Wie ich es sehe.... Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Wenn morgen die beiden ersten
Monate der Saison passé sind, wird Topfavorit Adler Mannheim nach wie vor auf
einem deprimierenden zehnten Rang stehen. Wie ist das nur möglich bei einer
Mannschaft, die souverän in der Vorsaison den Titel gewann, nachdem sie auch
die Punktrunde dominierte? Mit mit neun Punkten Vorsprung auf Verfolger
Düsseldorf schlossen die Kurpfälzer die Runde ab.
Parallelen zur Saison
2005/2006, als die Quadratestädter als Zehnter die Play-offs verpassten,
verbieten sich von selbst. Denn damals verpflichteten Manager Marcus Kuhl und
seine Getreuen 15(!) neue Akteure, deren Chemie untereinander nur in den
seltensten Fällen stimmte. Heuer waren es mit Torwart Adam Hauser, der seine
Sache sehr gut macht, und Stürmer Michael Hackert, dessen Leistung (noch) nicht
den Erwartungen entspricht, ganze zwei „Auswärtige“, die das Adlergefieder
anlegten. Dazu stieß vor einigen Wochen der bisher enttäuschende Verteidiger
Dan McGillis zu jener Truppe, die als einzig herausragenden Crack Angreifer
Nathan Robinson vor der Saison Richtung Berlin ziehen ließ. Mit Pelletier,
Retzer, Sachar Blank, Schietzold und Carciola verließen dazu lediglich
Ergänzungsspieler den Adlerhorst.
Marcus Kuhl kennt die Liga
wie kein Zweiter und behauptet noch als einziger aus der „Gründerzeit“ seinen
alten Job. Damals zitterte er regelrecht um die Erhaltung der Lizenz vor
Gründung der DEL. Denn die Mannheimer mussten aus finanziellen Gründen kleine
Brötchen backen und konnten sich „nur“ als Trainer Lance Nethery, der in der
Schweiz keinen guten Ruf besaß, leisten. Als Manager ähnlich smart wie als
aktiver Spieler, sieht er drei Phasen, die sein Team in dieser Saison bisher
durchmachte. In der ersten Phase, so der gebürtige Mannheimer, der während
seiner aktiven Zeit zwischen Köln und Mannheim pendelte, dachte jeder, dass es
wie in der Vorsaison so weitergehe. Motto: „Wenn ich das Tor nicht treffe,
trifft es eben mein Nachbar. Ist ja egal, wer es ist. Wir werden schon
gewinnen.“ Die zweite Phase war geprägt von Verletzungen der Leistungsträger
Francois Méthot, Jason Jaspers und René Corbet. „Da klappte auch nicht das
Powerplay. Wir bekamen fast mehr Tore als wir schossen“, erklärt der ehemalige
Nationalstürmer. In Phase drei stotterte der Motor nach wie vor, das Selbstvertrauen
sank auf den Nullpunkt. „Wir hoffen, uns einigermaßen in die Pause zu retten.
Dann wollen wir die Lage in Ruhe analysieren und versuchen, alles zu
verbessern“, so Kuhl weiter.
Ohne hämisch als
Nicht-Mannheimer zu sein: Es ist nach wie vor das Schöne am Sport, dass der
Erfolg nicht vorher ausgerechnet werden kann. Da mögen die Computer noch so
akribisch mit Daten gefüttert werden, entschieden wird immer noch nach Toren
und Punkten und nicht nach irgendwelchen Namen oder statistischen Daten, die
letztlich nur auf dem Papier stehen. Trotz aller (logisch vorgebrachten)
Erklärungen von Kuhl, der die deutschen Fans vor allen Dingen bei der WM 1978
in Prag begeisterte: Die Mannschaft der Adler ist mit sogenannten Starspielern
nur so gespickt. Mich und bestimmt nicht nur mich wundert es jedenfalls, dass
kaum einer der hochbezahlten Cracks in die Bresche sprang, wenn schon einmal
ein, zwei oder gar drei Akteure verletzungsbedingt nicht mitmachen können.
Satte acht Millionen Euro weist der Etat der auf dornenlosen Rosen gebetteten
Badenser aus. Zum Vergleich: Augsburg, Straubing, Iserlohn, Krefeld und
Duisburg müssen mit weniger als die Hälfte auskommen. Dabei haben die
Iserlohner vier Punkte mehr und die Augsburger nur vier Punkte weniger auf
ihrem Konto als die Mannheimer. Beide Teams haben übrigens drei Spiele weniger
als Mannheim absolviert. Kuhl gibt sich kämpferisch: „Wir rennen jetzt nicht
mit gesenkten Köpfen herum und suchen die Schuld bei anderen. Wir werden um
unsere Chance kämpfen.“
Ich glaube auch, dass es den
Adlern, die seit heute Motivationstrainer Chris Hamilton in ihren Reihen haben,
letztendlich gelingt, in die Play-offs einzuziehen. Und was dann wird, steht
ohnehin in den Sternen. In den 13 DEL-Play-offs haben es bisher nur viermal die
Punktbesten geschafft, auch die Deutsche Meisterschaft zu gewinnen. Einmal
waren es die Eisbären Berlin. Und dreimal gelang das Kunststück neben den
Berlinern ausgerechnet dreimal… den Mannheimern.
Werner Nieleck