Wie ich es sehe... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Gestern strahlte mich als Titelfoto einer
Fachzeitschrift ein deutsches Torhüter-Duo an. Im Text äußern sich die Kollegen
erfreut über die Tatsache, dass die Verantwortlichen unserer höchsten Liga
immer mehr auf Keeper aus unseren Breiten zurückgreifen. Unwillkürlich musste
ich bei diesem Beitrag ein bisschen hämisch grinsen. Denn noch vor drei Jahren,
und zwar bei der WM in Lettlands Hauptstadt Riga, hatte sich die russische
Torwartlegende Wladislaw Tretjak während einer Pressekonferenz bitterlich
beklagt, dass in der höchsten russischen 80 % der Torleute Ausländer sind.
„Über uns wird besonders seit dem letzten WM-Turnier so viel gelacht, da können
wir uns auch mal die übermächtige Konkurrenz lustig machen“, dachte ich.
Apropos Deutsche… Was mir kurz vor Beginn
der neuen Saison auffällt, war aus unserer Sicht ebenfalls erfreulich: Zwar
wird nicht mehr marktschreierisch betont, dass sich unsere Liga mit den besten
europäischen Spielklassen vergleichen kann, aber Kontinuität ist immer mehr
angesagt. Nehmen wir zum Beispiel unsere Trainer. Immer mehr Bandenchefs
stammen aus unserer Republik oder verfügen zumindest über ganz enge Bindungen
an diese Liga. Denn neben fünf „gebürtigen“ Deutschen (die Oberbayern Hans
Zach/Hannover, Anton Krinner/Wolfsburg, Andreas Brockmann/Nürnberg und Jürgen
Rumrich/Straubing sowie als einziger Nicht-Bayer Uli Liebsch/Iserlohn) sind es
immerhin sieben Chefcoaches, die zwar nicht in Old Germany geboren sind, aber
teilweise für unser Nationalteam spielten oder schon viele Jahre mit unserem
Land verbandelt sind.
Harold Kreis (Düsseldorf) trug das Trikot
mit dem Adler und blieb seinem Verein Mannheim während der gesamten aktiven
Zeit treu. Doug Mason (Mannheim) gehört mittlerweile zu den Chefcoaches mit der
längsten Anzahl an Dienstjahren an der Bande. Der Weg des Holland-Kanadiers
ging mit „Schweizer Unterbrechungen“ von Krefeld über Iserlohn und Köln nach
Mannheim. Bei Rich Chernomaz (Frankfurt), einem ebenfalls alten Trainerfuchs,
kommt noch seine aktive Karriere in Deutschland dazu. Die ehemalige „Axt aus
Manitoba“ geht in die siebte(!) Spielzeit bei den Hessen und machte aus einem
der wackeligsten Stühle ein bequemes Möbelstück. Damit ist er die klare Nummer
eins in dieser Kategorie, nicht zuletzt durch den Gewinn der Meisterschaft vor
sechs Jahren. Der „Augsburger“ Larry Mitchell machte sich vor allen Dingen bei
uns in den unteren Klassen einen Namen. Igor Pawlow (Köln) spielte ebenfalls
meist in den Niederungen, bevor er in seiner Trainerkarriere über Oberhausen,
Bremerhaven und Regensburg vor einem Jahr in Krefeld den Sprung in die DEL
schaffte. Neun Jahre trug Stéphane Richer (Kassel) das Jersey eines
DEL-Vereins, bevor er den Platz an der Bande einnahm. Obwohl Martin Jiranek
(Krefeld) in diesem Jahr zum ersten Mal den Job eines Chefrainers versieht,
kennt er die Liga aus dem „Effeff“. Meist in Nürnberg an der Scheibe, ging er
dem damaligen Übungsleiter Greg Poss aus dem Weg und heuerte in Ingolstadt an.
Und ob man die drei „Übriggebliebenen“ als
Exoten bezeichnen darf, wäre recht gewagt. Denn der „Eisbär“ Don Jackson geht
in seine dritte Saison bei den Hauptstädtern. Vorher war er bereits zwei Jahre
in Düsseldorf tätig. Bob Manno gab vor genau zehn Jahren seinen DEL-Einstand
bei den Augsburger Panthern. Das Engagement des eisenharten Ex-Verteidigers der
italienischen Nationalmannschaft endete zu Beginn seiner zweiten Spiel recht
abrupt mit einem Hinauswurf endete. Der einzige, der ein bisschen aus der Reihe
tanzt, ist der Hamburger Paul Gardner. Der 53-jährige Kanadier ist erst seit
Dezember letzten Jahres für die Freezers verantwortlich an der Bande.
Mir scheint, als hätte man sich in diesem
übersichtlichen Kreis irgendwie aneinander gewöhnt.