Wie ich es sehe... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Die Spannung steigt, die Stimmung
kocht (mitunter sogar über), das Ende der Saison und, damit einhergehend die
Entscheidung, rücken näher. Über Langeweile in der DEL können wir uns nun
wirklich nicht beklagen. Eine (zwar überlange) Punktrunde, die es zum Ende hin
in sich hatte, teilweise mehr als überraschende Viertelfinalspiele, die mit drei
Rekorden einhergingen und als bisherige Höhepunkte die sechs
Vorschlussrundenmatches.
Dass bei all dieser Hektik auch
die Schiedsrichter in die Diskussion rücken, ist nur normal. Zwei Vorfälle waren
in diesem Zusammenhang besonders erwähnenswert. Sowohl im Berliner
Wellblechpalast in Hohenschönhausen, der seine letzte DEL-Saison vor dem
Eisbären-Umzug in die neue o2-World erlebt, als auch in der proppenvollen
Kölnarena fielen Tore, die keine waren.
In Berlin erzielten die
Hausherren einen Treffer mit einem „kleinen“ Schönheitsfehler, denn die
Unparteiischen hatten das Match bereits wegen Torraumabseits unterbrochen. Als
Beweis, dass es sich nicht um einen Regelverstoß handelt, war die umstrittene
Szene auf dem Würfel verbotenerweise zu sehen. Doch auch nach Videobeschau
entschieden die Schiedsrichter auf „kein Tor“. Warum? Ganz einfach. Sie hatten
vorher das Match unterbrochen. Damit ist die Scheibe einfach nicht mehr im
Spiel, was ja durch den Pfiff gestoppt wurde. Nachträglich kann aus diesem
Grunde n i e m a l s ein Tor anerkannt werden.
In Köln wurde bei einer ähnlichen
Szene die Partie ebenfalls unterbrochen. Erst nach Ertönen des Pfiffes fand die
Scheibe ihren Weg über die Torlinie. Gegner Frankfurt protestierte sogar, weil
die Scheibe laut Ansicht der Gäste noch hätte gespielt werden können. Dabei sind
die Schiedsrichter angehalten, das Spiel sofort zu unterbrechen, wenn sich der
Puck außerhalb ihrer Sicht befindet. Also auch hier eine völlig logische
Entscheidung: kein Tor, weil Scheibe außer Sicht!
Ich bin mir völlig sicher, dass
die Entscheidungen, würden wir uns nicht in den Play-offs befinden, nicht anders
gelautet hätten. Tatsachenentscheidungen sind eben Tatsachenentscheidungen, ob
ein paar Rechtsanwälte anderer Ansicht sind oder nicht. Wo kämen wir da hin,
wenn jeder Pfiff, mag er für manches Team noch so schmerzlich sein, zu
Auftritten vor irgendeinem Gericht herhalten müsste. Rudi Assauer, Ex-Manager
des Fußballvereines FC Schalke 04, der einmal seine Rolle als Gastgeber einer
Jahreshauptversammlung der westdeutschen Journalisten spielte, sagte dort dem
Sinne nach: „Fußball lebt von Fehlentscheidungen.“ Es regte sich keine einzige
Gegenstimme, was ich ganz schön befremdlich fand. Ich war versucht zu sagen:
„Eishockey aber nicht“, unterließ es aber, weil ich mich ohnehin allein auf
weiter Flur befand. Nein, soweit sind wir bei unserer Sportart sicherlich nicht,
dass sie von Fehlentscheidungen lebt.
Was mir in diesen Play-offs
auffällt, ist der (positive) Trend, dass die Schiedsrichter längst nicht mehr
dem Heimverein gewisse Vorrechte einräumen. Wir wissen alle selbst, dass sie
nach eigenem Empfinden pfeifen, vor allen Dingen nach der optischen Wahrnehmung.
Daneben gibt es für die schwarz-weiße Zunft wie für uns alle auch eine
akustische Wahrnehmung. Wenn, sagen wir, rund 10.000 pfeifen, ist es für jeden
Menschen ganz schwer, stark zu bleiben und das Gehörte zu verdrängen. Ich habe
den (guten) Eindruck, dass sie meist ihre Ohren auf Durchzug stellen und sich
auf das, was sie sehen, verlassen. Und das nötigt meinen Respekt ab.
Und noch eines: Der kleine, feine
Unterschied zwischen einem erfolggewohnten Cheftrainer und einem Newcomer im
Halbfinal- bzw. vielleicht sogar „Finalgeschäft“ wurde in diesen Tagen wieder
deutlich. Während der mit allen Hunden gehetzte DEG-Coach Lance Nethery bei
einer Pressekonferenz sinngemäß
sagte, dass er alle Strafen, die gegen sein Team im Spiel ausgesprochen wurden,
korrekt gewesen seien, zetert sein Kölner Kollege Doug Mason in verschiedenen
Tageszeitungen der Domstadt über die Schiedsrichter. Dabei sind die
Schwarz-Weißen doch auch nur Menschen und machen sich bestimmt ihre Gedanken,
besonders bei kniffligen Situationen.
Hoffen wir, dass unser Eishockey
weiterhin ohne Fehlentscheidungen leben kann!
Werner Nieleck