5 vor 12 - Regensburg droht frühzeitiges Saisonende
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Wenn man am Dienstagabend in die Gesichter der Regensburger
Eishockeyfans sah, schlug einem Entsetzen, Unverständnis und
Ratlosigkeit entgegen. Klar, die Eisbären hatten ein Heimspiel gegen
Landsberg verloren, die Art und Weise verschlug jedoch selbst dem
eingefleischtesten Fan die Sprache. Nicht nur, dass die Eisbären die
Chance verpassten, sich ein Polster von drei Punkten auf Platz neun zu
verschaffen, sondern die Emotionslosigkeit mit der sie diese Tatsache
hinnahmen wirft viele Fragen auf. So ließen sich Jason Miller und Co.
in der heimischen Donau Arena vom Aufsteiger aus Oberbayern phasenweise
vorführen. Wie über den gesamten Saisonverlauf hinweg war von den
vermeintlichen Leistungsträgern nur Alibieishockey zu sehen.
Die vor Saisonbeginn so hochgelobten DEL-Verteidiger Christian Franz
und Shayne Wright sind schlicht und ergreifend der Liga nicht
gewachsen. Wright war zwar lange Zeit verletzt, ließ aber auch nach
einem von Ex-Trainer Peter Draisaitl verordneten Fitnessprogramm keine
Fortschritte erkennen. Auch Oliver Bernhard schlüpfte zu keinem
Zeitpunkt der Saison in die ihm zugedachte Führungsrolle, etwas, was
man bei Niklas Hede nicht ahnen konnte. Der spielfreudige Finne bemühte
sich zwar zuletzt und konnte einige Scorerpunkte sammeln, aber die
Mannschaft mitreißen kann auch der erfahrene Ex-DEL-Stürmer nicht.
Jason Miller scheint seine beste Zeit längst hinter sich zu haben.
Mangelndes Engagement und Unkonzentriertheit tun ihr Übriges. Der
Kapitän der Eisbären ist somit kein Vorbild für die jungen Spieler und
daher nicht in der Lage ein Machtwort zu sprechen.
Es gibt aber auch noch andere Spielertypen im aktuellen Eisbärenkader.
Spieler, die einem in dieser Phase der Saison Leid tun können.
Arbeitstier David Cermak zum Beispiel. Der Deutsch-Tscheche
durchschritt nach seinem ersten Engagement in Regensburg ein tiefes Tal
bis hin zur Bayernliga. Als er jedoch seinen deutschen Pass bekam,
stellte Ex-EVR-Manager Jiri Lala den Kontakt zum sympathischen
Mittelstürmer her. Diese Maßnahme sollte sich als Glücksgriff erweisen.
Cermak kämpft unerbittlich und identifiziert sich absolut mit der
Regensburger Mannschaft und deren Fans. Ähnlich wie bei Martin Ancicka
scheint ihm der Verein sehr am Herzen zu liegen und die aktuelle
Situation durchaus weh zu tun. Auch Chris Heid, Korbinian Holzer,
Alexander Dotzler und die jungen Eisbärenstürmer, allen voran Alexander
Feistl lassen den Kopf nicht hängen. Aber ohne eine ausländische
Trumpfkarte wirkt das Geschehen auf dem Eis wie einst Don Quijotes
Kampf gegen Windmühlen. Zu viele Baustellen gibt es derzeit in allen
Mannschaftsteilen der Regensburger. Selbst der sonst so torgefährliche
Ervin Masek scheint meilenweit von seiner früheren Form entfernt. Trotz
seiner 39 Jahre wirkt der einstige Topscorer gehemmt und von Spiel zu
Spiel nervöser.
Gerade die Kontingentstellen sind bei den Eisbären augenscheinlich zu
schwach besetzt. Eine Tatsache, die bei solch prominenten Namen sicher
nicht vorhersehbar war. Ein Brent Gauvreau ist zwar bemüht, aber
den technischen Anforderungen und dem Tempo dieser Liga nicht
gewachsen. Andreas Moborg galt zumindest in der ersten Saisonhälfte als
sichere Bank in der Regensburger Defensive. Durch die Verpflichtung von
Goalie Patrick Couture als sechstem Ausländer musste jedoch
ausgerechnet der Schwede desöfteren pausieren, was sich bei seinen
weiteren Auftritten negativ bemerkbar machte. Aufgrund einer Erkrankung
des Blinddarmes scheint die Saison für Moborg bereits beendet.
Durchgehend auf dem Eis war dagegen Josh MacNevin. Der Kanadier ist
zwar unbestritten ein fleissiger Punktesammler, offenbart in der
Defensive jedoch teilweise eklatante Mängel. Durch unnötige
Schönspielerei brachte er sich häufig in Bedrängnis und dürfte bei
einer offiziellen Plus-/Minus-Bilanz sicher nicht unter den besten
Verteidigern der Liga zu finden sein. Der Wille zu gewinnen war bei ihm
allerdings in jeder Partie zu spüren. MacNevin wirkt wie der heimliche
Kapitän der Mannschaft, steht aber mit seiner engagierten Einstellung
oft alleine da. Auch Brandon Dietrich ließ sich von den Problemen in
den einzelnen Mannschaftsteilen anstecken. Kurz nach seiner
Verpflichtung spielte der Kanadier überragend und ließ Mark Woolf
schnell in Vergessenheit geraten. Leider konnte Dietrich seine Leistung
nicht konservieren und verfiel wie viele andere auch ins Mittelmaß.
Einzig Goalie Patrick Couture erwies sich als Glücksgriff. Zwar patzte
der lange verletzte Goalie vor der Länderspielpause einige Male,
strahlt aber wesentlich mehr Ruhe aus, als alle seine Vorgänger. Nach
zwei Shoutouts in Folge wurde er gegen Landsberg sträflich allein
gelassen und verhinderte mit tollen Paraden eine höhere Niederlage.
Der namentlich bestbesetzte Kader in der Regensburger
Eishockeygeschichte steht am Scheideweg. Am Freitag treffen die
Eisbären auf den Tabellenführer aus Kassel. Eine Partie die aufgrund
der durch Strafen gesperrten Jason Miller, Brandon Dietrich und Josh
MacNevin bei vielen bereits als verloren gilt. Am Sonntag müssen die
Mannen von Beppo Schlickenrieder nach Kaufbeuren. Die Opitimisten unter
den treuen Anhängern werden von Spiel zu Spiel weniger. Die Mannschaft
muss sich nun schleunigst zusammenraufen um mit vereinten Kräften ein
vorzeitiges Saisonende zu verhindern. Nicht nur um den persönlichen
Marktwert zu verbessern, sondern auch um die eigene Ehre zu retten und
dem zahlungskräftigen Regensburger Publikum endlich eine Gegenleistung
zu erweisen.
(Michael Pohl)