Wie ich es sehe… Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Morgen, wenn Profi-Schiedsrichter Daniel Piechaczek pünktlich um
19.30 Uhr das DEG-Heimspiel gegen die Frankfurt Lions eröffnet, wird der
DEL-Alltag bei uns wieder eingekehrt sein.
Doch lassen Sie uns, lieber Leser, noch ein bisschen beim letzten
Wochenende verweilen. Es tat nach vielen sportlichen Tiefpunkten beim
Deutschland Cup und nicht zuletzt nach dem blamablen Abschneiden bei der
letzten WM einfach mal gut, unser Nationalteam als Sieger zu feiern. Dabei
lieferte unsere Medienlandschaft ein, zwei Tage nach dem Triumph von München
genug Beweise ab, wie breit gefächert die Meinungen über die Sportart Eishockey
sind. Irgendwo war euphorisch von einer Traumreihe die Rede, anderswo las ich,
dass sich durch diesen Sieg die strukturellen Probleme des deutschen Eishockeys
nicht ändern und die stärksten Spieler für eine längere Olympia-Vorbereitung trotzdem
nicht zur Verfügung stehen.
Nun habe ich in München weder eine Traumreihe gesehen, noch hörte ich
von längeren Olympia-Vorbereitungen anderer Nationen. Denn jedes Land, Russland
vielleicht einmal ausgenommen, stellt seine stärksten Akteur nach wie vor in
der (noch) stärksten Liga der Welt ab. Eine sinnvolle und langfristige
Vorbereitung auf Vancouver fällt somit für jedes Team aus.
Nein, ich habe mich, wie viele andere auch, einfach über den Erfolg der
Krupp-Schützlinge gefreut, ganz ohne Häme und Hintergedanken. Aus vielen
Zweikämpfen (man sagt jetzt wohl eins-zu-eins-Situationen) gingen Felski &
Co. als Sieger hervor, es wurde auch mal etwas riskiert, und der Kampfgeist
war, wie immer, vorbildlich. Und dann auch noch gegen die Schweiz deutlich
gewonnen! Seit vielen Jahren ist solch ein Sieg das Größte, was man erringen
kann. Ich habe jetzt noch die Stimme eines Schweizer Kollegen im Ohr, der vor
dem Match seiner Landsleute gegen die USA sagte, dass es hier um den
Turniersieg ginge.
Ralph Krueger, den ich seit immerhin 32 Jahren kenne und der seine
aktive Karriere fast ausschließlich innerhalb unserer Grenzen absolvierte,
wollte sicherlich nicht seine Trainerbühne bei den Eidgenossen als Verlierer
gegen Deutschland verlassen. Viele Gerüchte ranken sich um die Zukunft des
smarten Burschen. Einmal war in München von Düsseldorf als neuer Stadion die
Rede. Gestern hörte ich eine neue Mär: Hamburg lockt! Und es wäre eigentlich
nicht einmal unlogisch, würde Ralph Krueger erneut Kollege von Peter John Lee
werden. Wie bekannt, beendete auch der einstige Düsseldorfer Torjäger sein
Engagement als Co-Trainer bei den Eidgenossen. Da ist es doch fast
folgerichtig, dass er als Anschutz-Mann seinen Ex-Chef dem anderen
Anschutz-Klub wärmstens empfiehlt.
Positiv bleibt im Zusammenhang mit dem letzten Wochenende auch noch
hängen, dass der Turniersieg gegen Mannschaften errungen wurde, die in der
internationalen Rangliste höher stehen als die Adlerträger. Die USA nehmen dort
mit 2.915 Punkten Rang Nummer 5 ein. Es folgen die Schweizer (2.725
Punkte/Platz 7) vor den Slowaken (2.620 Punkte/Platz 9). Unser Nationalteam,
das nach dem Schweizer Debakel einen Rang einbüßte und Lettland an sich
vorbeiziehen lassen musste, steht vor Olympia mit 2.460 auf Platz Nummer 12.
Wie gesagt, übermorgen geht es wieder los mit der Hatz durch die
Punktrunde, die ohne Unterbrechung bis zum 16. Februar über die Bühne geht. Anschließend
steht vor den neun letzten und entscheidenden Punktspieltagen Olympia auf dem
Programm. Die Platzierung von Vancouver hat Einfluss auf die internationale
Rangliste.
Ich bin mir jedoch sicher, dass unsere Jungs wie in München auch in
Vancouver alles geben werden, ob das Ganze für die besagte Hitliste zählt oder
nicht.