Wie ich es sehe - Die Hockeyweb Kolumne von Werner Nieleck
Sie, liebe Fans und Leser,
kennen das: Da wird eine Pressekonferenz ins Stadion übertragen und Sie treten
wieder einmal frustriert (vielleicht hat Ihr Team auch noch verloren, das ist
dann doppelt schlimm) den Heimweg an. Nehmen wir einmal ein nicht nur für den
Fan furchtbares Match, welches vor Langweile geradezu zum Schlafen verführte
und in welchem Torszenen Mangelware blieben: Der Trainer gratuliert seinem
Kollegen zum Sieg, bescheinigt seiner Truppe, dass sie in einem guten Spiel
leider glücklos gekämpft habe, wird dann noch ein paar „nette“ Bemerkungen
Richtung Schiedsrichter los und übergibt anschließend seinem Kontrahenten (den
er in der Regel gut kennt, weil die DEL schon seit einigen Jahren zum
Saisonbeginn wenige neue Bandenchefs hat) das Mikrofon. Dieser bedankt sich für
die Gratulation, spricht seinen Jungens ein Kompliment aus, vergisst nicht, dem
Gegner Respekt zu zollen, wünscht seinem Gegenüber alles Gute für die Zukunft
und verabschiedet sich. Auf die Frage des Moderators nach Wortmeldungen herrscht
meist eisiges Schweigen. Das bringt Sie manchmal auf die Palme, weil Sie in den
meisten Fällen meinen Kollegen Desinteresse unterstellen.
Das ist nicht ganz richtig,
denn was sollen wir fragen, ohne dass es in diesem Falle bei der verehrten Konkurrenz
auch nachzulesen ist? Sie müssten sich diese Pressekonferenz als ein Spiel in
drei Dritteln (da sind wir wieder beim Thema) vorstellen. Erstes Drittel: siehe
oben, (Gratulation, Respekt, „tough game“, Kompliment); zweites Drittel: die
Medienvertreter bewegen sich nach der offiziellen Pressekonferenz Richtung
„ihres“ Trainers und gehen mehr ins Detail; Schlussdrittel: man schnappt sich
Trainer, Manager, Co-Trainer oder einen anderen wichtigen Menschen und hat ihn
ganz für sich allein. Dann gibt es manchmal noch eine „Verlängerung“ (für
Leute, die den Ausdruck nicht verstehen: ich meine die Overtime). Da geben die
Zuständigen schon einmal Geheimnisse preis, die sich nicht gern wiederlesen
möchten, sondern nur zum besseren Verständnis des soeben Gesagten dienen. Die
allermeisten Kollegen halten sich auch an die Bitte und behandelt die Aussagen
vertraulich. Und genau deswegen gehen Sie, ohne wichtige Informationen über das
Mikrofon erhalten zu haben, nach Hause. Aus vorgenannten Gründen bitte ich Sie,
auch im Namen der meisten meiner Kollegen, um Ihr Verständnis.
Scorpions-Trainer Hans Zach
ist ein Musterbeispiel für den Ablauf der Pressekonferenz, die eigentlich
„Traineranalyse“ heißen sollte, denn eine Konferenz ist die Veranstaltung
sicherlich nicht. So gut wie stets bescheinigt der Isarwinkler auch im Falle
einer Niederlage seiner Mannschaft, dass sie mit hocherhobenem Haupt die
Eisfläche verlassen könne, weil sie um jeden Zentimeter gekämpft habe. In der
Kabine wird die Beurteilung sicherlich deftiger ausfallen, aber nach außen hin
stellt sich der Isarwinkler in der Regel vor seine Truppe. Das grenzt natürlich
an Veralberung des Publikums, stärkt aber das Zusammengehörigkeitsgefühl
innerhalb des Teams. Viele Kollegen sind schon allein deswegen auf den
ehemaligen Bundestrainer nicht besonders gut zu sprechen.
Da fällt mir eine nette, aber
eigentlich zum Nachdenken anregende Geschichte ein: Ein Fast-Neuling in der
Branche (ich verschweige seinen Namen, weil er mittlerweile eine höhere
Stellung bekleidet und ich ihn nicht bloßstellen möchte) brüstete sich einmal
damit, dass der damalige Bundestrainer George Kingston eine, seinem Empfinden
nach, zusätzliche Pressekonferenz „nur mit ausgesuchten Leuten“ abgehalten
hatte und diesen dann die entsprechenden Informationen vermittelte. „Du, der
Kingston hat die PK (Pressekonferenz/Anm.d.Red.) nur für mich und ein paar
andere gemacht“, erzählte er stolz meiner Frau Peggy, die als Fotografin auch
schon eine Reihe von Dienstjahren auf dem Buckel hat. „Nee, das ist völlig
normal bei einer Pressekonferenz“, beschied sie ihn grinsend, wohl wissend,
dass der damalige Kollege von Tuten und Blasen keine Ahnung hatte und dies
noch, wenn auch ohne jede Sachkenntnis „getrübt“, kundtat.
Werner Nieleck