Wie ich es sehe... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Neulich fiel mir vor Schreck
beinahe die Kaffeetasse aus der Hand. Da sagte doch tatsächlich ein gestandener
DEL-Crack (ich verschweige sowohl den Namen des Spielers als auch jenen des
Radiosenders) sinngemäß während eines Interviews, dass er und seine
Teamgefährten jetzt wissen, worauf es ankommt. Jetzt, kurz vor den Play-offs
(für die sich der in Rede stehende Spieler mit seinem Verein übrigens
qualifiziert hat) und nach rund 50 Punktspielen wusste er zumindest, worauf es
ankommt. Das ist entweder Blödheit oder Arroganz. Ich war so perplex, dass ich
mich nicht einmal mehr erinnern kann, ob der Moderator ein paar spitzfindige
Fragen zu diesem Zitat nachlegte.
Ich möchte nicht wissen, wie
viele Fans diesen bemerkenswerten Ausspruch mitbekommen haben und wie viele
Kaffeetassen tatsächlich den Boden aufgesucht haben, weil deren Halter die
Muskeln versagten. Die Interessenten, die Woche für Woche (bei dem lächerlichen
Spielplan war der Ausdruck „Woche für Woche“ ein bisschen deplatziert) ihren
Eintrittspreis entrichten, sie haben zu wissen, auf was es kommt: Sie müssen
nämlich, falls sie keine Dauerkarte besitzen, vor den Kassen ihr meist sauer
verdientes Geld abdrücken, um in den „Genuss“ des Zuschauens zu kommen. Sie sind
wenigstens motiviert genug gewesen, zu jedem Match die Stadiontore oder andere
„Checkpoints“ zu passieren. Bei einigen Akteuren scheint das nicht der Fall zu
sein. Sie haben ihre Verträge, und damit ist es vorerst genug, bis derjenige
Akteur (oder soll man nicht lieber sagen „Passeur“) sich wieder motiviert genug
fühlt, um für das neue Papier oder deren Verlängerung zu kämpfen.
Motivation muss doch in
ausreichendem Maße vorhanden sein, wenn er den Kontoauszug mit den hohen
Beträgen überprüft. Dieser sagt ihm jedesmal, dass er wesentlich mehr „verdient“
als ein normaler Arbeitnehmer, der im übrigen so motiviert an seinen Job
herangehen muss, dass ihm keine Probleme an seinem Arbeitsplatz bereitet werden
und er möglicherweise sogar fliegt.
Am letzten Wochenende habe ich
die beiden Tabellenletzten der Liga gesehen, die ja bekanntermaßen nicht
absteigen können. Was die zahnlosen Tiger aus Niederbayern und die
(arbeits)scheuen Füchse aus dem Ruhrgebiet geboten haben, war weiß Gott
erwähnenswert. Ich möchte keinem der Aktiven zu nahe treten, und es waren
beileibe nicht alle Cracks im Tigerfell und Fuchspelz, die Dienst nach
Vorschrift machten. Aber die Spielweise dieser beiden Teams fiel halt auf. Die
Füchse hatten keine Chance mehr, die in Duisburg zur Tradition gewordene Rote
Laterne abzugeben, und Straubing war der Aufenthalt im Westen (man gastierte am
Freitag zuvor ausgerechnet in Duisburg) wohl ein bisschen zu fad geworden. Ich
redete in diesem Zusammenhang über das Thema „Motivation“ mit einem
Nordamerikaner, für den dieses Wort ohnehin nicht existiert. Er wollte
offensichtlich gar nicht verstehen, was ich meinte. „Ob man Letzter ist oder
nicht, man muss doch kämpfen. Eishockey bedeutet ´harter Kampf´“, schloss er
seine Ausführungen.
Es ist nur schade, dass es leider
nicht ganz wenige Akteure gibt, die sich nicht einmal in den drei mal 20 Minuten
zusammenreißen können.
Bei diesem Radiointerview, und
nicht nur dort, fiel mir noch etwas auf: Es wird immer von Medienpartnern eines
Vereins geredet. Aber wenn man Partner ist, fällt es doch schwer, kritisch über
den anderen zu reden bzw. zu berichten. Ist das denn überhaupt noch mit einer
ausgewogenen Beurteilung in Einklang zu bringen? Ich will hier um Gottes Willen
keinem Kollegen auf die Krawatte treten, aber wie geht das vonstatten? Müssen
die Medienpartner anstatt negativer Kritik die Faust in der Tasche machen und
sich quasi selbst den Mund verbieten? Ich kann mir gut vorstellen, dass hier
auch eine gewisse Art von Zensur vorherrscht. Will sich der Fan geschönte
Beiträge zu Gemüte führen oder eine neutrale Berichterstattung konsumieren? Das
dürfte die Kernfrage sein.
Werner Nieleck