Wie ich es sehe... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Das große Aufatmen war bereits Samstag am späten Abend
in der TUI-Arena zu Hannover zu hören. Unser Nationalteam hatte soeben gegen
Österreich knapp, glücklich, letztendlich aber nicht unverdient gewonnen und war
damit uneinholbar in der Tabelle der Konkurrenz enteilt. Die Flugscheine für
Vancouver konnten gelöst werden. Wieder einmal hatten Uwe Krupp und seine
Getreuen das richtige Händchen in der Zusammensetzung der Mannschaft bewiesen.
Dass der Bundestrainer mit seiner Aufstellung bisher
stets goldrichtig lag, zeigt der Erfolg, den er seit seinem Amtsantritt vor rund
vier Jahren vorweist. 2006 den Wiederaufstieg nach einer katastrophalen WM in
Österreich geschafft (was nicht einmal Hans Zach vollbrachte), und als
Aufsteiger eine gute WM in Russland vor knapp zwei Jahren absolviert. Das letzte
Weltturnier bildete eine Ausnahme. Da ging jedoch vieles daneben, auf welches
der Bundestrainer nur bedingt Einfluss hatte.
In einer Mannschaftssportart wird es, muss sie für
irgendein wichtiges Turnier zusammengestellt werden, immer Stimmen dafür und
dagegen für die eine oder andere Nominierung geben. Selbst der legendäre
Fußballtrainer Sepp Herberger hat die Berner Elf, die damals Ungarn schlug,
nicht von vornherein auflaufen lassen. Dass fünf Akteure aus Kaiserslautern das
Rückgrat bildeten, konnte damals bestimmt kaum ein Mensch, so er denn nicht aus
der Pfalz stammte, nachvollziehen. Immerhin „vergurkten“ der damals schon fast
34-jährige Fritz Walter & Co. das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft mit
1:5 gegen Hannover, wobei kein einziger Spieler der 96-er im WM-Kader stand. An
diese Episode wird Daniel Kreutzer sicherlich nicht gedacht haben, als er die
Absage kurz vor dem Qualifikationsturnier erhielt.
Wenngleich sich auch der Bundestrainer, wohl eher den
US-amerikanischen Gepflogenheiten („hire and fire“) als den deutschen zugetan,
offensichtlich zu unbekümmert zeigte, hätten die Verantwortlichen ein bisschen
mehr Respekt vor Kreutzer und seinem ständigen Bereitsein für Deutschland zeigen
müssen. Man geht anders mit seinen Akteuren um, vor allen Dingen mit denen, die
schon einiges für unser Land geleistet haben. Wer denkt hierbei nicht an Jan
Benda, der für Turin nicht mehr im Gespräch war, sondern kalt abserviert wurde?
Wer denkt hierbei nicht an Georg Holzmann, der gegen Ende seiner Karriere in
Topform war? Das Letzte, was ein hochrangiger Funktionär damals über den harten
Burschen aus dem Allgäu sagte, war: „Wir wissen alle, was der Schorsch kann!“
Der Schorsch trug nie mehr das Nationaltrikot. Ich will damit nur sagen, dass
man sich zu oft zu schwer mit verdienten Akteuren tat, deren Uhr abgelaufen war,
zumindest in den Augen der Funktionäre.
Jetzt glaube ich natürlich nicht, dass die Uhr für
Kreutzer abgelaufen ist, doch trotzdem…Ich kann die mehr als ärgerliche Reaktion
des DEG-Kapitäns gut verstehen. „Schnitzel“, wie er früher einmal genannt wurde,
hat sich nie gedrückt, wenn, prosaisch ausgedrückt, der Ruf an ihn erging. Seit
der B-WM 1999 in Dänemark, die er als Mittelstürmer in Diensten der Kassel
Huskies mit der ungewohnten Nummer „9“ absolvierte, fehlte der stämmige
Düsseldorfer nie bei einem Weltturnier. Ausnahme war die letzte
Weltmeisterschaft, deren Beteiligung er wegen Krankheit absagen musste. 174
Länderspiele zieren seine Karriere. Damit hat der Rechtsaußen die meisten
internationalen Begegnungen des aktuellen DEB-Teams auf dem Konto, sogar noch
mehr als der eisenharte Andy Renz.
Noch einmal: Ob Kreutzer in d e r
Form war, die ein Nationalspieler braucht, um dabei zu sein, möchte und
kann ich nicht beurteilen. Aber die Absage hätte sicherlich ihm, als dem Kapitän
einer DEL-Mannschaft anders mitgeteilt werden können. Als Galionsfigur für das
Eröffnungsspiel Werbung „Auf Schalke“ zu machen, dafür war der Blondschopf gut
genug. Die Ausrede mit der neuen Handynummer glaubten ohnehin nur die
Allerwenigsten. Am Stil außerhalb des Eises sollte wohl noch gefeilt werden.