Wie ich es sehe… Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Da traute ich vorgestern doch kaum meinen Augen. War das nicht etwa einer
der ganz Großen unserer Sport? Ich ging einfach weiter, nach unten, in die
Katakomben der kalten, zugigen, offenen Arena in Dortmund. Ein paar Minuten
später sah ich ihn bewusster und merkte an seinem typischen schiefen Grinsen,
dass ich zuvor mehr oder weniger achtlos an ihm vorbeigelaufen war. Lenz Funk
war aus Oberbayern, genauer gesagt, aus der jetzigen Trainer-Hochburg Bad Tölz
mit dem jungen Team der Isarwinkler angereist, Lenz Funk, der in Gesamt-Berlin
Eishockeygeschichte schrieb, zuerst beim BSC und den Preussen im Westen,
anschließend bei den Eisbären im Osten.
Mit einem Berliner Kollegen, der für die Zeitung mit den vier
Buchstaben arbeitet, die angeblich keiner liest, obwohl jeder weiß, was
drinsteht, unterhielt ich mich noch kürzlich über den „Funkturm“,
wie er ehemals genannt wurde. „Och, der kümmert sich nur noch in seinem
Greiling um seine Tauben. Der hat mit Eishockey nichts mehr am Hut.“ Seit
einigen Tagen ist er wieder richtig dabei, zwar „nur“ in der
dritten Liga, aber immerhin.
„Und, Lenz, schon einmal in der O2 World gewesen?“
„Nein, ich bin in letzter Zeit nur bis Nürnberg gekommen. In Berlin war
ich schon ewig nicht mehr“, wiegelte er ab. „Ich habe damit nichts
mehr am Hut. Es sind ganz andere Leute jetzt da. Da kenne ich ja kaum noch
einen. Doch irgendwann werde ich bestimmt mal gucken.“ Er sagte
tatsächlich „gucken“, weder „schau´n“ noch
„kieken“; ich war platt.
Und noch eins ist vom vorgestrigen Tag in der westfälischen Bierstadt
erwähnenswert, außer dass Lenz´ junge Mannschaft nach einer 2:0-Führung noch
eine 2:4-Niederlage einstecken musste. Mit Bad Tölz kam der geografisch
weiteste Gegner ins Ruhrgebiet. Zusammen mit den anderen Paarungen Rosenheim (wo
Funks ehemaliger Spieler Franz Steer an der Bande steht) gegen Herne sowie
Peiting gegen Bad Nauheim kam es an diesem Tag stets zu Spielen zwischen
Gegnern, die mehr als meilenweit voneinander entfernt waren. Das geschah alles
an einem stinknormalen Montag.
So richtig kann ich den Spielplan der Oberliga nicht verstehen. Sind
denn alle Drittliga-Akteure Vollprofis, die keinen Urlaub bei ihrem Arbeitgeber
nehmen müssen? Ist man in dieser Spielklasse überhaupt nicht auf Fans
angewiesen? Wurde dieser Spieltag „von oben“ bestimmt oder war es
Wunsch der Vereine, wo an diesem Tag sowohl die DEL als auch die zweite Liga
(verständlicherweise) pausierten? Ironisch kommentiert: Es kann ja wohl nicht
an einem Wunsch diverser Fernsehanstalten, analog der Champions- oder einer
anderen League im Fußball, gelegen haben, die Spieltage in der Weihnachts- und
Neujahrszeit soweit zu entzerren, dass auch jede einzelne Partie im TV gezeigt
werden kann. In Dortmund habe ich jedenfalls nur den Videomann des Klubs
gesehen.
In der DEL wurde natürlich auch gespielt, und das gar nicht mal so
schlecht. Was mich verwundert, sind die Serien, die einige Vereine hinlegen.
Augsburg ist d i e Mannschaft der ersten Wochen und krebst jetzt
auf Platz elf herum. Umgekehrt sind die krisengeschüttelten Hannover Scorpions
Zweiter. Momentan ist die Liga eine Drei-Klassen-Gesellschaft. Die erste Klasse
besteht aus dem deutschen Meister Eisbären Berlin, Klasse Nummer zwei gehört
den Mannschaften zwischend den Rängen zwei und elf, die lediglich zwölf Zähler
auseinander liegen. Die Holzklasse umfasst ein Quartett, das mit einem Abstand
von noch überschaubaren sechs Punkten nur drei Zähler voneinander entfernt ist.
Besonders traurig für die Hamburg Freezers: Sie haben als Vorletzte vier Spiele
mehr als das punktgleiche Schlusslicht Straubing. Die Hanseaten können also
darauf warten, wann sie wieder das Tabellenende „zieren“.