Wie ich es sehe... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
„Der Sportkamerad Ziesche hat als unser
Nationaltrainer nichts an der Bank von Dynamo Berlin zu suchen. Ihn fordern wir
auf, zwischen den Bänken Platz zu nehmen.“ So oder ähnlich lautete eine
Stadiondurchsage bei einem der zahllosen Partien zwischen den beiden „Dynamos“
aus Weißwasser und (Ost)-Berlin. „Ein Stadionsprecher hat emotionell zu sein“,
sagte ein Kollege zu mir. „Nee, erstmal sachlich!“ entgegnete ich ihm. Als ich
bei einem Tor der Duisburger Bambini sagte „Torschütze, na, wer schon, die
Nummer acht, Oliver Küpper“ bekam ich wegen des „na, wer schon“ vom
Schiedsrichter einen gehörigen „Einlauf“. Was lehrt uns das, lieber Leser?
Erstens wurde auch im Obrigkeitsstaat DDR für „Stimmung“ gesorgt, und zweitens
haben sich die Umgangsformen innerhalb der letzten 30 Jahre mächtig geändert.
Das erste Zitat stammt von 1989, das zweite von 2008 und das letzte von
1976.
Sie wissen wahrscheinlich, auf was ich hinaus
will: Ich möchte den Job eines Stadionsprechers ein bisschen beleuchten,
besonders, nachdem Frankfurts Stadionsprecher Rüdiger Storch vor einigen Tagen
tatsächlich allen Ernstes via Mikrofon die Schiedsrichter aufforderte, sich zu
entschuldigen. Und da mein Kollege Patrick Pöhler vom Sender „Welle Niederrhein“
sämtliche DEL-Stadien und deren Besetzung kennt, hat er und einige andere auch
mir bei dieser Betrachtung unter die Arme gegriffen. Wenn Sie schon länger als
einige Jahre zum Eishockey (und nicht nur dorthin) gehen, haben Sie bestimmt
selbst schon die Änderung im Umgangston gemerkt. Schablonenhafte, korrekte
Ansagen sind längst oft genug emotionell gefärbter Brüllerei gewichen.
Zunächst bin ich der Meinung, dass es Fans des
jeweiligen Gegners in fremden Gefilden (fast) genauso gut gefallen muss wie in
vertrauter Umgebung. „Fühlt euch wohl bei uns!“ fängt zum Beispiel der Krefelder
Kristian Lach jede seiner Vorstellungen an. Dem ist längst nicht überall so. In
Mannheim haben die Fans der „anderen GmbH“ oft genug die Nasen gestrichen voll.
Die Namen ihrer Lieblinge dringen mitunter dermaßen verstümmelt an ihre Ohren,
dass nur Eingeweihte wissen, um wen es sich überhaupt handelt. In der Kurpfalz
geschehen zuweilen auch noch andere wundersame Dinge. Da meldet sich der
Sprecher mitten im Spiel und gibt seine mitunter „geistreichen“ Kommentare ab.
In Duisburg hingegen werden die Torschützen des Gegners (und das sind ja in der
Regel recht viele) meist nur murmelnd erwähnt, so dass jedesmal nicht nur auf
der Pressetribüne Ratlosigkeit herrscht.
Sachlich geht es in Berlin und Hamburg zu, auch
wenn, wie sollte es anders sein, die Ansagen in der Hauptstadt mit „Berliner
Schnauze“ gefärbt sind. Doch Fairness wird in beiden Stadien groß geschrieben.
Und warum soll man eigentlich nicht bei der
Vorstellung des Gegners nur die Vornamen nennen, wenn die Gästefans, sofern es
deren Anzahl zulässt, die Hausnamen skandieren können? So geschieht es
beispielsweise in Wolfsburg. Das beste Beispiel ist nach wie vor Thomas Lipinski
(jetzt sid und dort jüngst eine Stufe hinaufgeklettert), seinerzeit
Stadionsprecher bei den Schalker Haien. Da kamen die Fans der Frankfurt Lions zu
Hunderten in die wunderschöne Emscher-Lippe-Halle und der gute Thomas stellte
den Gegner vor wie die eigene Truppe. Es war so richtig zur Nachahmung
empfohlen.
Entspannt können die Gästefans die Partien vor
allem in Ingolstadt, Düsseldorf und Köln verfolgen. In der oberbayerischen
Industriestadt geht Italo Mele grundsätzlich auf sie ein, in Düsseldorf würde
dem altgedienten Volker Boix nie eine Widerlichkeit in Richtung Gast
ausrutschen, was auch für Oliver Frühauf aus Köln gilt.
Und noch eines: Wir haben in unserer DEL viele
ausländische Cracks mit den dazugehörenden Namen. Ich wundere mich immer wieder,
wie einfach es sich die Männer vom Mikrofon mit der Aussprache machen. Ist es so
schwer, sich für ein paar Minuten mit einem Vertreter des Gastes zu unterhalten
und sich schlauzumachen? Krefeld dürfte in dieser Beziehung in der Tabelle zu
den Ersten gehören, während Mannheim im Abstiegskampf stecken würde.
Werner Nieleck