Wie ich es sehe… die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Der nächste Deutschland Cup findet in München statt. Wir dürfen aus
deutscher Sicht nur hoffen, dass sich DEB-Präsident Uwe Harnos nicht allzu
euphorisch und optimistisch zu diesem Standort geäußert hat. Er redete in einer
Pressemitteilung von „sporthistorischem Gelände“ und davon, dass
das Match gegen Finnland am 11. April vorigen Jahres in eben diesem München vor
ausverkauften Rängen stattfand. Ein ähnlich guter Kartenverkauf für das Turnier
wäre wünschenswert und pfundig, wie der Bayer sagt. Vielleicht hat sich
tatsächlich in den letzten zwölf Jahren eine Wandlung im Fangeschehen der
bayerischen Metropole vollzogen. Auf der anderen Seite gibt nicht wenige, die
sich mit Grausen an den 10. Deutschland Cup erinnern, der auf dem Olympiagelände
mit Zweitstandort Füssen über die Bühne ging. Wir erinnern uns weiter, dass das
Turnier eine dermaßen negative Kritik bekam, dass es in der offiziellen
DEB-Statistik sogar jahrelang aus den Annalen verbannt wurde. Wir gingen auf
diese Schönfärbereit nicht ein, hatten eine andere, richtige Zählweise und
kehrten den Wettbewerb nie unter den Teppich.
Das „Eishockey Magazin“ titelte damals „Münchner Fans
fuhren lieber nach Bad Aibling“. Dorthin begleiteten mehr als 1.000 Fans
den Bayernligisten(!) ESC München, während sich beim Spiel der Adlerträger und
damaligen Schützlinge von George Kingston gegen die Schweiz kaum mehr als 1.000
Zuschauer verloren. Dazu spielte zur gleichen Zeit der FC Bayern, und auch ein
Sechstagerennen mit der einhergehenden Gaudi nahmen dem Turnier zahlreiche Zuschauer
weg. Ich erinnere mich jetzt noch an zwei verzweifelte weibliche Fans, die auf
einem Feld in der Nähe der Eissporthalle umeinander tappten und ihr Auto
suchten, das sie beim allgemeinen Chaos (nicht wegen Eishockey, sondern wegen
Fußball und Radrennen) irgendwo abstellten, zunächst froh darüber, noch ein
Plätzchen gefunden zu haben.
Dass eine kritische Anmerkung zum Thema „München“ nicht
opportun ist, weiß ich selbst. In unserer Spaßgesellschaft, wo der Gang zum
Rechtsanwalt mitunter das „mea culpa“ ersetzt, auch wenn der größte
Bockmist verzapft wird, passen harsche, aber ehrlich gemeinte Töne oft nicht
richtig in das bunte Bild. Ich jedenfalls werde mich nach wie so artikulieren,
wie Sie es, lieber Fan, von mir gewohnt sind. Den Veranstaltern wünsche ich,
dass sie aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben und aus dem Turnier
etwas machen, an was sich die Fans später gern erinnern werden und die dunklen
Tage aus „grauer Vorzeit“ vergessen machen.
Doch jetzt erstmal zur rauen Wirklichkeit, die vielleicht gar nicht so
rau wird, sondern sehr spektakulär, und zwar eventuell schon im Viertelfinale! Stellen
Sie sich vor, da würden in der Runde der letzten Acht Düsseldorf auf Krefeld,
Mannheim auf Frankfurt und Wolfsburg auf Hannover treffen! Ich sage Ihnen
eines: Kein Mensch würde mehr von Zuschauerschwund reden, denn die Fans wären
sicherlich elektrisiert und würden in Scharen in die Stadien strömen, da bin
ich mir ganz sicher. Und wenn es dann noch Schiedsrichter-Gespanne gibt, die
auf die Dezibelzahlen pfeifen und Fouls und keine „Fallsucht“
pfeifen, auch wenn die Zuschauer pfeifen (dreimal „pfeifen“ habe
ich absichtlich gebraucht), würde einem weiteren positiven Saisonverlauf nichts
im Wege stehen.
Wenn morgen Abend die Tabelle glatt wie ein Kinderpopo ist, werden auch
die nicht immer verwirrenden, sondern zur Diskussion anregenden Zahlenspiele
aufhören („die haben noch ein Spiel, die anderen müssen noch zweimal ´ran
und wenn die beide Dinger gewinnen, dann…“ usw. usf.) und die Rechenschieber
(das Wort benutzt man halt, obwohl kein Aas mehr so ein Ding benötigt) in den
Schubladen verschwinden.
Jetzt hoffe ich nur noch, dass sich der Sport als Gewinner erweist,
auch wenn wir auf die Lokalderbys zunächst verzichten müssen.
Werner Nieleck