Wie ich es sehe ... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Heute Abend um 19.30 Uhr wird Hauptschiedsrichter Daniel Piechaczek in
der Kölner Arena die Scheibe pünktlich zum ersten Bully fallen lassen. Wer dort
spielt? Nun, der Vorletzte gegen den Siebten, wobei die Domstädter die Rolle
des (Fast)-Schlusslichtes abgeben. Mit den Ingolstädtern, deren Trainer Benoit
Laporte keine sichere sportliche Zukunft in der Audi-Stadt haben dürfte, sowie
den Duisburgern, die ein Kapitel für sich bilden, haben die Haie ebenfalls nur
drei Zähler auf ihrem Konto. Was ich damit sagen will, ist klar: Selten hat die
Tabelle (besser gesagt, die Vereine) solche Kapriolen geschlagen wie in dieser
Saison.
Den größten Clou liefern jedoch die Krefeld Pinguine: Sie sind nach
acht Partien Tabellenführer mit einem Punkt Vorsprung vor dem Champion Eisbären
Berlin, die allerdings ein Spiel weniger absolviert haben. Ein Kollege (den
Namen verrate ich natürlich nicht) sagte vor der Saison süffisant, dass er bei
seiner Vorschau gar keinen Verein gefunden habe, der nach Ende der Punktrunde
schlechter stehe als die Krefelder. Er wird bestimmt nicht der einzige gewesen
sein, der den Schwarz-Gelben eine düstere Zukunft prophezeit hatte. Sie spielen
selbstbewusst auf, und am Sonntag war es gar ein Youngster-Trio (Akdag und
Huebscher können noch U20 spielen, Pietta ist 21), welches für die zählbaren
Erfolg beim 3:1-Sieg gegen Ingolstadt sorgte. „Die vierte Reihe
entscheidet das Spiel“, predigt Igor Pawlow, als gebürtige Russe einstens
im lettischen Nationaltrikot („damals war alles durcheinander“),
bei jeder Gelegenheit. Bis jetzt scheint diese Vorhersage ja zu stimmen. Ich
bin nur gespannt, wie die junge Mannschaft Krisen (denn sie wird es mit
Sicherheit geben, gerade weil das Team so jung ist) wegstecken wird.
Neben Iserlohn als Drittem und Wolfsburg als Nummer vier sollen wir
auch nicht die Augsburger vergessen, die, mit dem niedrigsten Etat der Liga
ausgestattet, gerade ´mal drei Punkte hinter den Krefeldern auf einem
vielbeachteten Rang Nummer sechs liegen. Da wird es die Fuggerstädter kaum
gestört haben, dass sie bei der Eröffnung der O2 World in Berlin nur eine
Statistenrolle beim 0:11 abgegeben haben. Offensichtlich haben sie sich gut von
dieser Abfuhr erholt.
Ich weiß selbst, dass dies alles nur eine Momentaufnahme ist, aber
trotzdem macht es mir (und sicherlich auch vielen anderen) Spaß, auf die
aktuelle Rangliste unserer höchsten Liga zu schauen. Das hat mit Häme in
Richtung Köln, Ingolstadt und Nürnberg bestimmt nichts zu tun.
Und noch eines: Bei den zahlreichen Themen, die unsere Sportart in den
letzten Wochen beherrschten, ist eine Angelegenheit zu kurz gekommen. Es betraf
die Qualifikation für die CHL, die Champions Hockey League. Wie bekannt,
stritten die Vertreter der Slowakei, Deutschland (dafür war der Punktbeste, also
Nürnberg, qualifiziert) und der Schweiz um den zwölften Platz für jene
Spielklasse, die die europäische Vorzeigeliga werden soll. Die besten Vier (man
kann auch „Top Four“ sagen), also Russland, Schweden, Finnland und
Tschechien entsenden zwei Vertreter, während die drei Vorgenannten nur jeweils
ein Team ins Rennen schicken dürfen. Der zwölfte Platz ging an den Gewinner der
Qualifikation, von offizieller DEB-Seite übrigens schon ECL-Spiel genannt. Das
war, wie bekannt, der SC Bern, der sofort beim ersten Spiel gegen Nürnberg für
klare Verhältnisse sorgte und die Franken mit 4:1 in deren Schranken verwies.
Zugegeben, die Berner sind ein Spitzenteam der Schweizer
Nationalliga-A. Doch in der Alpenrepublik gelten andere Ausländerregelungen,
will sagen, dass nur vier Akteure eingesetzt werden dürfen. Mit anderen Worten,
die Berner stellten ein Team, das zu überwiegendem Teil aus einheimischen
Akteuren bestand, und das gegen Nürnberg, das immerhin mit zehn
Kontingentspielern auflaufen durfte. Wo war da die Bestätigung für die These,
dass unsere DEL zu den stärksten der Welt gehört? Einen pragmatischen Vergleich
mit den Spielklassen der klassischen Eishockeynationen zu ziehen, traut sich
doch kaum einer, denn überall in unserer Republik wird das „hohe
Niveau“ dieser Legionärsklasse in den Himmel gehoben. Bern –
Nürnberg (und das auch noch auf fränkischem Eis) 4:1, das sagt doch vieles,
oder?