Wie ich es sehe... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Das kennen Sie doch bestimmt, lieber Leser! Wenn eine Mannschaft gegen
einen vermeintlichen Außenseiter den Kürzeren zieht, flüchtet sich der Trainer
in der Pressekonferenz oft in die Erklärung bzw. Ausrede, dass die Liga so eng
wäre.
Nun, diese Phrase scheint in dieser Saison jedoch angebracht zu sein. Beim
Tabellenvergleich zwischen der laufenden und der vorigen Saison fiel mir da
einiges auf. Ganze acht Zähler liegen zwischen den Eisbären Berlin (und diese
haben auch noch drei Punkte Vorsprung) als Spitzenreiter und den Straubing
Tigers als Schlusslicht. Vor rund einem Jahr sah es wesentlich anders aus: Auch
da führten die Hauptstädter (damals 15 Zähler, heuer deren 14) die Hitliste an.
Doch im Tabellenkeller sah es wesentlich trüber aus. Da dümpelten in trauter
Eintracht die „Ewigletzten“ Duisburg mit den Kölner Haien, die
beide keinen einzigen Punkt auf ihren Konten aufwiesen.
Erstaunlich auch, dass damals bereits nach sechs Spieltagen neun von
jenen zehn Vereinen fest standen, bei denen die Saison nicht nach den
Punktspielen beendet war. Nur noch die Nürnberger kamen hinzu. Sie steigerten
sich von Rang 12 auf Nummer 5, während Iserlohn von Platz 4 auf den undankbaren
elften Rang abfiel. Ansonsten bildeten Kassel, Straubing, Ingolstadt, Köln und
Duisburg bereits in der Frühphase der Vorsaion das untere Tabellendrittel.
Ist es Zufall, dass sich mit Berlin, Wolfsburg und Kassel genau wie im
Vorjahr drei Teams unter den ersten Vier der erfolgreichsten Überzahlmannschaften
wiederfinden? Offensichtlich scheinen Don Jackson, Toni Krinner und Stéphane
Richer das richtige Händchen bzw. auch die geeignetsten Akteure für das
Powerplay zu haben. Diesmal ist Ingolstadt als vierter Verein dabei, in der
Vorsaison war es Mannheim. Und wie sich die Namen gleichen: Auch jetzt liegt
wieder ein Schneider bei den bösen Buben ganz vorn. Dieses Jahr ist es der
Iserlohner Andy Schneider (33 Strafminuten), im gleichen Zeitraum des Vorjahres
war es der Hannoveraner Eric Schneider, der bereits 37 Zeigerumdrehungen
abbrummen musste.
Was nachdenklich stimmen sollte, sind die Durchschnitts-Zuschauerzahlen.
Liegt es am warmen Spätsommer, der die Leute überall hintreibt, nur nicht in
die meist modernen Arenen? liegt es an der allgemeinen Finanzkrise, oder liegt
es an der endlos langen Doppelrunde? Jedenfalls sind die Minusdifferenzen bei
einigen Klubs ganz schön happig. Düsseldorf hatte im Vorjahr zum gleichen
Zeitpunkt rund 1.800 Besucher mehr, Ingolstadt trauert 1.000 Zuschauern nach,
Hannover und Köln (wo sich schon Erzrivale Düsseldorf vorstellte) kommen
immerhin auf ein Minus von jeweils 500. Erfreulich jedenfalls, dass die Erfolge
der bisherigen Überraschungsmannschaft Augsburg auch von den Fans honoriert
werden. Rund 1.000 Besucher wurden pro Match mehr als zum vergleichbaren
Zeitpunkt des Vorjahres gezählt. Auch die Freezers dürfen sich über ein Plus
von rund 700 freuen.
Zum Schluss denke ich noch an unsere Pechvögel. Der Frankfurter
Angreifer Ilja Worobjew und der Krefelder Verteidiger Benedikt Schopper müssen
sich erneut mit langwierigen
Verletzungen herumplagen. Beide erlitten schon in der Vorsaison
ernsthafte Blessuren und fielen wochenlang aus. Jetzt gehören sie erneut zu
denjenigen, deren Comeback in absehbarer Zeit in Frage gestellt ist. Und ob
Schoppers 36-jähriger Teamgefährte und Verteidigerkollege Dusan Milo wieder
ganz der Alte sein wird, steht in den Sternen. In Krefeld hofft man, den
Oldtimer noch in dieser Saison wiederzusehen. Ich persönlich habe da meine
Bedenken, ob der Mann aus der slowakischen Eishockeystadt Nitra dort wird
anfangen können, wo er aufgehört hat. Mit Milo ist es wie mit der Gesundheit.
Man schätzt sie erst, wenn sie nicht mehr vorhanden ist. Was der oft
Unterschätzte Wert ist, konnte man am Sonntag beim 2:3 gegen Nürnberg in aller
Deutlichkeit sehen. Ilja, Benny und Dusan, auch von dieser Stelle gute
Besserung!