Wie ich es sehe - Die Hockeyweb Kolumne von Werner Nieleck
Na, lieber Leser? Geht es Ihnen genauso wir mir? Hat Sie
auch das erste Wochenende umgehauen, was Überraschungen und sogar Sensationen
anbelangte?
Womit soll man anfangen, womit aufhören? Das 9:10 der
Iserlohn Roosters gegen die fränkischen Fabeltiere (oder haben Sie schon mal
einen Eistiger gesehen?) aus Nürnberg bedeutete sogar Torrekord in Deutschlands
Vorzeigeliga. Der mit großen Vorschusslorbeeren bedachte Rooster-Keeper Norm
Maracle hatte bereits nach dem 0:3 die Faxen satt und nahm auf der Bank Platz.
„So etwas habe ich noch nicht gesehen“, war Hauptschiedsrichter Daniel
Piechaczek noch Stunden nach dem Match völlig hin und weg. Sein engagierter
Linesman Robert Schelewski mit einem breiten Grinsen im Hinblick auf die Länge
des Matches wegen der ständigen Unterbrechnungen: „Schade nur, dass wir keine
Überstunden bezahlt bekommen.“ Es war ohnehin ein Tigerwochenende, denn die
„richtigen“ Raubkatzen aus dem niederbayerischen Straubing machten es ihren
Fabel-Artgenossen nach und ergatterten das Punkte-Optimum aus den beiden ersten
Spielen, wobei beide Male die Iserlohner die Gegner waren. Die „Kampfhähne“
werden wohl in nächster Zeit auf Misthaufen oder sonstwohin flüchten und nur
ganz leise krähen, wenn das Wort „Tiger“ fällt.
Was halten Sie von der (noch nicht aussagefähigen) Tabelle?
Da zieren die Adler Mannheim doch tatsächlich das Ende der aktuellen Hitliste.
Am nächsten Freitag kommt es daher zum Kellerduell Hamburg gegen Mannheim,
einfach unglaublich! Wie sagte noch vorige Woche DEG-Manager Lance Nethery, der
von Tabellen in der Anfangsphase überhaupt nichts hält? „Hoffentlich sind wir
am Freitagabend nicht Letzter, denn gegen Mannheim kann man schließlich
verlieren.“ Neuling Wolfsburg zeigte seinen Januskopf. In Krefeld wagten sich
die Niedersachsen vor lauter Ehrfurcht vor der neuen Umgebung kaum über die
eigene „Blaue“; zwei Tage später jedoch wachten die Grizzlys endlich aus ihrem
Sommerschlaf auf, zeigten die Zähne und bissen sich gegen die Haie von 0:3 auf
4:3.
Das Schönste: einige Partien hatten bereits ein erstaunlich
hohes Niveau. Jedermann schwärmte von der Partie der Düsseldorfer gegen
Mannheim. Großes Lob gab es auch für die Kölner, die beim Auftaktmatch gegen Hamburg
Eishockeykunst vom feinsten zelebrierten. Auf der anderen Seite enttäuschten
die Ingolstädter, die in Duisburg recht pomadig auftraten. Gegen Außenseiter
wie Augsburg und Duisburg nur zwei Punkte, das ist recht wenig. Dass Hamburg
wiederum in den Seilen hängt, ist schon bedenklich. Ob die Anschutz-Leute nach
wie vor zum nichtspielenden Personal einschließlich Manager Borko Capla auch in
Zukunft stehen? Immerhin hieß der herausragende Spieler des Wochenendes Ahren
Spylo, der in der Vorsaison noch den Freezer-Dress trug. Unter dem Strich: Das
erste Wochenende hat Lust auf mehr gemacht, keine Frage!
Bei all den positiven Begleiterscheinungen fällt daher nur
am Rande ins Gewicht, dass der DEL-Live-Ticker seinem Namen nicht gerecht wurde
(Interessenten drangen kaum durch, und die Aktualisierungen ließen zu wünschen
übrig), der DEB nicht in der Lage ist, die Spielpläne der Junioren-,
Jugend- und Schüler-Bundesliga (Gruppe Nord) auf seine Internetseite zu
bringen, obgleich seit mehr als zwei Wochen schon gespielt wird, der Stadionsprecher in Duisburg weiterhin die Namen der
Gäste ins Mikrofon murmelt und ein Verstehen, besonders auf der Pressetribüne,
nach wie vor unmöglich macht. Dringende Appelle Richtung Pressesprecher werden
stets freundlich aufgenommen, bezwecken aber augenscheinlich das Gegenteil.
Und noch eines: Mein langjähriger Freund Viktor Knoll,
der a l l e Weltmeisterschaften seit 1977 erlebte (wer kann das
schon von sich behaupten?) und auch bei einigen Olympischen Winterspielen
präsent war, ist in diesem Sommer gestorben. Nicht wenige Fans und Freunde
werden ihm ein Andenken bewahren.