Wie ich es sehe ... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
„Herr Nieleck, merken Sie sich bitte: Wir können noch ein paar
Weltmeisterschaften zusätzlich ausrichten. Eine Eishockeystadt wird Dortmund
nie“, äußerte sich vor rund 27 Jahren Arthur Merten, seinerzeit Präsident
des ERC Westfalen Dortmund, als wir uns über die bevorstehende
Weltmeisterschaft und deren Resonanz in Dortmund selbst, unterhielten. Meine
Euphorie wurde angesichts solch klarer und negativer Aussage arg gedämpft. Bei
der WM 1983 war die Dortmunder Westfalenhalle zum zweiten Mal nach 1955
Schauplatz eines A-Turniers. Dortmund, in den sechziger Jahren vier Jahre lang
in der Bundesliga („natürlich“ auch dort fast immer am Tabellenende
zu finden) war damals Regionalligist (vierte Liga hinter Bundesliga I und II
sowie Oberliga) und hatte Klubs mit „klangvollen“ Namen wie
Oldenburg, Salzgitter, Brackwede und Condor Hamburg als Gegner.
Mittlerweile, und verstärkt seit diesem Wochenende, habe ich den
Eindruck, dass das ganze Ruhrgebiet niemals eine richtige Eishockeyregion
werden wird, zumindest, was den Spielbetrieb in der höchsten Liga betrifft.
Fünf DEL-Vereine spielten seit vier Jahren in Deutschlands
bevölkerungsreichstem Bundesland, davon aber nur ein Team aus dem
„Pott“, und das hat auch noch das Handtuch geworfen. Das ist das
traurige Fazit und vorerst letzte Kapitel jener Geschichte, die da heißt
„Spitzeneishockey im Ruhrgebiet.“ Denn weit und breit ist kein
Nachfolger bzw. Aufsteiger in die DEL zu sehen.
Dabei hatte es vier ernstzunehmende Anläufe gegeben.
Im Jahre 1979 stieg der damalige Duisburger SC (schon wieder Duisburg)
auf und musste zwei Jahre später nach dem Passskandal die höchste Liga wieder verlassen.
Nachdem der Wiederaufstieg (Lance Nethery, jetziger DEG-Manager, fehlte in der
entscheidenden Phase wegen Verletzung) nicht gelungen war, sackte Duisburg immer
mehr ab, wechselte zweimal den Namen und erholte sich erst wieder, nachdem Ralf
Pape das Kommando übernahm.
1997 wagten die damaligen Ratinger Löwen als „gestandener“
DEL-Verein den Umzug nach Oberhausen in die neuerbaute Arena inmitten eines
riesigen Einkaufszentrums. Obgleich die in „Revier Löwen“
umbenannten Könige der Wüste unter Trainer Gunnar Leidborg und mit keinem
einzigen Crack aus Übersee in der Saison 2000/01 zum ersten und einzigen Mal in
die Play-offs vordrangen, war nach fünf Jahren und Ablauf des Vertrags mit der
Halle „Schicht im Schacht“. Als Hauptgrund für den Rückzug wurde
zwar die hohe Hallenmiete genannt, doch ein Publikums-(und Sponsoren)renner
waren die Löwen nie. Nach einem erneuten Umzug, diesmal nach Gelsenkirchen,
hatten die Raubkatzen sämtliche Zähne verloren.
Ein besonderes Kapitel stellten die Moskitos Essen dar, die von 1999
bis 2002 ihr Dasein in Deutschlands Vorzeigeliga fristeten. Im Zweitligafinale
gegen Bad Nauheim (Peter Draisaitl, jetzt Cheftrainer in Ravensburg, war mit
seinem Penalty im Gegensatz zu den Olympischen Winterspielen sieben Jahre
zuvor, erfolgreich) aufgestiegen, war die Bilanz in der DEL mager. Zweimal
Schlusslicht und einmal Drittletzter, das war zuwenig für das Armenhaus der
Liga, deren Vertreter sich für eine Saison sogar in die Klasse einklagten, den
„letzten Prozess“ jedoch verloren. Die Moskitos spielen nach dem
Absturz mit einer jungen Truppe in der vierten Liga und haben soeben nur ganz
knapp die Play-offs verpasst.
Als der Multiunternehmer Ralf Pape das Ruder in Duisburg übernahm,
frohlockte das Umfeld. Doch es blieb nur beim Frohlocken. Die Unterstützung, ob
aus der Wirtschaft, ob seitens der Fans, blieb weitgehendaus. Dazu kam noch der
Umstand, dass Pape zwar in seinem Job ein knallharter Geschäftsmann ist, im
Sport vielfach auf die falschen Freunde hört und sich mitunter ausnehmen lässt
wie die sprichwörtliche Weihnachtsgans. Zum Schluss hatte er die Nase voll und
hob die Hände, was ihm kaum einer verdenken darf.
Da tröstet es mich gewaltig, dass es zwischen Rhein und Weser trotz des
weißen Fleckens im Ruhrgebiet immer noch vier Vereine gibt, die DEL-Eishockey
betreiben und das schon seit vielen, vielen Jahren.