Wie ich es sehe... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Die DEL hat nachgelegt, was ich
gut finde: Die Play-offs werden bei uns im Vier-Mann-System geleitet. Zwei
Spieltage vorher wird das System installiert, damit sich die Beteiligten daran
gewöhnen. „Chef“ Holger Gerstberger: „Wir wollen ein Stück der Brisanz aus den
Play-offs nehmen.“ Die Entscheidung war schon lange fällig. Denn unsere Sportart
ist in den letzten 30 Jahren erheblich schneller, athletischer und auch
komplizierter (beispielsweise „Schwalbe“ oder nicht) geworden. Und bei haarigen
und schwer überschaubaren Situationen bemerke ich viel zu oft, dass der Mann mit
den Streifen einen oder beide seiner Kollegen ohne Streifen fragt und diese den
oder die Köpfe schütteln.
Da fragt sich der Mann mit den
roten Streifen oft genug: „Wo muss ich stehen oder mich befinden? Hinter dem
Geschehen, damit ich die Nickligkeiten mitbekomme, die fernab vom Puck
passieren? Dann könnte ich zu weit weg sein. Direkt beim Spiel, damit ich genau
das Spiel mit der Scheibe verfolgen kann? Dann wird sich vielleicht hinter
meinem Rücken ´gefetzt´.“ Wir hatten einmal einen Unparteiischen in der DEL, der
Bucala hieß und aus Herrischried kam. Er war meist schneller als der Puck, wie
viele seiner Kollegen dessen Laufvermögen einstuften. Stets blitzschnell an der
Scheibe, sah er oft genug die „Nebenkriegsschauplätze“ nicht.
Nein, der vierte Mann, besser,
der zweite Unparteiische, ist überfällig gewesen. Ich gebe zu, dass es beim
letzten Deutschland-Cup in Hannover noch recht holprig zuging, als sich vier
Schwarz-Weiße zum ersten Mal nach langer Zeit (vor rund zehn Jahren ist dieses
System über das Versuchsstadium nicht hinausgekommen) wieder dem Publikum
präsentierten. Aber es war ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn die
Beauftragten sich schwer taten, mir die verschiedenen Aufgaben zu erklären.
Einer der Beiden (ich verschweige mit Absicht die Namen der Betreffenden)
erzählte etwas von anderen Laufwegen, der Zweite redete vom genauen Gegenteil.
Man sieht: Erklärungsbedarf schien (oder scheint noch) vorhanden zu sein. Zum
besseren Verständnis: Es ist keineswegs so, dass, wie beim Handball, einer für
die verteidigende Mannschaft und der andere für die angreifende zuständig
ist.
Eingeführt wurde das
Drei-Mann-System in der Bundesliga-Saison 1976/77. So leitete zum Beispiel der
Bad Tölzer Ex-Torwart (Goalie sagte man damals noch nicht) Willi „Witschi“
Edelmann am 17. September 1976 das Match der Kölner Haie gegen den SC
Riessersee, welches die Rheinländer mit 5:1 gewannen. Diese Zahlen verdanke ich
Hans-Hubert Keßler, dem wandelnden Eishockey-Lexikon. Ich hätte gar nicht
gewusst, wo ich dieses historische Datum hätte nachschlagen können. Zwei Tage
später traten die Domstädter in Düsseldorf an, und da pfiff „natürlich“…
richtig: Schiedsrichter-Legende Josef Kompalla.
Schön zu sehen, dass diesmal die
Verantwortlichen in Europa bzw. Deutschland schneller auf die in der NHL
eingeführten Veränderungen reagierten als in der Vergangenheit. Immerhin gab es
dort einen Hauptschiedsrichter seit der Spielzeit 1941/42. Wie bekannt, zog die
Bundesliga erst genau 25 Jahre später nach. Acht Jahre zuvor wurde in der
härtesten Liga der Welt die erste Änderung praktiziert. Da wechselten die
NHL-Verantwortlichen vom Grundsatz „ein Schiedsrichter, ein Linienrichter“ zum
bekannten Zwei-Mann-System, wie es bei uns weiterhin unterklassig und ab der
Altersklasse Jugend gepfiffen wird.
Was momentan vielleicht ein
Problem darstellt, ist die mangelnde Anzahl qualifizierte Kräfte. Doch andere
Länder, sogar Eishockey-Nationen schlechthin, scheinen noch größere Defizite zu
haben. Ein Unparteiischer aus der Slowakei hatte freitags vor einigen Wochen in
Krefeld Probleme, Torschützen und Mithelfer zu unterschieden. Zwei Tage später
in Düsseldorf dauerte es eine Viertelstunde, bis er das Match nach einer
Unterbrechung wegen Fouls wieder aufnehmen konnte. Ungefähr zur gleichen Zeit
entschuldigte sich ein finnischer Pfeifenmann in Duisburg gar bei
den Beteiligten, dass er einen ganz miesen Tag gehabt hätte. Die Leistung war
wirklich sehenswert schlecht. Übrigens, solche Schmonzetten hat man aus dem
Ausland noch nicht über unsere Austausch-Schiedsrichter gehört oder gelesen.
Werner Nieleck