Wie ich es sehe.... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
„Da haben es die meisten Nationalspieler nicht mehr soweit“, konstatierte trocken Hans-Joachim Leyenberg, wohl der profilitierteste Kollege aus unserem überschaubaren Kreis, letzten Sonntag in Hannover. Gemeint war natürlich die Diskussion über einen eventuellen Umzug des Deutschland Cup nach Berlin. Die Hauptstadt wäre nach Stuttgart, Frankfurt, München und Hannover der vierte Standort dieses Turniers.
Wir erinnern uns: Zur ersten Auflage waren mit der CSSR und Polen als Wiederaufsteiger in die A-Gruppe lediglich eine Weltmacht und ein Außenseiter (wohl, damit wir nicht Letzter werden) eingeladen. Unser Team, von Xaver Unsinn gecoacht, hatte folgendes Aussehen: Tor: Hoppe, Friesen; Verteidigung: Kießling, Kreis, Schuster, Medicus, Fischer, Reil, Niederberger, Kretschmer, Hanft; Sturm: Kammerer, Obresa, Brittig, Wolf, Draisaitl, B. Truntschka, Holzmann, Roedger, Hegen, Steiger, Schiller, Franz, G. Truntschka und Ahne. Gegen die Tschechen und Slowaken (ein gewisser Otto Hascak machte mit, sein Sohn Marek trug vor ein paar Tagen in Hannover den Dress der Slowaken) gab es in der mit 7.500 Besuchern ausverkauften Hanns-Martin-Schleyer-Halle ein knappes 2:3. Gegen die Männer mit dem weißen Adler setzten sich Kießling & Co. souverän mit 5:1 durch. Das „eishockey magazin“ vermerkte unter „Splitter“: „Nagelneue Schreibmaschinen und perfekt funktionierende Telefone standen den schreibenden Kollegen zur Verfügung.
“ Zunächst wurde das Teilnehmerfeld stets mit Hochkarätern wie Schweden, Finnland, der UdSSR, Tschechien, der Slowakei sowie Kanada als Dauergast bestückt. Gegen diese starke Konkurrenz setzten sich zweimal die Adlerträger durch. Doch Stuttgart (einmal wurde nach Frankfurt ausgewichen), wo ohnehin nie erstklassiges Eishockey gespielt wurde, zeigte kein Interesse an der Weiterführung. So kam es, dass in Füssen und München vor zehn Jahren der Tiefpunkt in der Geschichte des Deutschland Cup erreicht war. In Hannover unternahm der DEB drei Jahre später mit Hans Zach als Bundestrainer einen neuen Anlauf. Deutschland war gerade wieder in die A-Gruppe aufgestiegen. Unsere Sportart war in aller Munde, zumal die WM im eigenen Land die Fans mobilisierte. Zwar waren die Gegner nicht mehr durch die Bank hochkarätig, aber das Interesse konnte sich sehen lassen.
Nach der „Auszeit“ unserer Truppe unter Bundestrainer Greg Poss hatte sich der neue Bandenchef Uwe Krupp neue, ehrgeizige Ziele gesetzt. Doch inzwischen hatte Hannover 2005 mit einem Turnier ausgedient, da konnten auch die beiden letzten Jahre kaum noch etwas retten.
Sportlich gerettet hat der neue Chefcoach sehr viel. Er hat dem Team Selbstvertrauen eingeimpft, was nur selten in den letzten Jahren zu beobachten war. Das Spiel gegen die Slowaken, die weiß Gott nicht verlieren wollten, hat gezeigt, was die Truppe zu leisten im Stande ist. Was mich besonders beeindruckte: Da wurden ein paar Youngster ins kalte Wasser geworfen und machten Frei- und Fahrtenschwimmer zugleich. Ich glaube, dies sagen zu dürfen, denn mit Ausnahme zweier Turniere habe ich alle verfolgt. Das vollmundige Wort von Uwe Krupp mit dem Schritt zur Weltspitze ist bei aller Nüchternheit nicht abwegig.
Falls es tatsächlich mit Berlin klappt, wäre ein wichtiger Schritt Richtung Außendarstellung getan. Denn ein „Riesenmonster“ wie die O2 World in Berlin mit einem Fassungsvermögen von 14.200 würde einen anderen Rahmen bieten als alle bisherigen Schauplätze. Es wäre sicherlich eine gewaltige Aufgabe für die Organisatoren. Ich erinnere mich nur an die Kölnarena, wie zu e i n e m Spiel gegen den attraktiven Gegner USA am letzten Mittwoch trotz kräftigen und langen Rührens der Werbetrommel „nur“ rund 12.000 Zuschauer kamen.
Über den momentanen Stellenwert unserer Sportart sollten wir lieber nicht reden. Das würde nur bei einigen Personen zu Anzeichen von Schwermut führen. Offensichtlich liegt es nicht nur am Zuschauerschwund, sondern am Eishockey insgesamt, dass es in vielen Medien nur am Rande erscheint. Die Zeitung mit den vier Buchstaben, die von keinem gelesen wird, deren Inhalt aber jeder kennt, brachte in ihrer Sonntagsausgabe ganze drei(!) Zeilen über das Turnier. Würde es mit dem Austragungsort Berlin und der Zuschauerakzeptanz (vielleicht lässt die Anschutz-Gruppe ihre Verbindungen spielen und mobilisiert ein NHL-Team als Dekoration) klappen, hätten wir auch in dieser Richtung einen Schritt zur Weltspitze getan.
Werner Nieleck