Wie ich es sehe - Die Hockeyweb-Kolumne von Werner Nieleck
Der Rückgang der Zuschauerzahlen nach dem ersten Dutzend
Spieltagen der unendlich langen Punktrunde verursacht beim
Lesen regelrechte Schwindelgefühle. Die gähnende Leere in unseren zum Teil
wunderschönen Multifunktionshallen ist mit einem Wort alarmierend. Verglichen
mit den Zahlen der Vorsaison, führen die „Hitliste“ die Hamburg Freezers mit
einem Minus von fast 3.000 Besuchern pro Spiel an. Dieses Minus muss man
sich einmal plastisch vorstellen: Duisburg und Wolfsburg planen ohnehin nur mit
2.500 Fans im Durchschnitt. Bei Augsburg und Ingolstadt sind es 3.400 bzw.
3.700. Doch „sehen lassen“ können sich auch die negativen Vorzeichen des
deutschen Meistes Adler Mannheim (ca. 2.300), der Hannover Scorpions (ca.
1.700) sowie der DEG Metro Stars (rund 1.600, wobei erst gerade ´mal die zweite
Saison im neuen ISS Dome absolviert wird). Auch Zuschauerprimus Kölner Haie
muss einen Besucherrückgang von fast 1.200 konstatieren. „Nur“ noch ca. 11.500
Zuschauer passierten in dieser Saison bisher im Durchschnitt die diversen
Eingangstore der Kölnarena, und das, obgleich gerade die Domstädter immer
wieder mit Sonderangeboten locken. Ein sattes Minus fuhren bisher auch die
Füchse Duisburg (950), der ERC Ingolstadt (800), die Nürnberg Ice Tigers (720)
und die Frankfurt Lions (rd. 450) ein. Da erscheint das Plus der Iserlohn
Roosters von 829 nur wie der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Die anderen
Vereine liegen im Soll bzw. marginal darüber.
Dabei ist gar nichts Weltbewegendes passiert, was eventuell
das hochverehrte Publikum abschrecken könnte, diverse Stadien, die immer
moderner und bequemer werden, aufzusuchen. DEG-Manager Lance Nethery ist in
seinen Äußerungen ganz vorsichtig, wenn er auf Lösungen aus diesem Dilemma
angesprochen wird. Der Kanadier, der die Liga seit Beginn kennt, möchte nicht
vorpreschen, wie es Kölns Geschäftsführer Thomas Eichin vor einigen Wochen mit
der Forderung nach Reduzierung vormachte. „Da gibt es viele Gründe. Es hat
sicherlich etwas mit fehlendem Geld, zu vielen Spielen, dem fehlenden Auf- und
Abstieg sowie anderen Faktoren zu tun. Aber wir müssen das im internen Kreis
besprechen und dann erst an die Öffentlichkeit gehen.“ Hannovers Chefcoach Hans
Zach ist da nicht so pingelig: „Wir brauchen zwei Zwölferligen mit Auf- und
Abstieg“, ließ er in einer Kölner Tageszeitung verlauten. Sogar Bernd Schäfer
III, der ehemalige Multifunktionär, meldete sich aus der Domstadt und vertrat
die Meinung, dass die DEL eine „traurige Gleichgültigkeit“ erlangt hat und nur
noch als „Verwaltungsliga“ besteht. Soweit ist es sicherlich (noch) nicht mit
der höchsten deutschen.Spielklasse. Es kann so aber einfach nicht weitergehen.
Die Verantwortlichen müssen umgehend reagieren und Entscheidungen nicht erst in
zwei, drei Jahren fällen.
Irgendwie erinnert mich das alles an die frühen neunziger
Jahre. Da schrillten auch die Alarmglocken aus vielen Chefetagen der
Bundesligisten. Mit der Einführung der DEL und der Aufblähung der höchsten
Spielklasse von zwölf auf 18 Vereine wurde etwas Neues geschaffen. Wie wäre es,
wenn schon im nächsten Jahr, quasi als Übergang, eine 16-er Liga mit vier
Staffeln geschaffen wird? Ein Denkmodell wäre folgende Einteilung: Nord:
Hamburg, Wolfsburg, Hannover, Berlin; NRW: Iserlohn, Krefeld, Köln, Düsseldorf;
Mitte: Kassel, Frankfurt, Mannheim, Nürnberg; Süd: Ingolstadt, Augsburg,
Salzburg, Straubing. Innerhalb der Gruppen würde man viermal gegeneinander
antreten. Die anderen Gegner würden nur zweimal die Schläger kreuzen. Das wären
insgesamt 42 Spiele. Die Play-offs könnten dann aufgestockt werden.
Endgültig sollten dann zwei Zwölferligen (DEL I und DEL II)
mit Auf- und Abstieg eingeführt werden.
Und noch eines… Die vorgesehene und beschlossene Reduzierung
der Kontingentstellen auf zehn pro Spiel, wobei insgesamt maximal zwölf Akteure
pro Saison und Verein lizensiert werden dürfen, lässt die Schere zwischen Arm
und Reich noch weiter aufgehen. Schade, dass die Verantwortlichen, in diesem
Falle der Sportausschuss, so wenig Solidarität mit der (armen) Konkurrenz
bewiesen hat.
Werner Nieleck