Wie ich es sehe.... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Schadenfreude ist die schönste Freude. Seien wir ehrlich, lieber Leser! Wer hat dieses Gefühl noch nicht kennengelernt, dass dem einen oder anderen mal so richtig eins ausgewischt wird, ganz gleich, ob zu Recht oder Unrecht?

In den letzten Tagen sind die rot-gelben Düsseldorfer öfter, als ihnen lieb ist, Zielscheibe dieser nicht ganz fairen Freude. Vor allen Dingen in Köln oder Krefeld wartet der Stadionsprecher ganz lange mit dem Verlesen des Zwischenergebnisses aus oder gegen Düsseldorf, wenn die Nachbarn mal wieder hinten liegen. Und das ist in letzter Zeit recht oft und unvorhergesehen, da die DEG vor der Saison und auch jetzt noch zu den Favoriten auf die Meisterschaft gilt. Ein völlig verdientes 2:5 im Derby aller Derbies gegen Köln, ein katastrophales 1:7 in Straubing und ein nicht vorhersehbares 1:4 gegen Hannover in der nur zu einem guten Drittel(!) gefüllten Heimstätte gaben viel Anlass zu Häme oder Schadenfreude bei der Konkurrenz.

Ich möchte nicht nach den Ursachen des Düsseldorfer Niederganges oder Formschwäche rätseln oder mich verbal ausbreiten, aber vielleicht sollten wir eine Sache nicht vergessen, die gar nichts mit Sport zu tun hat: Manager/Cheftrainer Lance Nethery hat, wie damals schon in Köln, private Probleme. Jettete er damals regelmäßig über den Atlantik, weil sich seine Frau nicht mit einem Leben in Europa anfreunden konnte, so ist es diesmal weitaus ernster. Liz Nethery ist seit Wochen ernsthaft erkrankt. Das Gesicht ihres Mannes ist hohlwangig, mit tiefen Falten, gezeichnet von diesem schlimmen Schicksalsschlag. Wenn in einer Hand so viele Stränge zusammenlaufen und diese Hand begreiflicherweise nicht immer ganz bei der Sache ist, hat das automatisch Auswirkungen auf das Umfeld. Denn Gott sei Dank sind wir alle nur Menschen und können nicht auf Knopfdruck wie Maschinen arbeiten, auch nicht ein abgebrühter Bursche wie Lance Nethery, den ich seit der Saison 1982/83 kenne.

Damals spielte er in Duisburg und fehlte in einer entscheidenden Phase der Saison wegen einer Sperre, die er als Folge einer Matchstrafe absitzen musste. Die Folge: Duisburg stieg ohne das stetige Mitwirken seines Topscorers nicht auf und musste weitere 22 Jahre warten, während Iserlohn in Deutschlands höchster Liga verblieb. Damals gab es noch einen gleitenden Auf- und Abstieg, was wegen der parallelen Ausländerregelungen in den Ligen auch praktikabel war.

Lance Nethery wechselte nach seinem ersten Jahr in Duisburg in die Schweiz und machte  dort seinen Trainerschein, kam in der ersten DEL-Saison nach Mannheim und begann dort seine Erfolgsstory, die ihn über Köln und Frankfurt nach Düsseldorf führte.

Wer erinnert sich nicht an die Auseinandersetzungen mit dem damaligen Haie- und Nationaltorwart Joseph „Peppi“ Heiß, als Manager Lance Nethery eine Antipathie-Welle aus den Medien und von den Rängen entgegenschwappte? Der Grund war die in Rede stehende Vertragsverlängerung mit dem Goalie, der Nethery ablehnend gegenüberstand. Mittlerweile hat der gebürtige Garmisch-Partenkirchener, zu seiner aktiven Zeit ein Sympathieträger, ein wenig an seinem Denkmal herumgebastelt, und das nicht gerade zu seinem Vorteil.

Doch ob man Lance Nethery, in welcher Funktion auch immer, ablehnt oder nicht. Eines sollte stets vornan stehen, wenn wir uns über unsere Sportart unterhalten: Eishockey ist längst nicht alles. Viele Dinge sind viel wichtiger. Mein schlimmstes Erlebnis hatte ich in Oberhausen beim Spiel der Revier Löwen gegen die Preussen. Ich sehe jetzt noch das weinende Gesicht des damaligen Berliner Cheftrainers, Pit Ustorf, vor mir, als beim Auswärtsmatch der Hauptstädter in Oberhausens Arena der Berliner Spieler Stéphane Morin im Sterben lag. „Mein Gott, was ist Eishockey unwichtig!“ sagte einer der Anwesenden. Ich weiß nicht mehr, wer es war. Und deswegen wünsche ich Frau Nethery möglichst baldige Genesung, ob das Team ihres Mannes gewinnt oder verliert.

Übrigens: Die DEG hat gestern Abend 5:4 nach Verlängerung gegen Augsburg gewonnen, aber das ist nach Lage der Dinge wirklich nur zweitrangig.

Werner Nieleck


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