Wie ich es sehe... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Da dachte ich doch am ersten Spieltag in meiner
„jugendlichen“ Naivität, dass die neue Saison für guten
Zuschauerzuspruch sorgen würde. Doch so langsam kommen bei mir (und bei den
Verantwortlichen bestimmt noch viel mehr) Unruhe und Nachdenklichkeit auf. Wenn
wir beispielsweise einen Blick auf die Zuschauerzahlen in den rheinischen Stadien
vom letzten Sonntag werfen, springen einem diverse Rekorde regelrecht ins Auge.
Die Kölner Haie hatten mit 6.013 Besuchern in der rund 18.000 Zuschauer fassenden
Arena die dünnste Kulisse seit dem Umzug von der Lentstraße vor elf Jahren.
Krefeld heimste „wenigstens“ einen Saisonrekord mit 2.467
Unentwegten ein, und Düsseldorf scheint den miserablen Durchschnitt von 6.085
der Vorsaison noch unterbieten zu wollen. Gegen den Mitfavoriten und in
normalen Zeiten Kassenmagneten Mannheim bevölkerten 4.579 den Dome. Dazu kommt
wie immer noch Wolfsburg, wo nahezu Duisburger Verhältnisse herrschen. 1.799
Enthusiasten saßen und standen beim 0:2 gegen Frankfurt auf den Rängen.
Schön, dass es die Eisbären gibt! Der Abonnementsmeister begrüßte
sowohl am Freitag als auch zwei(!) Tage später rund 14.000 Zuschauer, auch wenn
diese teilweise mit Sonderangeboten in die Halle gelockt wurden. Wenn Sie,
lieber Fan, die (Ost-)Berliner vor der Wende gekannt hätten, wären Sie
spätestens am Sonntag vor Freude in Ohnmacht gefallen. Eishockey war nur in
Weißwasser und Crimmitschau „in“. In Hohenschönhausen regierten
andere Sportarten. Die Gründe sind für mich in erster Linie in der viel zu
langen Vorrunde (amtlich: „Hauptrunde“ genannt, obwohl diese
Punktspiele sicherlich nicht das „Haupt“ der Saison sind) zu
suchen. Die Vorrunde erweitert, die Play-offs gekürzt, das kann nicht der
Weisheit letzter Schluss sein.
Am gestrigen Dienstag wurde Otto Schneitberger runde „70“.
Der eisenharte Verteidiger war einer der ersten Cracks, nach denen bekannte
Melodien von Fans und Hobbydichtern umgetextet wurden. „Otto schieß´ den
Puck ins Tor!“ (nach „Michael“ von den Highwaymen) oder
„Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unser Otto nicht“ (nach Drafi
Deutschers Song) waren Hits an der Brehmstraße und manchmal auch in Köln, wenn
das dortige „Opernpublikum“ der 70er Jahre wieder einmal von den
Düsseldorfern übertönt wurde.
Der gebürtige Bad Tölzer war lange nach Beendigung seiner Karriere als
Spieler und Trainer auch bei denen noch präsent, die nicht mehr gegen ihn
gespielt hatten. So antwortete Hardy Nilsson als zurückgeholter DEG-Trainer auf
die Frage eines Düsseldorfer Journalisten, ob die Reaktivierung Uli Hiemers für
ihn ein Thema wäre, mit der ihm eigenen Schlagfertigkeit: „Der Uli ist
genauso kein Thema wie Otto Schneitberger.“
Der Architekt sorgte damals in ganz Eishockey-Deutschland für Aufsehen,
als er vom damaligen Meister EC Bad Tölz nach Düsseldorf wechseln wollte. Da
ihn die Isarwinkler nicht freigaben, nahm er eine Sperre in Kauf. An das erste
Düsseldorfer Meisterjahr (mit Raubein Schneitberger) kann ich mich noch gut
erinnern. Sonntagnacht an der Autobahn-Raststätte Rhynern hörte ich auf dem
Rückweg vom Wochenendurlaub in unsere Kaserne bei einem Stopp bekannte
rheinische Töne von einer fünfköpfigen PKW-Besatzung. „Die DEG ist
Deutscher Meister!“ strahlte mich der Alt-selige Kamerad an, nachdem er
mit letzter Kraft das „DU“ für Duisburg auf unserem alten VW
entdeckt hatte.
Seinerzeit prägte Otto Schneitberger die Weisheit, dass man ein Spiel
nicht von der Strafbank aus gewinnen kann. Aus seinem Munde klang das damals
ein wenig fremd, denn gerade der Mann mit dem berühmten Kinnschutz schloss stets
innige Bekanntschaften mit diesen Möbelstücken in der ganzen Bundesliga. In
seine oberbayerische Heimat ist er nie mehr zurückgegangen. „Nur“
in Düsseldorf, Köln (jawohl!), Krefeld, Iserlohn und Duisburg stand er
verantwortlich an der Bande. Von großen Gesprächen und Einstimmung vor den
Partien hielt er nicht viel. „Die Spieler sind erwachsene Profis. Sie
müssen wissen, was sie zu tun und zu lassen haben“, war seine Devise.
Morgen erfährt der Mann mit der Rückennummer „2“ seine
Ehrung beim Spiel „seiner“ DEG gegen die Eisbären Berlin. Auch von
dieser Stelle: Lieber Otto, alles Gute und weiterhin viel Gesundheit!
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