Cannibals verschlingen Starbulls – Rosenheim-Fans feiern trotzdem2. Bundesliga: Landshut ist Meister

Keine Frage: Sieger des Abends waren die Rosenheimer Fans, verdienter Sieger der Saison die Landshut Cannibals. „So ist das im Sport“, fasste Starbulls-Legende Mondi Hilger anschließend enttäuscht zusammen, „es gibt Tage, da kannst Du auf ein Tor spielen, triffst nichts und der Gegner alles.“ Damit ist eigentlich alles über dieses Duell gesagt. Dennoch wollen wir hier der Chronistenpflicht Rechnung tragen und auch das letzte Spiel einer begeisternden Zweitligasaison Revue passieren lassen.
Die Hausherren, bei denen die Stephens-Reihe diesmal gegen die Trew-Mannen startete, begannen mit großem Druck und erarbeiteten sich in den ersten fünf Minuten zahlreiche Chancen. Sie scheiterten aber entweder an Kannibalen-Goalie Sebastian Vogl oder an eigenen Ungenauigkeiten im Abschluss. In der sechsten Spielminute die erste kalte Dusche für die Starbulls: Einen langen Diagonalpass von Jaroslav Kracik konnte Ryan Gaucher nicht abfangen. Frantisek Mrazek drang so über rechts ins Rosenheimer Drittel ein und bediente den im Slot völlig freien Martin Davidek, der direkt zur Gästeführung verwandeln konnte. Keine 120 Sekunden später nutzten die Dreihelme-Städter ihre erste Überzahl des Abends durch einen zielgenauen Schlagschuss von Kapitän Kamil Toupal in den linken Torwinkel.
Ernüchternd dann das 0:3 durch Billy Trew aus sehr spitzem Winkel, flach von rechts durch die Beine des unglücklich agierenden Norm Maracle im Starbulls-Tor. Fast eine Kopie des zweiten war das vierte Tor: wieder nutzten die Niederbayern eine Strafzeit, diesmal durch Andreas Geipel, mit einem halb geblockten Schuss aus dem Slot in den rechten Winkel. Bei angezeigter Strafe gegen Beppi Frank wandelte das Team vom Isar-Strand auch ihre dritte Überzahlsituation zu einem Torerfolg. Nicht, dass es auf der Gegenseite keine Chancen gegeben hätte: Mitch Stephens, Stephan Gottwald, Dominic Auger und andere Kameraden versuchten sich an Vogl – ohne Erfolg!
Ab dem zweiten Spielabschnitt stellte sich Peppi Mayer statt Maracle den Angriffen des Hauptrunden-Primus’ in den Weg – mit deutlich besserem Erfolg. Doch nachdem seine Vorderleute ihr erstes Powerplay ungenutzt verstreichen ließen, zeigten die Kannibalen, wie auch in Unterzahl Tore zu erzielen sind: Mrazek vollendete aus kurzer Distanz einen Pass von Kracik, als wäre dies eine Selbstverständlichkeit. Danach ergaben sich eine Reihe von Treffermöglichkeiten für die Männer vom Mangfall, teilweise sogar in doppelter Überzahl. Doch egal, ob Gottwald, Stephens, Marcus Marsall oder Andrej Strakhov – man gewann den Eindruck, als würden die nie aufsteckenden Rosen-Städter noch Stunden spielen können, ohne einen Torerfolg zu erzielen. Am ärgsten unterstrich dies Strakhov, von Gottwald am langen rechten Pfosten freigespielt, gelang es ihm nicht, den Puck aus wenigen Zentimetern Entfernung über die Linie zu drücken. – Seinen Frust darüber bekam sein Schläger zu spüren und er dafür zehn Gedenkminuten auf der Strafbank.
Nach all den vergebenen Möglichkeiten der Oberbayern, hatte das siebente Tor ihrer Kontrahenten fast surrealen Charakter: Während Peter Kathan und Niko Senger sich auf ihrer blauen Verteidigungslinie zu sortieren versuchten, nahm, davon völlig unbeeinträchtigt, Trew einen Pass von Cody Thornton zwischen ihnen auf und konnte, allein auf Mayer zulaufend, problemlos auf 0:7 erhöhen. Postwendend markierte Gottwald auf Pass des zeitweise Strakhov ersetzenden Dominik Daxlberger den Ehrentreffer. Danach herrschten nur noch die Torhüter: Vogl rettete gegen Frank, Corey Quirk und Robin Hanselko, Mayer gegen Geipel und Mrazek in jeweils aussichtsreicher Position.
Im letzten Spielabschnitt versuchten die Starbulls nochmals alles, stellten ihre ersten beiden Reihen um, und Coach Franz Steer erzählte ihnen von dem eigenen Erlebnis, mit Preußen Berlin einst 0:7 zurückgelegen und noch unentschieden gespielt zu haben. Auch vier weitere Strafzeiten der Gäste halfen nicht – es blieb beim 1:7-Spielstand. Die nie versiegenden Bemühungen der Inn-Städter blieben erfolglos. Gleichwohl zelebrierten ihre Fans eine beispiellose Party: „Wir sind stolz auf unser Team“, hallte es durch das Stadion. Mit „und schon wieder keine Stimmung, EVL“, versuchten sie die zahlreich mitgereisten Landshuter Fans zu animieren. Die Feststellung, „selbst zum Feiern, seid Ihr noch zu blöd“, wollten die Niederbayern am Ort ihres Erfolges dann aber nicht auf sich sitzen lassen und begannen nun ihrerseits, das eigene Team zu feiern. „Diese Stimmung habe ich bei einem solchen Spielstand von noch keinen Fans jemals erlebt“, war auch Schiedsrichter-Chef Gerhard Lichtnecker begeistert von den Rosenheimer Fans.
„Es war ein langer Weg zur Meisterschaft“, stellte Landshuts scheidender Geschäftsführer Bernd Truntschka den errungenen Zweitligatitel in einen über zehn Jahre währenden prozessualen Zusammenhang. Und sein Coach Jiri Ehrenberger genoss den „finalen Derby-Charakter“ zwischen den beiden bayerischen Teams ganz besonders, erinnerte aber auch an „fast zwölf Monate harte Arbeit, die hinter der Mannschaft“ lägen. „Gott sei Dank, haben wir in den letzten drei Spielen unsere Sicherheit wiedergefunden“, um „den stärksten Gegner in den Play-offs“ zu bezwingen, ließ er an der Schwierigkeit der bewältigten Aufgabe keinen Zweifel.
Sein merklich verärgerter Rosenheimer Kollege Franz Steer („als Vize bist Du immer erster Verlierer“) gestand ein: „Der Tank war leer“, „wir haben heute keinen Dampf mehr gehabt, um das Spiel zu gewinnen“. Er machte vor allem die fehlende Breite im Kader seines Teams dafür verantwortlich, zuletzt nicht mehr Paroli geboten zu haben: „Die Ausfälle von Asselin und Wenzel waren für uns im Torabschluß nicht zu kompensieren.“ Gleichwohl zeigte er sich erstaunt, „bei einer Niederlage noch nie so gefeiert“ worden zu sein. Und sein Sportchef Richard Diebald gestand: „Die Fans trösten natürlich über diese Niederlage hinweg.“ Gleichwohl habe „die Mannschaft die Höhe der Niederlage nicht verdient“ und auch wenn die Enttäuschung jetzt groß sei, habe „das Team eine großartige Saison gespielt“, so daß er „stolz“ sei auf die Mannschaft.
Damit fand eine faszinierende Zweitligasaison nicht nur einen verdienten und würdigen Meister, sondern auch einen unvergleichlich stimmungsvollen Ausklang. – Herzlichen Glückwunsch!
Tore: 0:1 (6.) Davidek (Mrazek, Kracik), 0:2 (7.) Toupal (Kracik) 5-4, 0:3 (14.) Trew (Thornton, Kapstad), 0:4 (16.) Geipel (Toupal) 5-4, 0:5 (19.) Davidek (Mrazek) 6-5, 0:6 (23.) Mrazek (Kracik) 4-5, 0:7 (35.) Trew (Thornton, Davidek), 1:7 (35.) Gottwald (Daxlberger)
Strafen: Rosenheim 6 + 10 Strakhov, Landshut 20
SR: Vogl, Haupt, LR: Büse, Velkoski
Zuschauer: 4.726
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