Wie ich es sehe... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Länderspielpause wegen des traditionellen Deutschland-Cup. Das
bedeutet, Zeit zum Verschnaufen, etwaige Wunden zu lecken und vor allen Dingen
über Verbesserungen nachzudenken, was besonders im Rheinland der Fall sein
dürfte. Köln und Krefeld spielen die Vorreiter. Die Haie, mit Ausnahme der
Vorsaison stets erfolggewohnt, die Pinguine, mit Ausnahme der Vorsaison stets
um einen Play-off-Platz kämpfend, sinnen darüber nach, was bisher verkehrt
gemacht wurde.
Bundestrainer Uwe Krupp hat hoffentlich nichts mit seiner Aufstellung
verkehrt gemacht. Mit dem 32-jährigen Jakub Ficenec vom ERC Ingolstadt hat der
gebürtige Kölner erneut einen Neuling im „besten Alter“ in den
Kader geholt. Über eine andere Nominierung vom gleichen Verein freute ich mich
riesig. Ex-Supertalent Thomas Greilinger hat es wieder gepackt. Der Stern des
Mannes aus dem Bayerischen Wald ging bei der B-WM im oberschlesischen Kattowitz
vor neun Jahren auf und verglühte dann auch wieder. Jetzt ist der heute
28-Jährige geläutert, führt Scorerliste vor Schlitzohr und Dauerbrenner Robert
Hock an und ist besser als je zuvor. Dem stämmigen Burschen wäre zu gönnen,
wenn er sich auch beim anstehenden Turnier in guter Form präsentieren würde.
Keine Mannschaft erlebt derzeit größere Stürze wie die Krefeld
Pinguine und die Hannover Scorpions im Laufe eines Jahres:
Vom Spitzenplatz auf einen „grauen“ Rang Nr. 13, von Nummer 2 auf
einen tristen zwölften Platz, das ist die bittere Wahrheit, die sich nicht
wegdiskutieren lässt. Man mag für die Situation der Leinestädter angesichts
ihrer besonderen finanziellen Probleme noch Verständnis aufbringen. Dazu liegen
die Fangquoten beider Keeper unter 90 %. Im Fall kann man nur mit dem Kopf
schütteln. Wie ließ Geschäftsführer Wolfgang Schäfer vor der Saison im
Interview mit einer Tageszeitung vollmundig verlauten? „Wir haben den
stärksten Kader seit langem.“ Sicher war der Ex-Banker nicht allein mit
seiner Meinung.
Die Tabelle sieht anders aus, und nicht nur sie. Einige Probleme sind
einmal mehr hausgemacht. Über den Ärztestreit, der sich seit einem runden Monat
hinzieht und der noch lange nicht abgeschlossen ist, kann man nur den Kopf
schütteln, ganz zu schweigen von der Art, wie mit den verdienten und bei der
Mannschaft äußerst beliebten Medizinern umgegangen wurde. Vor dem letzten Freitagsspiel
gegen Hamburg ging im übertragenen Sinne Manager Jiri Ehrenberger durch die
Zuschauerreihen und fragte, ob jemand zufällig Arzt sei. „Ich bin
Tierarzt“, antwortete einer aus der Menge. Ein Scherzbold dazu:
„Ist auch in Ordnung. Es sind ja Pinguine.“ Die ganze Sache an der
Langzeitverletzung von Verteidiger Dusan Milo und/oder der Verpflichtung von
Trainer-Neuling Martin Jiranek festzumachen, greift sicherlich zu kurz. Erstens
wird Milo einigermaßen durch den finnischen Routinier Janne Grönvall ersetzt,
und zweitens gibt es genug erfahrene Akteure in der Mannschaft, die
untereinander mit dem offensichtlich zu nachgiebigen Coach Tacheles reden
könnten.
Zum Schluss noch ein paar Anmerkungen zu den Zuschauerzahlen: Ich habe
einmal die Werte vom Vorjahr genommen und sie mit den laufenden verglichen. Die
Unterschiede sind nicht so gravierend, wie man eigentlich annähme. Die Eisbären
(bisher in dieser Saison 14.050 im Durchschnitt zu 14.200 in der vergleichbaren
Zeit des Vorjahres) führen auch vor der heurigen Länderspielpause wieder vor
Mannheim (11.174 zu 11.670) und Köln mit dem einzigen eklatanten Unterschied (8.899
zu 10.582). Selbst der sensationelle Tabellenletzte Hamburg (7.397 zu 7.448)
oder das vielgescholtene Düsseldorf (5.411 zu 5.624) haben kaum
Zuschauerverluste zu verzeichnen. Auffällig, dass neben Köln lediglich Krefeld
(3.669 zu 4.522) einen schmerzhaften Einbruch erlebt.
Man darf bitteschön auch nicht vergessen, dass die Verantwortlichen des
Sensationsteams Augsburg (4.181 zu 3.688) sowie diejenigen in Ingolstadt (3.555
zu 3.108) und Straubing (4.237 zu 3.756) bisher mehr Fans begrüßen durften als
im Vorjahr zur gleichen Zeit. So ganz, ganz trist sieht es also (noch) nicht
aus.