten Gründen Frankfurt wieder, um zu seiner Familie zurückzukehren. Mathieu Tousignant wird die Löwen aller Voraussicht verlassen. Ihm liegt ein Angebot der Eispiraten Crimmitschau vor. Noch mehr Scoring-Touch verleihen soll den Löwen Hauptunden-Topscorer Roope Ranta, der aus Heilbronn nach Frankfurt kam. Passend zum Konzept der jungen, dynamischen Frankfurter Mannschaft könnte eine Rückkehr Lukas Laubs, der bereits zwei Jahre für die Löwen spielte, möglich sein. Aus Landshut verpflichtet wurde darüber hinaus Sturm-Talent Luis Schinko, aus Salzburg kommt U20-Nationalmannschaftskollege Daniel Wirt an der Main. Gegenüber Hockeyweb äußert sich Sportdirektor Franz Fritzmeier, angesprochen auf die Talente und den womöglich in der Mannschaft noch fehlenden Leadership, wie folgt: „Zunächst einmal sind wir sehr stolz darauf, dass sich mit Daniel Wirt und Luis Schinko zwei weitere deutsche Toptalente für unser Konzept entschieden haben. Natürlich ist es sehr wichtig, dass diese Talente neben einem top geführten Verein und einem Top-Trainerstab auch erfahrene Leader in der Mannschaft an der Seite haben, wo wir unter anderem mit Adam Mitchell, Eddy Lewandowski und Dan Spang sehr gut bestückt sind. Für die restlichen Plätze in unserem Team für die Saison 2019/20 sind wir auf der Suche nach Spielern, die schon eine gewisse Erfahrung haben, aber gleichzeitig auch hungrig und in einem Alter sind, so dass sie sich über oder am besten mit uns für höhere Aufgaben empfehlen wollen und vor allem heiß drauf sind, für die Löwen alles zu geben und mit den Löwen erfolgreich zu sein. Natürlich kann es auch sein, dass ein weiterer sehr erfahrener Leader zum Team stößt - das muss aber nicht sein. Wir sind grundsätzlich schon sehr weit und konnten einen Großteil der Mannschaft zusammenhalten. Für die letzten freien Positionen werden wir den Mark sehr intensiv beobachten, um die noch freien Positionen zum richtigen Zeitpunkt bestmöglich zu besetzen - was natürlich auch noch zu einem späteren Zeitpunkt des Sommers passieren könnte, wie es zuletzt der Fall mit Max Faber und Carter Proft war“, gibt der Löwen-Manager einen Ausblick.