Wie ich es sehe... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Ihr mehr als unvernünftigen Nachkömmlinge! Welches unvernünftige Tier
ist doch, das dem anderen zu Gefallen seine Sprach oder seine Stimm nur
änderte? Hast du je eine Katze dem Hund zuliebe bellen, einen Hund der Katz
zuliebe miauen hören? Hast du je einen Vogel plärren, eine Kuh pfeifen hören?
Und ihr wollet die edle Sprach, die euch angeboren, sogar nicht in Obacht
nehmen in eurem Vaterland? Pfui dich der Schand.
Diese Zeilen kamen von einem aufgebrachten Zeitgenossen im Jahre 1650,
der sich mit den Gepflogenheiten der „Haute volée“ (und nicht nur
ihr) beschäftigte, die alles Französische verehrte und nachäffte, und sich
regelrecht in Rage schrieb.
Manchmal bin ich auch aufgebracht und voller Rage, wenn ich lese und
höre, wie jetzt viele Zeitgenossen englisch plappern und schreiben. Vor ein
paar Tagen sagte mir mein neunjähriger Enkel: „Tim hat gegen mich
gewonnen, aber das Re-Match hat er verloren. Weißt du, Opa, was ein Re-Match
ist?“ fragte er mit mitleidigem Gesichtsausdruck. „Ist es so etwas
Ähnliches wie ein Rückspiel?“ antwortete ich mit neutraler Stimme. Jetzt
war der Kleine sprachlos.
Ob das folgende tatsächlich passieren kann, weiß ich nicht, kann es mir
aber vorstellen. Es war nach einem „absoluten Topspiel“, wie es
schließlich jede Woche vor prallgefüllten Rängen in unserer höchsten Liga
abläuft. Das Get-Together mündete in eine zünftige After-Game-Party, was ein
weiteres Highlight des Tages darstellte. Dabei war das Match an und für sich
schon ein Top-Event. Während der ersten Drittelpause wurden Original-Game-Worn
Jerseys versteigert und vom Back-up-Goalie, der mal wieder nichts zu tun hatte,
überreicht. In der zweiten Drittelpause schloss sich die Ehrung des Ämmwiepie an.
Sie wurde von einem Equipment Manager (stand heute in einer DEB-{DEB heißt D e u t s c h e r Eishockey
Bund/Anm.d.Red.}Pressemitteilung) vorgenommen, der zum Erstaunen vieler vom
„wertvollsten Spieler“ quasselte und daher kaum verstanden wurde.
Wer versus wen spielte, hatte ich vergessen, weil es so viele andere
Performances zu bestaunen gab. Dass die Gastmannschaft verlor, lag wohl daran,
wie es deren Trainer ausdrückte, dass sie zuviel Strafzeiten genohmen hatte.
Aber der Rest sei ja auf der Homepage zu lesen. Nur Pech, dass die Entscheidung
in der Overtime trotzdem fiel, wo doch das Penalty-Killing während der 60
Minuten absolut top war. Der Übungsleiter des Heimteams meinte nur, dass deren
Goalgetter sich nicht in super Topform präsentierte. Sonst wäre die
Entscheidung nicht erst durch Sudden Victory, sondern innerhalb der regulären
Spielzeit eventuell durch ein empty net goal gefallen.
In dem Zusammenhang: Mit den Ausdrücken „absolut“ und
„top“ habe ich eines begriffen: Ein Spieler, der nicht sofort aufs
Gesicht fällt, wenn er einen harten Pass bekommt, ist ein Star. Einer, der
diesen Pass über mehr als fünf Meter spielt und das sogar mehrmals im Spiel,
ist ein Top-Star. Und einer, der noch mehr auffällt, zum Beispiel durch ein
sehenswertes Solo mit tollen Abschluss, ist ein absoluter Top-Star, savvy (kommt
aus dem spanisch-mexikanischen und ist ein Verballhornung von
„sabes“, was auf spanisch „weißt du“ bedeutet)?
All das englische Geplappere wird jedoch vom Stadionsprecher des
Viertligisten Moskitos Essen übertroffen (oder muss man „getoppt“
sagen?). Der gute Mann sagt jeweils die letzten zwei Minuten eines Spiels auch
in englischer Sprache an. Höhnischer Kommentar eines Tribünenbesuchers:
„Das macht er, damit der Eismeister weiß, wann er die Zamboni
herausfahren muss.“
Bis dann!
Good bye és Au revoir
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